@*******erl
Vielen Dank für deine offene und reflektierte Einblick in das Dilemma unterschiedlicher Vorstellungen von Erwartungshaltungen während des Miteinanders und dem Verlauf deiner Erregungskurve (in Ermangelung eines besseren Begriffs). Auch danke ich dir, dass du das Thema so ernst und wahrhaftig nimmst, wie ich es meinte. (das geht an alle, die das konnten)
Was den Reiz des Spiels ausmacht, dass zwei Individuen, gefangen in der einzigen Perspektive die ihre körperliche Existenz ihnen gewährt, sich einander Lust und gute Gefühle bescheren wollen, stellt auch den scheinbar unüberwindliche Graben dar, der zwischen dem Wunsch und dessen Erfüllung liegt.
Wir haben uns aus dem gleichen Zellhaufen entwickelt, unsere Körper sind bloß Variationen des gleichen Bauplans. Was mein Schaft wurde, ist nun deine Vagina, meine Eichel deine Klitoris. Unser Nervensystem, nur leicht unterschiedlich verzweigt, ist zum Großteil fast gleich.
Die Idee, ich wüsste wie mein Gegenüber fühlt, lässt uns überhaupt erst wagen den Versuch zu unternehmen gezielt einen gewissen Effekt beim anderen zu erzeugen. Näherungswerte und Übertragungen von unserem eigenen Empfinden auf den anderen Körper müssen zwangsläufig irgendwann von der Realität des Gegenüber abweichen.
Durch gesellschaftliche Bilder in der Erziehung und der generellen Tabuisierung, überhaupt offen über unsere Sexualität zu reden, entfernen sich unsere Vorstellungen von einander immer mehr. Was sie unter "genommen werden" versteht kann sich bei ihm zum Bild des "Kontrollieren müssen" verzerren, wenn wir nicht miteinander reden. Was er unter selbstloses "Lust geben" versteht, kann bei ihr als stressiges "Lust einfordern" ankommen.
Natürlich ist mein Ziel, meine Hoffnung, so angenehm und erregend auf den anderen zu wirken, wie ich es gerne selbst erleben würde. Nicht zwangsläufig im Orgasmus endend, aber wie man es von der eigenen Selbstbefriedigung her kennt, ist es schon irgendwie der Höhepunkt der Erregungskurve. Wenn ich sie am Arm streichel, mache ich das mit der Hoffnung, dass es für sie so schön ist wie es für mich ist am Arm gestreichelt zu werden.
Lust zu geben ist natürlich nicht rein altruistisch. Mein Effekt auf sie lässt mich selbst besser fühlen. Ihre Lust ist mein mich sexy fühlen, ihre Erregung ist mein Erregend sein. Ich fühle mich gut wenn ich mich als sexy und erregend wahrnehme.
Auch bei mir ist das Tempo entscheidend für meinen Weg zum Orgasmus. Wenn sie zum Beispiel beim stimulieren mit der Hand auf meine steigende Erregung mit immer schnelleren Bewegungen reagiert, kann es auch umschlagen in ein zu viel. Gerade was die Stimulation an der frei gelegten Eichel angeht, gibt es eine Höhe, die so unaushaltbar ist, dass das Kitzeln eher einem Schmerz gleich kommt. Das kann durchaus meinen Orgasmus verhindern.
Den Wunsch, die aufkommende Erregung zu verstärken, kann ich nachvollziehen, aber es zeitigt den gleichen Effekt wie wenn er sie, sobald er ihre Erregungssteigerung wahrnimmt, um eben noch "mehr" zu geben, schneller und härter zustößt.
Die Stellung, dass sie auf ihm Reitet, gibt ihr natürlich die Möglichkeit das Tempo zu bestimmen. Aus dem gleichen Grund kann ich in der Stellung nicht so schön kommen. Mein Tempo ist mitunter anders. Auch vermisse ich den eigenen Hüftschwung, mein aktives Zustoßen aktiviert ja auch meine Gesäßmuskeln. Mein gesamtes Becken ist dann aktiv.
Irgendwo auf der mentalen Ebene ist auch das Thema Geben und Empfangen beteiligt. Wenn ich Stoße, genieße ich auch den Gedanken meines aktiven (es ihr) Gebens und ihres willkommenden Empfangens. Dass sie mich einlässt, mich empfangen will, ist ein stark triggernder Gedanke. Dass sie mich will, lässt mich auf eine sexy Art über mich hinauswachsen. Hätte ich den Eindruck, sie würde mich bloß erdulden, ist alle Lust bei mir sofort verflogen.
Das bringt mich zu guter Letzt noch auf das Thema Kopfkino. Was bei mir in der Selbstbefriedigung zwangsläufig bloß von meiner Fantasie gefüttert wird, schöpft beim echten Sex rein aus dem Moment und meinem Focus auf Einzelheiten. Wie eine Live Übertragung mit Zoom. Ihre Lust, die sich im mir entgegen recken oder aufstöhnen beim Eindringen oder streicheln äußert, ist genauso für meinen Orgasmus verantwortlich wie meine körperliche Stimulation.
Man ist das wieder lang geworden. Sorry.