Manche tun hier so, als wäre der Zweck, mit dem etwas getan wird, total unwichtig für die Bedeutung eines Wortes. Das ist, soweit ich mich an die Kurse in Sprachwissenschaft erinnere, die ich im Studium besuchen durfte, aber eben nicht unwichtig.
Bei dem Wort "Gewalt" denke ich, ist der Zweck der jeweiligen Handlung der, dem Empfänger Schaden zuzufügen. Man hat eben keinen positiven Zweck im Sinn.
Mal ein Beispiel, wie Zweck und Umstände einen Unterschied machen können:
"Dem kleinen Kind ein warmes Mützchen aufsetzen.", da denkt man direkt an Fürsorge, derjenige will dem Kind was gutes tun, es ist liebevoll und behütend.
Erwähnt man aber, dass es 30 Grad sind und es überhaupt keinen Grund dafür gibt, dem Kind eine Wollmütze aufzusetzen, außer, dass die Person das jetzt eben will, egal ob es gut für das Kind ist, dann hat die selbe Handlung plötzlich ganz andere Färbung. Plötzlich passen die Begriffe Fürsorge, liebevoll und behütend überhaupt nicht mehr. Obwohl die Handlung gleich bleibt.
Ja, beim BDSM werden Dinge getan, die mit einem anderen Kontext auf jeden Fall als Gewalt bezeichnet werden müssen. Aber genau wie eine Wollmütze bei 30 Grad aufsetzen keine Fürsorge mehr ist, so sind die Handlungen im BDSM eben keine Gewalt, einfach weil der Kontext, der Sinn und Zweck, die Absichten und Gefühle der Beteiligten ganz andere sind, als wenn man Gewalt ausübt.
Wobei: ich möchte schon sagen, dass es immer fließend ist. Wieder zum Mützenbeispiel: ab wann ist es keine Fürsorge mehr? Wenn es 5 Grad hat? 10 Grad? 20? Es ist ein fließender Übergang, wo es wirklich jedes Mal auf die einzelne Situation ankommt.
Das ist mit BDSM und Gewalt nicht anders. Es gibt im BDSM auch Spielarten, wo tatsächlich Gewalt vorkommt. Wo es ums Kleinmachen geht, ums Zwingen, um in dem Moment ungewollte Schmerzen und so weiter. Da ist dann auch ein fließender Übergang, bei dem man nur für sich selbst entscheiden kann, was man auf welcher Seite sieht.
Ich persönlich mag ein bisschen Gewalt in meinem BDSM. Ich mag gezwungen werden, ich mag, klein gemacht werden, wenn es die Person tut, der ich zutraue, mich dabei und danach noch als gleichwertigen Menschen zu sehen. Das ist Gewalt, aber es ist keine ungewollte und ungezügelte Gewalt. Konsens ist eben das Entscheidende, was "BDSM-Gewalt" von der Art von Gewalt trennt, die ich anzeigen würde.