Ich bezweifle, dass die meisten hier einem Menschen, der zwar irgendwie lieb, aber auch sehr penetrant anhänglich, fordernd und zugleich sehr empfindlich in Bezug auf eigene Belange ist, auf den Kopf zusagen, dass sie der Kontakt auslaugt, langweilt, betrübt. Auch, wenn subtilere Signale ins Leere laufen, denn: nicht erreichbar gibt es nicht mehr, leider. Jedenfalls nicht ohne Konsequenz.
Und es gibt nicht wenige dieser Zeitgenossen, die ein ehrliches „ich hab dafür gerade weder Zeit noch Muße“ geradezu als Aufforderung zum Florett empfinden.
Schutz findet man im Verschwinden.
Vielleicht nicht vorm Traualtar, aber aus dem Terminplaner, den Status-Update anderer. Weil man da eigentlich von vornherein viel zu schnell hineinbedacht wurde?
Klar, ein „Du nervst/langweilst mich.“ wäre angebracht. Aber ist das so-sein des anderen Grund für eine barsche Abweisung? Sind wir wirklich immer so ehrlich?
Ich hatte als ganz junge Frau mal eine Affäre mit einer Frau, in deren Bett ich eigentlich deshalb gelandet bin, weil ich frisch getrennt, recht krank geworden bin.
Klingt irre, war es auch.
Die hat mich in einer Situation aufgepflückt, in der ich mir kaum helfen konnte und mich mit fast mütterlicher Fürsorge in ihr Nest verfrachtet. Da bin ich dann aufgewacht und hab mich für Nähe mit Sex bedankt. Es war mir ein Bedürfnis.
Gepasst haben wir zueinander in keiner Weise.
War beiden klar. Für Sex hat es aber damals gereicht. Casual.
Ich habe versucht, das freundlich zu erklären. Dass ich gerade voll am Arsch bin. (Da fanden mich bisher die meisten Frauen unfassbar unwiderstehlich, verrückt.) Dass es nur das Jetzt geben kann. Das wurde fürsorglich belächelt.
Irgendwann hatte ich einfach keine Zeit mehr dafür, so schlimm sich das auch liest. Mein Leben sollte konstruktiv weiter gehen. Ich fühlte mich von Kleister überzogen. Kann mich noch erinnern, wie ich zum letzten Mal, fast erleichtert, ihre Wohnung verließ. Weil mir klar war, dass ich nicht zurück muss, nur, weil sie es will. Ich hatte dann einfach keine Zeit mehr und irgendwann hörten die Nachfragen zum Glück auch auf.
Ich denke, sie würde das heute zurecht als Ghosting beschreiben. Ich bin nicht stolz drauf. Aber hatte keine andere Ausdrucksform, weil ich sie nicht noch mehr verletzen und mir die Kraft sparen wollte, um mich im Rückspiegel endlos zu erklären.