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Vor allem, dass man die Pille absetzen kann, wenn gravierende Nebenwirkungen auftreten. Das ist bei der Vasektomie einfach nicht der Fall, nach dem Schnitt ist es zu spät.
Die akutellen Angaben bei der Refertilisierung nach Vasektomie schwanken zwischen 60 und 90%. Letzteres wäre ja mehr als nach langjähriger hormoneller Verhütung.
Nach Absetzen der Pille sind ausserdem die Nebenwirkungen weg, aber nicht die Risiken: Sie bleiben ähnlich wie nach dem Rauchen dauerhaft erhöht. Dass es andere individuelle Gründe FÜR die Pille gibt, bleibt davon ja unberührt.
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Das Problem liegt nicht bei 2%, 4% oder 5%. Das Problem ist, dass diese Risiken von den Verkäufern der Prozedur kleingeredet werden. Auf den Internetseiten der Urologen und in entsprechenden Artikeln wird das Risiko in der Regel gar nicht erwähnt, oder als "sehr seltene Fälle" bezeichnet. Das deckt sich nicht mit der Wirklichkeit, egal ob es 1 von 20 oder 1 von 50 Männern trifft.
Das Problem liegt meiner Meinung nach darin, dass es eben nichts belastbares gibt, was genau dieses Risiko fundiert untersucht, wie ich es vorher schon einmal zu skizzieren versuchte.
So gibt es auch gänzlich andere Argumentationlinien: Die Anzahl der Männer, die den Eingriff bereut, wird wiederholt irgenwo bei 2-5% angegeben. Die Anzahl derer, die eine Refertilisierung anstreben, in anderen Quellen ebenso. Daraus kann man argumentieren, dass es nur Einzelfälle sind, die wegen medizinischer Probleme bereuen; das deckt sich wiederum mit praktisch allen Einleitungen in Lehrbüchern, die ich im Zuge unserer Diskussion gesehen habe.
Es gab hier im Joy vor etlichen Wochen mal einen Forumsbeitrag, in dem ein Betroffener nach Austausch suchte. Es hat sich aber niemand sonst gemeldet, obwohl auch bei 2% die Anzahl der Betroffenen hier dreistellig sein müsste. (wie viele auch immer davon sich im Forum herumtreiben.) Ob es eine Facebook-Gruppe dazu gibt, kann ich nicht sagen; das wäre noch mal ein interessantes Indiz. Auch bei 2% müsste es in Deutschland eine fünfstellige Anzahl von Betroffenen geben; da würde ich ausserhalb von Facebook online-Aktivitäten wie ein Betroffenenforum oder Selbsthilfegruppen erwarten, die mir aber nicht begegnet sind.
Möglicherweise (!) ist das Problem also tatsächlich weit kleiner als 2% und besagte Studien haben einfach asymmetrisch rektutiert, weil Betroffene natürlich viel häufiger kommunizieren als nicht betroffene.
Und wäre ich Urologe, der seinen Job ernst nimmt, würde ich auch nicht auf Risiken hinweisen, für die es nichts Belastbares gibt. Erst recht nicht, wenn der Risikovergleich zu Alternativen so ausfällt wie hier.
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Auch bei der Schmerzstärke wäre ich zurückhaltend. Selbst ein Schmerz von Grad 2 oder 3, der permanent auf den Hoden liegt und in den Unterleib zieht, wird psychische Folgen haben, verstärkt durch die Beeinträchtigung der Sexualität. Besonders wenn es kaum eine ärztliche Behandlung oder Aussicht auf Besserung gibt.
Ganz bestimmt. Aber das Syndrom beschreibt ja zunächst mal "nur" chronische Schmerzen, nicht automatisch auch "dauerhaft". Da wäre eine Differenzierung auch nach Situationen sicher sinnvoll.
„ Die kausalen Mechanismen, die hierfür verantwortlich sein könnten, sind aber durchaus im Labor untersucht und erlauben zumindest eine begründete Hypothese: Kawahara, Teramoto et al.: Impact of Vasectomy on the Development and Progression of Prostate
Cancer: Preclinical Evidence: Cancers 2020, 12 (8 ), 2295)
Habe ich jetzt nicht gelesen und würde ich auch möglicherweise nicht verstehen, weil ich von Zellbiologie nix verstehe. Aber es wurde im Labor ja auch eine mögliche erhöhung von Brustkrebsrisiko durch Aluminiumsalze postuliert oder die krebsbekämpfende Wirkung von Vitamin C in Überdosierung.
Deswegen ist ja der Zusammenhang mit statistischer Evidenz so wichtig: es braucht beides. Eines von beiden, egal was, zählt nicht.
Tut mir leid, aber das alles von dir wäre ein klassisches Beispiel von 'Whataboutism'.