@******tte
Meine Posts verstehen sich immer im Zusammenhang zueinander. Ich schrieb
„des Verhaltens der Leute, weshalb wir sie bevorzugt vor dem Sex kennenlernen wollen. Das Mindset, das Verhalten, ist das Hauptkriterium, wie riskant jemand überhaupt ist. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit sein kann, dass jemand sich was einfangen konnte.
Klar, dass man das nicht bei der spontanen Aktion im Club feststellen kann.
Bleiben wir bei dem Beispiel, der seit Jahren in den Medien immer wieder neu ausgegrabener Tatsache (!) der steigenden Syphiliszahlen. Prozentual wirklich signifikant.
Aber was schreibt das RKI dazu:
"Die Syphilis-Inzidenz ist in großstädtischen Ballungszentren deutlich höher als in ländlicheren Regionen, wo Syphilis-Infektionen aber trotzdem durchaus vorkommen. Der weit überwiegende Anteil von Infektionen wird bei Männern diagnostiziert (>90%)."
Über 90 Prozent der Syphilis-Infektionen betreffen Männer!
"Der überwiegende Anteil von Infektionen bei Männern wird von Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), erworben. Bei Frauen erfolgen Infektionen ganz überwiegend auf heterosexuellem Weg."
Dazu müssen die Frauen mit einem infizierten Mann Sex gehabt haben.
"Geschlechtsverkehr mit einem infizierten Partner führt in etwa 30% der sexuellen Kontakte zu einer Infektion."
Hätten die Frauen in der Breite mit den infizierten Männern Sex, hätten mehr Frauen Syphilis. Logo, es geht ja auch um MSM. Aber schwule Männer sind kein Risiko für Frauen.
Quelle dafür:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Syphilis.html
In dem Epidemiologischen Bulletin 7/2024 vom 15.2.2024 des RKI finden sich folgende Aussagen zu Syphilis:
• Es wurden 2022 bundesweit 8.305 Fälle gemeldet. Ein neuer Höchststand.
• Die meisten Fälle in den Großstädten, auf 100.000 Einwohner runtergerechnet haben die Bezirke Berlin Friedrichshain-Kreuzberg und Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf eine Inzidenz, die ca 20 mal so hoch ist wie in Brandenburg.
• nur 5,6 % der Fälle betreffen Frauen (= 465 Frauen), 94,4 % entfallen auf Männer
• von denen, wo man wahrscheinlich weiß, wo man sich das eingefangen hat, entfallen 85,6 % auf MSM
• 46,2 % alle Fälle von MSM sind Reinfektionen, bei heterosexuellen Männern 8,8 %, bei Frauen 7,0 %
• Die absoluten Zahlen von Frauen und heterosexuellen Männern liegen deutlich im dreistelligen Bereich, die von MSM bei deutlich über 6.000
"Wie auch in den Vorjahren wurden Syphilis-Infektionen in Deutschland vorwiegend bei MSM diagnostiziert. Auch die Veränderungen der Fallzahlen zwischen den Jahren 2020 und 2022 waren fast
ausschließlich bei MSM zu verzeichnen. Hieraus ergab sich auch eine sehr viel niedrigere Inzidenz
bei Frauen als bei Männern. Infektionen von Frauen sowie von Männern, die auf heterosexuellem Weg
übertragen wurden, veränderten sich in absoluten Zahlen nur leicht; das Infektionsgeschehen blieb im
Hinblick auf heterosexuelle Übertragungen damit insgesamt stabil.
[...]
Mit etwa 50 % wiesen MSM seit einigen Jahren konstant einen hohen Anteil von Reinfektionen auf.
Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Personen, die sich durch eine höhere Anzahl von Sexualkontakten wie -partnern auszeichnen und sich in sexuellen Netzwerken bewegen, in denen auch eine höhere Syphilis-Prävalenz gegeben ist. Hierdurch wird auch eine wiederholte Syphilis-Infektion wahrscheinlicher.
MSM weisen auch einen höheren Anteil von Koinfektionen mit anderen STI auf, insbesondere von
Chlamydien und Gonokokken. Dieser Anteil stieg bei MSM ohne HIV-Diagnose über die letzten Jahre
hinweg deutlich an. Auch hier ist davon auszugehen, dass es zu einem Mischeffekt aus einer tatsächlich ansteigenden Inzidenz, z.B. aufgrund eines PrEP-bedingten Kondomverzichts, als auch dem
häufigeren Screening auf diese STI im Rahmen der PrEP-Versorgung und einer damit einhergehenden
häufigeren Diagnose von bis dahin undetektierten asymptomatischen STI kommt."
Quelle:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/07_24.pdf?__blob=publicationFile
Wie viele der 465 Frauen (inkl. Sexarbeiterinnen), die in einem Jahr die Diagnose erhalten haben, werden zeitgleich davon - vor ihrer Diagnose - mit dir in einem Club gewesen sein? Und mit wie vielen von ihnen wirst du sexuelle Handlungen aufnehmen wollen (ohne davon zu wissen, natürlich)?
Wenn es bei Hetero-Männern vielleicht 600 sein mögen, von denen sich auch etliche bei Sexarbeiterinnen infiziert haben, wie wird das für sie gelten?
Da kommt doch statistisch bzw. mathematisch keine einzige Person bei raus.
ICH halte es für falsch, diese Kenntnisse in Bezug auf die Risikosituation zu ignorieren. Selbstverständlich ist der typische Clubbesucher noch riskanter als ein bisher braver Ehemann mit seinem ersten Affärenversuch, aber die in den Medien-Schlagzeilen erwähnten Zahlen kommen durch die hohen Fallzahlen bei MSM zustande. Und dort wird nicht differenziert, sodass man der breiten Bevölkerung einen ungerechtfertigt hohen Durchseuchungsgrad unterstellt.
Wer sich nicht sicher fühlt, wird aus Angst meine Argumente vom Tisch wischen. Und tatsächlich kann man immer an die eine Frau geraten, die es eben gibt und die einem eine Infektion weitergeben könnte.
Ich behaupte - bewusst polemisch und provizierend - , dass die Fahrt zum Date oder zum Club auch nicht risikoloser ist. Wir haben in 2023 mit über 366.000 Verunglückten, davon über 52.000 Schwer(!)verletzten weitaus mehr zu beklagen als durch alle STI-Fälle zusammen. Und dennoch bleibt keiner zu Hause.
Disclaimer: Dies ist ausdrücklich kein versteckter Aufruf zum schutzlosen penetrativen Sex. Hier im Thread geht es um Oralsex.