„„Wie cool wäre es, wenn Leute, die feste Beziehungen eingehen, vorher schon ein bisschen über sich selbst bescheid wüssten und nicht erst währenddessen anfangen, über ihre eigentlichen Vorlieben nachzudenken.
Wie schön wäre es, wenn man so reif wäre zu erkennen, dass Menschen sich verändern, indem sie einfach leben, neue Erfahrungen machen, neue Erkenntnisse sammeln und reifen und wachsen.
Du bist wahrscheinlich mit allen Ansichten, Wünschen und Bedürfnissen noch der selbe Mensch, der du mit 20 warst
Darum geht es doch nicht.
Es ging
@****ody, genauso wie mir, um etwas grundsätzliches:
Kommunikation, die nur adäquat stattfinden kann, wenn man sich seiner Bedürfnisse und seiner Grenzen bewusst ist.
Natürlich können die sich ändern.
Niemand hat etwas gegenteiliges behauptet. Dann spricht man aber genau das wieder aus, man kommuniziert abermals.
Es ist für mich jedoch ein riesen Unterschied, ob ich zu Beginn einer Beziehung, damit faktisch in der Kennenlernphase, etwas kommuniziere oder später, bzw. ist das "wie" und der Umgang damit ein anderer. Und natürlich kann man das wiederum nicht pauschaliseren.
Was meine ich?
Wenn ich in der Kennenlernphase nicht weiß, was ich eigentlich will, dann ist das problematisch.
Will ich etwas monogames, etwas offenes, Poly oder Poly-Offen - was übrigens noch einmal etwas anderes ist als Poly, mal so nebenbei?
Im Idealfall kenne ich meine Bedürfnisse, weil ich mich mit ihnen auseinandergesetzt habe. Ich kann diese kommunizieren. Ebenfalls kenne ich idealerweise meine Grenzen und kann diese Kommunizieren. Meine Partnerperson kann sich entsprechend darauf einstellen. Sie weiß was ich möchte.
Natürlich sind Beziehungsdynamiken immer bei jedem Paar und bei jedem Menschen etwas anderes.
Das eine "Poly-Offen" fühlt sich mit Partner A ganz anders an als mit Partner B, weil diese Menschen anders sind, andere Bedürfnisse haben, andere Grenzen und sich ganz anders verhalten.
Aber im Kern sollte man vor allem abstrakte Dinge klären können.
Wollen beide etwas monogames? Dann einigt man sich, in Form einer Absprache, auf eine monogame Beziehung. Will man, dass diese offen ist? Dann spricht man das an und klärt ob das für beide okay ist. Dann ist "offen" auch nicht immer gleich "offen", entsprechend geht man in Details. Soll es Informationen geben oder wird es "Dont ask, dont tell"? Ist es bedingungslos offen bis hin zum Wunsch darüber gar nicht zu kommunizieren? Das hatte ich einmal. Meine Exfrau wollte nicht wissen was ich im Zuge unserer ethisch nicht-monogamen Ehe mit meiner zweiten Partnerin tue. Es reichte ihr zu wissen, dass wir miteinander ficken. Und es sollte nicht Zuhause stattfinden, wenn sie irgendwo in der Nähe ist. Unser Ehebett war ebenfalls tabu. Ansonsten haben die beiden sich sogar verstanden und wir hatten gemeinsame Filmabende.
Was also geht sollte zunächst abstrakt geklärt werden und aus dem Abstrakten ergeben sich weitere Details. Da ist es okay, wenn nicht alle Details sofort am Anfang geklärt werden können, weshalb man offen für weitere Detailabsprachen sein sollte. Aber der grobe Rahmen in Form von "Mono / Poly / offen / etc." sollte absolut angesprochen werden können.
Ansonsten geht man nämlich mit einem Menschen in eine monogame Beziehung, suggeriert diesem Menschen, dass es das ist was man möchte nur um ihn vor vollendete Tatsachen zu stellen indem man kurz nach Beginn der Beziehung Offenheit einfordert. An der Stelle wird das emotionale Band schon viel enger sein. Ich würde dann fragen, warum man das nicht von vornherein kommunizieren konnte. Mir fällt es wesentlich schwerer eine Beziehung wieder zu beenden, wenn ich mich emotional wirklich darauf eingelassen habe.
Wenn mir von Anfang an gesagt werden würde, dass man nur strikt monogam leben wolle würde ich im Kennenlernprozess, wo alles noch recht "locker fluffig" sein kann, mitteilen, dass mich das dauerhaft unglücklich machen könnte und würde und ich mindestens Offenheit als sinnvoll erachte, wenn nicht gar Poly. Sagt meine Partnerin aber, dass etwas offenes für sie okay wäre nur um dann nach ein, zwei Monaten Monogamie einzufordern fällt es mir wesentlich schwererer meine Grenze zu halten und auf meine Bedürfnisse zu achten, gerade wenn die Emotionen schon tiefer entwickelt sind. Bei ihr dann (hoffentlich) auch, weshalb die nachträglichen Klärungsgespräche ein richtiger "Pain in the ass" sind und direkt schmerzen können.
Was aber nun, wenn sich Dinge einfach verändern?
Ich bin skeptisch, wenn mir jemand nach kurzer Zeit schon mitteilt, dass sich seine oder ihre Bedürfnisse um 180° drehten. Das kann vorkommen, wirkt auf mich dann aber schnell inkonsistent und kratzt am Vertrauen, denn zum Vertrauen gehört für mich, dass ich irgendeinem Umstand, einem Beziehungsgefühl auch "vertrauen" kann. Sagt man mir am 01.03., nachdem man sich im Februar kennenlernte, dass man etwas monogames möchte nur um am 01.04. zu sagen "Hase, das hat sich verändert, ich willl jetzt was offenes", was dann am 01.05. in den Wunsch nach Poly übergeht, dann ist meine Anpassungsfähigkeit, sofern ich mich darauf einlasse, irgendwann ausgereizt.
Am Ende kommt es für mich aber auf den Kontext an und wie man mir das sagt.
In der Kennenlernphase hat man kein Band zueinander, bzw. entwickelt sich das erst. Da kann man schnell feststellen, dass Bedürfnisse nicht zueinander passen und, um Schmerz zu vermeiden, gleich wieder von einer gemeinsamen Beziehung abrücken, sofern sich unüberwindbar unterschiedliche Vorstellungen offenbaren.
Wenn sich im Laufe einer Beziehung etwas verändert, und das tut es idR. immer, außer man ist ein komplett statischer Mensch, dann ist da ein Bonding und Vertrauen, weshalb man dann vertrauensvoll, empathisch und mit dem Wunsch auf Kompromisse miteinander kommunizieren können sollte und nicht wie beim ersten Kennenlernen.