Als Gründerin der Gruppe "24/7 BSDM als Lebensstil" muss ich hier doch auch mal etwas beitragen.
Als erstes möchte ich jedoch mal ein Lob an alle hier Beteiligten aussprechen: Dass es bei so einem heiklen Thema einmal eine sachliche, ruhige Diskussion gibt, finde ich super.
Wie einige von euch, die hier bereits mitdiskutiert haben, wissen, bin ich eine von denen, die BDSM "leben" und nicht "spielen". Ich habe diese beiden Wörter jetzt mal bewusst in Anführungszeichen gesetzt, denn wie man ja hier gesehen hat, gibt es etliche Definitionen dieser beiden Wörter. Ich will mal versuchen, zu erklären, was für mich "es spielen" und was "es leben" bedeutet.
Ein Spiel: Wer im Alltag auf Augenhöhe ist, Entscheidungen gemeinsam und demokratisch trifft, sich um die Fernbedienung streitet
und ab und zu, oder auch immer, beim Sex BDSM-Elemente einfließen lässt oder auch Sessions ohne Sex hat (und alle Varianten, die es da noch so gibt) und danach wieder auf Augenhöhe zurückkehrt, der spielt. Es ist eine Bereicherung des Sexlebens, macht glücklich und befriedigt und ist ein mehr oder weniger wichtiger Teil des Lebens, auf dem man nicht verzichten möchte.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass auch ich dieses spielen in keinster Weise abwertend meine. Es sollte selbstverständlich sein, dass jeder seine, wie auch immer geartete Neigung so ausleben sollte, wie es ihn und seine/n Partner glücklich macht. Und dabei ist es völlig egal ob es Blümchensex, Swingen, SM, D/s, 24/7 oder sonst etwas ist, was denjenigen glücklich macht. Wenn es allen Beteiligten gefällt, (und nicht illegal ist, versteht sich), dann ist es genau richtig so. Punkt.
Zurück zum Spiel: Auch wir benutzen das Wort "Spiel". Eigentlich wäre "Session" angebrachter, denn bei uns ist ein Spiel, eine (Flag)-Session, eine Bondagesession oder ähnliches, was sexuelle Bedürfnisse befriedigt. Hierbei können sexuelle Handlungen miteinbezogen werden, müssen aber nicht. Diese Art von "Spiel" dient der Lust aller Beteiligten, es ist einem sexuellen Akt gleichzusetzen. Genau wie bei der Lust auf Sex gibt es dieses Kribbeln im Bauch, das Verlangen nach diesem besonderen Gefühl, man möchte gern "spielen".
Das was wir als "es leben" bezeichnen, bezieht sich eher auf die D/s-Ebene. Wie einige schon vorher geschrieben haben, ist der Kern der Sache, dass unser Machtgefälle immer da ist, auch im Alltag. Für uns ist das normal, weil wir diese Neigung haben. Es ist normal, dass mein Herr unsere Entscheidungen trifft, mich in die Küche schickt, um ihm Kaffee zu holen etc. Ich fühle mich unwohl, wenn er selber aufsteht, da werde ich sogar manchmal ein bisschen grummelig à la "Das kann ich doch machen!!!"
Mich macht es glücklich, ihn glücklich zu machen. Ich fühle mich wohler, wenn ich zu seinen Füßen sitzen darf, als wenn ich neben ihm sitze. Es gibt oft Situation, wo ich mir wünsche, dass das in der Öffentlichkeit auch ginge. Z.B. nach dem Essen in einem Restaurant. Wie oft würde ich mich dann gerne auf dem Boden neben seinen Stuhl setzen und mich an sein Bein kuscheln, während er meinen Kopf streichelt.
seufz Weil ich mich dort, ihm unterordnet, unglaublich wohl fühle. Leider geht das nicht. Zurück zu unserem Alltag: Natürlich ist es so, dass er mich genau kennt, und so meine Entscheidungen in meinem Interesse treffen kann. Sonst würde das nicht funktionieren. Und ich weiß, dass er im Zweifelsfall eher so entscheidet, dass ich und nicht er das bekomme, was ich möchte. Aber die Erklärung unseres 24/7 soll ja hier nicht Thema sein.
Ich kenne von Vielen, die ihrem Parter zuliebe einmal für eine Weile versucht haben 24/7 zu leben, die Aussage, die auch Birgit hier gemacht hat:
Es ist verdammt anstrengend und macht einen sehr einsam.
Das ist für diejenigen deshalb so, weil es nicht ihrer Neigung entspricht. Es ist so, als würde man versuchen, ein anderes Leben zu Leben, man verstellt sich, spielt eine Rolle und das kann keinen der Beiteiligten auf Dauer glücklich machen.
Bei uns ist es anders. Diese Art zu leben (wir nennen es auch oft "Retro-Lifestyle", weil es doch viel vom Leben eines Ehepaars aus den 50ern hat) ist für uns genau das Gegenteil von anstrengend und einsam. Es ist leicht und völlig natürlich, wunderschön für uns, weil wir keine Rolle spielen, sondern einfach so sind, wie wir sind. Würden wir versuchen, einen Alltag auf Augenhöhe zu leben, dann würde für uns genau das eintreffen, was für Birgit bei dem Versuch, 24/7 zu leben, eingetroffen ist: Wir fänden es furchtbar anstrengend und wären nach einer Weile vermutlich sehr unglücklich. Weil es nicht unserer Neigung entspricht.
Nochmal zum Spiel: Zu einem Spiel gehören immer Rollen. Ich spiele diese, Du spielst die andere. Das kann sehr schön sein. So etwas spielen wir auch, z.B. mit Rape-Szenarien. Ein Spiel, welches uns beiden gefällt, absolut nichts mit unserem Alltag zu tun hat und uns für die Zeit, die es abläuft, beide sehr befriedigt. Danach sind wir froh, wieder in unseren normalen 24/7-Alltag zurückzukehren.
Ich hoffe, ich habe das Ganze einigermaßen verständlich dargestellt. Es ist schwierig, das alles mit wenigen Worten zu beschreiben. Für Fragen bin ich, wie immer, offen.
LG,
Ninchen