Was bringt uns die Liebe?
Ich rede hier konkret von einer ausgeprägten, sinnesraubende romantischen Liebe zum Partner. Nicht über die platonische Liebe, oder die familiäre Liebe, oder andere Arten der Liebe.Ich tue ich mich sehr schwer damit, Liebe und Beziehung miteinander zu vereinbaren. Sie sind für mich fast schon gegensätzliche Dinge, die miteinander in Konkurrenz stehen.
Eine ausgeprägte, romantische Liebe ist ein Gefühl, dass uns nahezu bedingungslose dazu treibt uns nach einer anderen Person zu sehnen, um jeden Preis bei ihr zu sein. Sich der Liebe hinzugeben fühlt sich für mich an wie eine Kapitulation. Das Aufgeben meiner Rationalität, meiner Identität, für diesen Menschen. Dieser Kontrollverlust ist ein unglaublich verwundbarer und beängstigender Zustand, dem Geliebten ausgeliefert zu sein.
Eine Beziehung hingegen ist nicht bedingungslos, sie ist eine Vereinbarung. Sie hat Regeln und Grenzen die das gemeinsame Leben ermöglichen. Diese sind durch offene Kommunikation und Abstimmung mit dem Partner vereinbart und müssen von jedem Partner eingehalten werden. Diese Vereinbarung sind nicht ohne Grund, denn jeder Partner hat auch seine eigene Identität, eigene Bedürfnisse, Sorgen und Ängste die im Rahmen des gemeinsamen Lebens geachtet werden müssen, da sonst ein glückliches Zusammenleben nicht möglich ist.
Eine ausgeprägte Liebe zum Partner gleicht schon fast einem Identitätsverlust. Man tut Dinge für den Geliebten, welche die eigenen Lebensumstände und Bedürfnisse übergehen. Man handelt irrational. Man geht auf Dinge ein, welche nicht im eigenen Interesse und auch nicht im Interesse der Beziehung sind. Man knickt ein bei Kompromissen, man vereinbart im Affekt Dinge, von denen man weiß, dass man sie nicht einhalten kann oder nicht haben möchte. Es ist ein Hindernis in der Kommunikation. In beide Richtungen gibt es Zweifel: "Möchte ich das wirklich, oder stimme ich dem nur zu weil ich sie liebe?" und im Gegenzug auch der Zweifel "meint er das wirklich oder sagt er das nur weil er mich liebt?" das führt auf langer Sicht zu Verstimmungen, Unzufriedenheiten und Vertrauensverlust.
Ich habe in meinem Leben schon alle drei Ausprägungen erlebt: Liebe ohne Beziehung, Beziehung ohne Liebe, und derletzt auch eine Beziehung mit ausgeprägter Liebe.
In einer Beziehung ist ja idealerweise eine sehr starke, gegenseitige Sympathie gegeben. Die schönen Dinge in einer Beziehung sind auch schön, wenn man eben nur verknallt ist, die voll ausgeprägte Liebe macht diese Dinge nicht besser. Im Gegenteil, wenn starke Gefühle im Spiel sind, kommen neue Dinge ins Spiel, die das Beziehungsleben nicht schöner machen, sondern nur zu Mißverständnissen, Ängsten und Schmerzen führt.
Ich bin mir nicht sicher, macht eine nahezu bedingungslose Liebe das Zusammenleben wirklich besser? Nach meiner Erfahrung nicht, aber das kann auch an mir liegen.
Wie steht ihr denn dazu? Ich würde gerne mehr über die Erfahrungen der Community erfahren.