„Erdrückende Liebe
Seit ein paar Wochen bin ich mit einem Menschen zusammen, der etwa 50 Km von mir entfernt wohnt. Wir sehen uns immer an den Wochenenden, falls das möglich ist.
Wir haben uns schon einige Male getroffen und er hat auch schon bei mir übernachtet.
Sein Partner starb vor über einem Jahr. Das zog ihn sehr runter und er dachte damals auch an Selbstmord. Er ist Rentner. Es scheint ihm noch immer schwer zu fallen den Alltag zu meistern und sich aufzuraffen.
Es fällt mir auf, dass er häufig die gleichen Orte mit mir besuchen möchte, die er mit seinem Partner besuchte. Auch erzählt er mir ständig von ihm. Ich habe kein Problem damit, zumal ich nicht weiss, wie ein Mensch so einen Verlust verkraftet.
Nun zum eigentlichen Thema:
Mit meinem Freund hatte ich vereinbart, dass er mich dieses Wochenende am Freitag Nachmittag besucht, bis Samstag Morgen bleibt und dann wieder zurückfährt. Ursprünglich wollte ich mich dieses Wochenende gar nicht mit ihm treffen, damit ich für den Samstag den Kopf frei habe. Aber dann dachte ich mir, dass er ja ruhig am Freitag vorbeikommen könne und dann halt samstags morgens wieder nach Hause fährt.
Ich bin ein planender Mensch und versuche meine Freizeit so zu verplanen, dass ich möglichst alles unter einen Hut bekomme: Ihn treffen, Veranstaltungen besuchen, Freunde und Bekannte treffen, eigenen Hobbies nachgehen, entspannen. Ich bin es gewohnt alleine zu sein und lebe auch schon sehr lange alleine.
Heute morgen meinte er, dass er gerne erst nach dem Mittagessen fahren würde. Das passte nicht in meine Planungen, da ich nach so einem Treffen erst einmal Zeit für mich brauche und allein sein möchte. Ausserdem musste ich noch ein paar Dinge für den Abend vorbereiten, da ich noch eine Veranstaltung besuchen möchte.
Ich habe ihm erklärt, dass ich in der gleichen Situation ebenfalls morgens losfahren würde, hätte ich bei ihm übernachtet. Anschließend bat ich ihn darum, dass er wie vereinbart vormittags nach Hause fährt.
Er machte sich auf dem Heimweg und rief unterwegs an. Er meinte, dass es ihn verletzt hätte, dass ich ihn nach Hause schickte. Auch würde ihm das Vertrauen fehlen. Ich habe ihm erklärt, dass ich ein treuer Mensch bin, ich nicht an anderen Menschen interessiert bin, er mir vertrauen könne und ich nur das umsetze, was wir am vorigen Tag besprochen hatten. Das scheint für ihn sehr schwierig zu sein.
Er bat mich darum, dass ich ihn anrufe, wenn ich mich auf dem Weg zur Veranstaltung mache und ihn auch anrufe, wenn ich wieder zurück bin.
Spontan stimmte ich zu. Mittlerweile läuten bei mir aber die Alarmglocken und meine Stimmung ist ein wenig säuerlich. So etwas habe ich noch nie erlebt.
Ich frage mich, ob ich beziehungsunfähig bin oder er vielleicht nur auf mich fokussiert ist.
Vielleicht trifft auch beides zu, wer weiss.
Das ist keine Liebe, das ist emotionale Abhängigkeit auf seiner Seite. Das wird dir auf Dauer nicht guttun.