Ich bin aufgrund einer schweren Autoimmunerkrankung und diversen Folgeerkrankungen körperlich mitunter sehr eingeschränkt. An schlechten Tagen brauche ich Hilfe beim Aufstehen, Anziehen und wenn’s richtig mies läuft, kann ich mir nicht mal ein Brötchen schmieren.
An guten Tagen brauche ich vielleicht mal Hilfe beim Schuhe anziehen.
Ich kann zwar grundsätzlich noch laufen, im Haus brauche ich nur selten den Rollstuhl, aber im Supermarkt oder bei längeren Strecken bin ich drauf angewiesen. Ich kann mich dann auch nicht immer selbst bewegen, sondern muss geschoben werden, weil meine Schultern nicht mehr mitmachen.
Es gab auch schon Zwischenfälle, wo ich gestürzt bin (mein rechtes Bein tut nicht immer, was ich ihm sage), mir zusätzlich zum Tageslevel Schmerzen noch richtig fies weh getan habe und das war’s dann mit Kontrolle über die Blasenfunktion.
Das ist nicht so ganz einfach, mich damit noch sexy, toll und obendrein noch dominant zu fühlen.
Ich frage mich dann schon manchmal, wie er das hinkriegt. Aber aus irgendeinem Grund ist das so.
Er findet mich schön, aufregend, sexy.
Dazu muss ich sagen, dass er (mittlerweile erwachsene) Kinder hat (nicht mit mir), er hat keine Ängste im Umgang mit Körperlichkeiten.
Unser Geheimnis ist, glaube ich, dass wir uns im Alltag ziemlich oft anflirten, spielerisch anmachen, das führt längst nicht immer zu mehr, aber es ist sehr sinnlich und lässt das sexuelle Machtgefälle im Hintergrund spürbar bleiben. Und wir sind auch sonst sehr körperlich in unserer Beziehung, wir kuscheln viel, kurze Berührungen genießen wir bewusst. Er hat mir vorhin etwas zu trinken gebracht (heute ist so eher semi gut) und mein Zeigefinger hat seinen Zeigefinger kurz gestreichelt, als er mir das Glas gab.
Es hilft sehr, dass wir uns grundsätzlich gegenseitig nix vormachen. Ich bin eine sog. high functioning Autistin, mein Masking ist exzellent. Aber zuhause mache ich das nicht (mehr). Das kostet viel zu viel Kraft. Das funktioniert nur, wenn er mir gegenüber genau so unmaskiert agiert. Das war anfangs für uns beide nicht so einfach, hat bei mir immer mal wieder zu overload Situationen geführt. Er hat sich all dem mit der für ihn sehr typischen Mischung aus Neugier und Mitfühlen angenähert. Zwischendurch hat’s auch ordentlich geknallt. Unser Fazit daraus ist: je unverstellter wir uns einander begegnen und zeigen können, desto einfacher wird es für uns beide, denn er ist selbst (anders und nicht so eindeutig) im Spektrum, seine Söhne auch. Das ist ihm alles nicht fremd.
Und ich glaube, das verbindet uns sehr:
Wir sind beide nicht so leicht zu rocken. Nähern uns allem, was wir nicht kennen, offen, mit Neugier und Humor und eher leidenschaftslos. Das entspannt vieles.