Und weiter gehts...
Erzählung einer Neunschwänzigen 2
Kaffeeduft und Musik weckten mich. Blues. Ich schätze, ich mag Blues. Er weckt Erinnerungen. Aber woran? HABE ich Erinnerungen? Wer oder was war ich früher? Ein Rind auf satten argentinischen Weiden? Megacool wäre natürlich, ein fettes Krokodil im Amazonas gewesen zu sein. Aber eine Peitsche aus Krokoleder?
Sanft schob ich den Kopf der Gerte von meinem Bauch, schüttelte die Klemmen, die sich an mich geklammert hatten von mir ab und löste die Umarmung der Augenbinde von dreien meiner geflochtenen Enden. Meine Kollegen waren anscheinend daran gewöhnt, den Tag zu verschlafen. Der Rohrstock schnarchte penetrant. Ich hingegen rieb meine Lederstränge aneinander und lurte durch den Schubladenspalt. Sie lief nackt umher, nippte an ihrem Kaffee und wiegte ihre Hüften hin und her. Oh je… das Muster auf ihrem hübschen Po stammt doch nicht wirklich von mir? Doch!
Sie öffnete die Lade, hob mich sanft heraus und lächelte mich an. Ok, alles rosé soweit. Sie war nicht böse auf mich. In der einen Hand die Kaffeetasse, in der Anderen mich, tanzte sie durch die Wohnung. Schöne Wohnung. Viel Farbe. Die depperten Katzen kamen wieder an und haschten nach meinen Schwänzen. Aber das Mädel wusste zu verhindern, dass die Vollhorsts mich zerfleddern konnten. Sie stand vor dem Spiegel. Nackt. Sie betrachtete ihre Kehrseite und streichelte über die Spuren der letzten Nacht. Dieses Lächeln verriet mir, dass sie unser erstes intimes Treffen genossen hatte. Sie ließ meine Lederriemen leicht zwischen ihren Beinen tänzeln. Ich durfte meine verschiedenen Gesangslagen präsentieren, indem sie mich in der Luft knallen ließ. Ziemlich unbeholfen, muss ich sagen.
Sie stand wohl noch nie am ungefährlichen Ende eines Schlaginstruments. Schwitzend und keuchend hob sie den großen Spiegel auf das Sofa und lehnte ihn an die Wand, packte ein Lederkissen der Couch davor und stellte sich breitbeinig hin. Was war das nun wieder? Sie drehte nervös meinen Griff in ihrer schwitzigen Hand, übte einen unglaublich dämlichen „grimmigen“ Blick und sagte doch glatt: „Knie, du Wurm!“ Knie, du Wurm? Ich wollte mich wegschmeissen vor Lachen.
Ihre Augen verengten sich zu „gefährlichen Schlitzen“ – hmmpftttt…es glich eher einer Heuschnupfenattacke! – da liess sie mich niedersausen auf das Kissen. Nicht schlecht. Ihr Wumms hatte es in sich! Aber diese Grimassen verhinderten meine Ernsthaftigkeit an dieser Trockenübung. Das Geräusch meines Aufschlags auf dem Leder liess sie plötzlich aussehen wie ein verschrecktes Häschen. Sie wanderte durch die Wohnung, legte eine andere CD ein und biss in einen Pfirsich. Der Saft tropfte auf ihre Brüste. Das Schrillen des Telefons liess sie zusammenzucken. Fühlte sie sich ertappt? „Hi, Katja. Gut. Dir auch? Heute abend? Nee, ich kann nicht. Ich bin verabredet…äh...Kino…nee, kennst Du nicht. Er ist ganz süß. Ja, bis dann. Ciao.“
Wieder vor dem Spiegel stehend, zischte sie „Leck meine Stiefel, du Knecht!“. Stiefel? Sie war barfuß! Es fiel ihr wohl auch in dem Moment auf, denn sie rannte in den Flur zum Schuhschrank, nahm kniehohe Stilettostiefel heraus und zog sie an. Das Geräusch, das sie auf ihrem Rückweg begleitete, war schon etwas beeindruckend! Klack, klack, klack. Aber die Grimassen, die sie übte, waren mehr als putzig. Sie knurrte! Tatsächlich. Da musste sie selber lachen. Räuspern. Die Zornesfalte zwischen ihren Brauen sollte wohl bedrohlich wirken. „Los, du kleiner Pisser. Leck meine Stiefel!“ Sie streckte ein Bein in Richtung Spiegel und antwortete mit verstellter Stimme, die etwas an Homer Simpson erinnerte: „ Ja, Herrin. Bitte lass mich dein ergebener Diener sein.“ Sie liess mich wieder und wieder auf das Kissen bratzern. Oh je. Wenn dieses Mädel tatsächlich auf einen devoten Arsch losgelassen wird…ich übernehme jedenfalls keine Verantwortung!
Ach Kleines. Was machst du da eigentlich? Wir wissen doch beide, dass du nicht auf Switchen gepolt bist. Was willst du beweisen?
Als hätte sie meine Gedanken gehört, setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden, legte mich neben sich und rauchte eine Zigarette. „Fuck. Ich kann das nicht. Meine Hingabe wäre ein für alle mal ausgelöscht, wenn er sich von mir dominieren liesse. Es wäre sowieso alles nur gespielt. Und zwar schlecht gespielt. Ich bin halt nicht dominant. Ich mag das auch gar nicht sein. Ich bin devot. Sexuell betrachtet. Ich liebe es, ihm ausgeliefert zu sein. Vertrauensvoll erwartend, welche Überraschungen er für mich bereit hält. Durch Wohlweh immer bis kurz vor den Höhepunkt gebracht zu werden. Ihn zu bitten, mich zu nehmen. Diese Lust ist einfach unbeschreiblich.“
Sanft streichelte sie mit meinen Schwänzen über ihren Körper. Eine unglaubliche sexuelle Energie entfaltete sich. Die Türklingel liess sie auffahren.
Sie öffnete ihm, hielt mich ihm wortlos entgegen und kniete nieder. Ich nahm mir vor, lieb zu ihr zu sein. So lieb, wie sie es wollte.