Guten Abend zusammen.
Im Job oder sonst wo bin ich freundlich und gerne höflich, aber meiner Sub, mit der ich (ich betone es an dieser Stelle besser ganz ausdrücklich: 24/7-D/s-Beziehung) mein Leben teile, für die ich mein Leben geben würde, soll ich dieses Mindestmaß an Wertschätzung und Achtung vorenthalten? Sozusagen nach oben buckeln, nach unten treten? Niemals! Was ich einigen Menschen in meinem Leben, z. B. meinen Eltern, an Respekt, Achtung und Wertschätzung entgegenbringe, hätte auch meine Sub verdient. Ich will mich ja emotional an sie binden. Ich will ihr ja zu verstehen geben: Sub, du bist mir wichtig!
BDSM ist das, was zu zweit daraus gemacht wird. Dazu gehört auch - wann und aus welchen Gründen auch immer - als Top und Sub/Sklavin ganz bewusst auf Freundlichkeiten und Höflichkeiten zu verzichten. Das ist völlig in Ordnung. Jeder, wie er mag.
Aber leider trifft die Gabe der Dominanz trotz Führungsstärke, Kreativität, Empathie etc. nicht immer auf Menschen mit einem intelligenten, reifen Geist, Verantwortungsbewusstsein und einem starken, gesunden Selbstwertgefühl. Ein angekratztes Selbstwertgefühl wird nicht selten von Ängsten geplagt, von Verlustängsten. Diese Dominanz würde sich eher die Zunge abbeißen als "Danke", "Bitte" oder "Entschuldigung" zu sagen. Könnte es doch in den Augen einer Devota als Schwäche ausgelegt werden und somit Macht und Stärke schmälern. Das ist Unsinn, denn die zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung gegenüber einer Devota und anderen Menschen ist u. a. Voraussetzung für ein gesundes Selbstwertgefühl. Ein Teufelskreis! Also rein "technisch" betrachtet, muss in meinen Augen ein unterdrücken von Freundlichkeit und Höflichkeit vonseiten der Dominanz nicht immer ganz unproblematisch sein.
Der gekonnte Umgang mit dem Imperativ hat schon was für sich und sollte gerne zur Anwendung kommen. Aber meiner schon im Bett liegenden Sub mit einem liebevollen "Bitte" aus der Küche ein Glas Wasser mitzubringen oder für die unglückliche, weil viel zu heftig ausgefallene, Ohrfeige samt Tränen kullern und blaues Auge ein aufrichtiges "Entschuldigung" zum Ausdruck zu bringen oder ihr auch nur flüsternd zu gestehen "Danke, dass es dich gibt", hat noch viel, viel mehr für sich, finde ich. Da bricht mir garantiert kein Zacken aus meinem dominanten Krönchen!
Ich bin der Meinung, es spielt überhaupt keine Rolle, ob ich meiner Sub auf Augenhöhe begegne oder ob sie gerade "irgendwo da unten" zu tun hat. Je besser beide Persönlichkeiten samt ihrer Dominanz und Devotion zueinander passen und je besser beide im jeweils anderen lesen können, umso besser klappt es mit dem "... aber plötzlich änderte sich sein Blick, sein Ton ..." und desto eleganter fließen "Bitte", "Danke", "Entschuldigung" etc. ganz selbstverständlich als sich gegenseitig anerkennende Bereicherung in die Beziehung ein.