Erst mal vorab:
Ich will niemanden seine Art, die Liebe zu leben, ausreden.
(Zumal es von der Liebe selbst, um die es im Thread geht, offensichtlich auch unterschiedliche Ansichten gibt.)
Darauf hinweisen, welche nicht passenden oder aber fehlenden Zusammenhänge ich sehe, dies erscheint mir trotzdem nicht falsch.
„„Wer ein bisher völlig unbekanntes Gegenüber auf Anhieb ausreichend kannte, muss meiner Meinung nach die berühmt-berüchtigte Glaskugel verschluckt haben. Wie viele Menschen haben bereits Probleme damit, sich selbst ausreichend zu (er)kennen?
Sich selbst erkannt zu haben, "wer" man ist, lässt die Bedingung entstehen auch andere auf Anhieb erkennen zu können, "wer" sie sind. Um sich selbst zu erkennen, bedarf es bestimmte Bedingungen, die nicht einfach zu erfüllen sind.
...
Sich selbst erkannt zu haben, hilft dabei, andere zu erkennen.
Es ist aber noch lange keine ausreichende Grundlage dafür. nun auch andere genauso gut zu erkennen.
Weil deren Anderssein dazukommt, auch erst mal verstanden werden will und daraus die eventuellen Folgen zu erkennen sind.
„...
„Was ich selbst eher für denkbar halte:
Auf Anhieb zu erkennen, dass das Gegenüber das Potential hat, was uns ermöglicht, ein gutes Miteinander zu gestalten. Dies ist aber auch immer erst mal nur eine Vermutung und bestätigt sich dann - oder eben nicht.
Das wiederum beschreibt "wie" jemand ist. Das "Wie" hat im Beziehungskontext eine Bedeutung.
Das "Wer" und das "Wie" jemand ist, sind zwei Paar Schuhe die nichts miteinander zu tun haben. Das "Wer" ist eine Konstante, die sich ein Leben lang nicht verändert. Das "Wie" ist eine Variable die davon abhängig ist, ob sich jemand im Verlauf seines Lebens verwickelt oder entwickelt.
...
Schon zu erkennen, wie jemand ist, kann dauern und über die Zeit noch diese oder jene Überraschung bereithalten.
Das "Wer" ist erst mal nichts weiter als die Bezeichnung für ein konkretes Subjekt. Eigenschaften und Verhaltensweisen sind hier erst mal egal, weil wir da wieder beim "wie" wären.
Mit diesen Vorgedanken nun zu:
„...
Eine Liebe die auf das "Wer" bezogen ist, hält ein Leben lang. Eine Liebe die auf das "Wie" bezogen ist, hält solange bis das "Wenn-dann" nicht zu stark von der Erwartung abweicht.
...
Eine Liebe die auf das "Wer" bezogen ist, muss erst einmal entstehen.
Ich habe noch nicht erlebt, dass jemand eine andere Person ab Zeitpunkt X liebt, nur weil es eben gerade ein konkrete Person ist - außer es geht um einen religiösen Bezug. (Das will ich hier aber nicht weiter vertiefen.)
Statt dessen gibt es mindestens einen Grund, warum die Liebe entstanden ist.
Der Grund oder die Gründe müssen dabei noch nicht mal mit dem eigenen Verstand zu erklären sein.
Aber grundlos ab Zeitpunkt X eine Person Y auszuwählen, kommt mir zu beliebig vor und genau das - die Beliebigkeit - wäre für mich dann von da nicht auszuschließen. (Hier fehlt mir selbst einfach der Auslöser, der gerade bei diesem konkreten Menschen zur Liebe geführt haben soll.)
Der Meinung, das Menschen einfach füreinander vorbestimmt sind (was eine andere Grundlage für das "Wer" wäre), habe ich nicht, weiß aber dass es solche Sichtweisen gibt.
Auch an übersinnliche Gründe denke ich hier nicht.
„...
Sowohl die Liebe auf das "Wer" als auch auf das "Wie" bezogen, ist nicht bedingungslos. Wer bedingungslos alle 8 Milliarden Menschen auf dieser Welt liebt, unabhängig davon "wer" und "wie" sie sind, liebt vermutlich niemanden.
Im Grunde stimme ich da zu.
Weil es aber eben ganz verschiedene Sichtweisen auf die Liebe gibt, kann ich bei Sichtweisen, die von meiner ein ganzes Stück weit entfernt sind, selbst so eine Einstellung nicht ausschließen.
(Es wäre dann eine Bezogenheit auf die Menschheit und nicht den konkreten Menschen.)
Manchmal sind sich allerdings auch Lebensweisen näher als die Definitionen. Eben wie verschiedene Wege zu relativ gleichen bzw. ähnlichen Zielen.
„@*******uld Bedingungslose Liebe in einer Beziehung? Auch von "Reife" gibt's unterschiedliche Vorstellung
Für mich ist Liebe generell und insbesondere auch reife Liebe nix, was man irgendwann (zB erst nach langem Kennenlernen) erreicht, sondern einfach ein Prozess, den ich durchaus auf Anhieb schon eingegangen bin...
...Prinzip: Der Weg ist das Ziel.
Einander auf Anhieb zu er-kennen (also verstehen, "wer" man ist) geht durchaus auch ohne Glaskugel.
Wäre das nicht möglich, wäre jeder Vertrauensvorschuss in der ersten Verliebtheitsphase naiv.
Das alles steht aber für mich nicht im Widerspruch zu Bedingungen für die Liebe.
Ich sollte meine Lebenszeit schon - auch - dazu genutzt haben, eine gewisse Reife zu erreichen.
Die bringe ich dann ja in das Miteinander mit, die ist also schon da. Genauso sehe ich das beim Gegenüber.
Dies hilft mir und dem Gegenüber, entsprechend zu reagieren.
(Das Ergebnis ist aber nicht einfach da. Höchstens für manche das Verliebtsein auf den ersten oder einen weiteren Blick.)
Am Anfang ist - abgesehen von meinen aktuellen Wahrnehmungen - das Gegenüber für mich aber erst mal ein unbeschriebenes Blatt. Das Miteinander muss erst wachsen. Das Aufeinander-Einstellen erst stattfinden.
Für mich war das Miteinander und damit auch die Liebe nie von Anfang an genauso wie die ganze Zeit über.
Sich gegenseitig kennen zu lernen hat mir geholfen, das Leben inkl. der Liebe zu gestalten. Das bezeichne ich für mich dann schon als Reife. Auch wenn dieser Weg nie zu Ende ist und somit auch der Weg weiterhin mit das Ziel bleibt.
Ein Vertrauensvorschuss in der ersten Verliebtheitsphase ist deshalb nicht naiv, weil ich ja zum Glück nicht davon ausgehen muss, dass jeder Mensch mich letztendlich nur ausnutzen will. Bringe ich aber gar kein Vertrauen mit, dann lasse ich die Liebe des Gegenüber bei mir gar nicht zu. Dann blocke ich ab.
Wo das Ganze dann allerdings hinführt, weiß für mich bestenfalls immer noch nur die Glaskugel.
Denn das, was ich am Anfang oder später meine erkannt zu haben, kann sich eben auch als Täuschung herausstellen.