@*******_man, du hast einiges Gutes geschrieben und einiges, auf das ich gerne eingehen würde:
„Seit 2010 steigen die Zahlen bei den Drogenabhängigen, während sie bei den Männern, die mit anderen Männern Sex haben (MSM), immer noch deutlich niedriger als früher sind.
Dazu eine Ergänzung: Ja, die Zahl der Neuinfektionen bei MSM sinkt seit Jahren. Da sie nach wie vor die größte betroffene Gruppe sind, verwundert es, dass dennoch die Gesamtzahl der Neuinfektionen nicht sinkt. Der Grund ist der große Anstieg bei den Zahlen der Heteros. Heterosexuelle Männer sind die Gruppe, die am wahrscheinlichsten zu späte Diagnosen erhält (manchmal sogar erst im AIDS-Stadium), weil sie sich selbst oft nicht als Zielgruppe sehen und daher zu selten testen und auch medizinische Fachkräfte sie nicht so auf dem Schirm haben. Auch bei heterosexuellen Frauen steigt die Zahl; sie haben anatomisch das größere Risiko, sich zu infizieren, als Männer. Da viele jedoch im Laufe ihres Lebens schwanger werden, werden sie zu diesem Zeitpunkt getestet (ein großer Teil erhält die Neudiagnose also in der Schwangerschaft). Für Heteromänner gibt es kein vergleichbares Screening und viele gehen eh zu selten zu Untersuchungen, sodass sie länger mit einer unbemerkten Infektion leben.
Du sagst richtig das hier:
„Gleichzeitig wurde bestätigt, dass kaum ein HIV-Infizierter, der von seiner Infektion weiß, unbehandelt bleibt und nicht mit Medikamenten seine Viruslast unter die Nachweisgrenze drücken konnte (schaffen mittlerweile 99% der Behandelten), wodurch er nicht mehr infektiös ist.
Das bedeutet, dass jede Infektion, die nicht bekannt ist, nicht behandelt werden kann. Da unser Immunsystem sich zunächst gut gegen die HI-Viren zur Wehr setzen kann, können Menschen zum Teil 10 oder sogar 20 Jahre damit leben, ohne Symptome zu haben. In dieser Zeit können sie natürlich andere Menschen anstecken.
Das hier ist auch richtig:
„Es gilt also seine persönliche Risikoabwägung zu treffen, anstatt den heiligen Gral des risikolosen Sex finden zu wollen. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Falsch ist lediglich, sich keine Gedanken zu machen und sich nicht zu informieren, weil so keine Risikoabwägung stattfinden kann.
Wobei schon zu ergänzen ist, dass man sich natürlich gegen viele STI nicht hundertprozentig schützen kann (was übrigens für fast alle Infektionskrankheiten gilt, unabhängig von sexuellen Kontakten, weil viele einfach in vielfältigen sozialen Interaktionen übertragen werden), aber HIV so schwer und spezifisch übertragen wird, dass hier schon ein sehr hoher Schutz möglich ist (auch ohne PrEP).
Dazu noch was:
„Nicht ohne Grund sind seit Ewigkeiten Männer, die mit anderen Männern Sex haben, die Risikogruppe Nummer 1. Nur traut sich nicht jeder, das auszusprechen, oder mancher meint, es sei diskriminierend.
Das stimmt nicht, dass das niemand ausspricht. In der Tat ist das die Information, die am häufigsten in jeglicher Berichterstattung im Vordergrund steht. Wie oben bereits geschrieben, ist diese Zielgruppe aber kein großes Problem mehr. Die meisten können ihr Risiko gut einschätzen, wissen, wie sie sich schützen können, gehen regelmäßig zum Test und werden, wenn sie positiv sind, früh diagnostiziert und behandelt und sind so schnell nicht mehr infektiös. Die Botschaft ist bei ihnen also angekommen.
Daher müssen jetzt auch die anderen Zielgruppen erreicht werden, um späte Diagnosen zu verringern. Und das wäre auch die Antwort auf die Frage des TE, wie man sich gegen HIV schützen kann: Regelmäßig testen und generell Test- und Beratungsangebote ausbauen und neue Strategien entwickeln, wie die schwer zu erreichenden Zielgruppen – v.a. Heteromänner und Menschen, die über venösen (oder z.T. nasalen) Weg Substanzen gebrauchen – erreicht werden können. Und dann natürlich auch alle Menschen, die positiv sind, den Zugang zur Behandlung ermöglich; auch, wenn sie nicht krankenversichert sind.