[Nach dem erneuten Lesen meines Geschichtenauftakts bin ein wenig verwirrt über die Kriterien, nach denen hier aktuell das FSK-18 erteilt wird ... Sorry, Folks, I did my best!]
Mein Haus im Wald ist ein sicherer Ort. Das bedeutet, dass nicht jeder willkommen ist, denn es soll nicht nur für meine Gäste ein geschützter Hafen sein. Aus diesem Grund liegt ein Zauber über den Wegen, die zu mir führen. Sie sind Teil eines Waldes, durch den Wege führen, wie ihr alle sie kennt. Breit und sicher, für Wanderer und Waldfahrzeuge gleichermaßen geeignet. Doch von diesen Wegen führen kleine Pfade fort, zwischen Brennnesseln hindurch, an Brombeergestrüppen vorbei und über Serpentinen nach oben und nach unten, bei denen selbst das GPS die Orientierung verliert.
Die Wege, die zu mir führen, sind verzaubert.
Männer, die alles wissen, werden in die Berge geführt, wo sie dem Himmel und den kühlen, klaren Gletschern mit dem scharfen Wind erzählen können, wie klug sie sind. Ich liebe nur die, deren Geist wach und neugierig geblieben ist und die Tag für Tag aufs Neue nach Weisheit suchen.
Auch Männer, die mich besitzen wollen, werden von den Pfaden in meinem Wald in die Irre geführt. Ganz langsam, unmerklich, wird der Boden unter ihren Füßen immer weicher. Mein Wald erlaubt ihnen nicht, mein kleines Haus im Zentrum der Waldwege zu finden. Sie wären keine höflichen Gäste, aber sie würden glauben, es zu sein. Schleichend und unmerklich würden sie mein weiches, verletzliches Sein überschreiben und aus mir die Frau machen, von der sie immer geträumt haben.
Manchmal gehe ich durch den Wald, lege die Hand an die knorrige Rinde der kleinen, unterschätzten, uralten Bäume auf dünnen Erdkrusten über hartem Stein und danke ihnen für ihren Schutz.
Und dann gibt es noch eine dritte Sorte Männer, denen der Zutritt ebenfalls verwehrt bleibt. Es sind die, die nicht mutig genug sind, zu lieben. Die, die mir ihre Erektion schenken, aber nicht ihr Herz und ihre Seele. Es sind Männer, die es Freiheit nennen, die schwarzen, kalten Mauern um ihr Herz geschlossen zu halten und den Liebesakt als dreckigen Ausdruck einer pervertierten Freiheit und Bedingungslosigkeit begreifen, die mein Herz verletzt und beschämt.
Männer, die Frauen und das Zerfließen ihres Herzens auf diese subtile Weise verachten und herablassend kontrollieren wollen, sind in meinem Haus nicht willkommen.
Niemals.
Die, die den Weg finden, sind ein wenig wie ich. Ihr Herz ist zu verletzlich, um nach den Regeln der Welt zu funktionieren, doch sie haben zu überleben gelernt. Ihr Feuer brennt zu heiß und wild und musste sich stets mäßigen, bis es verhungerte. Ihr Geist besitzt eine seltsame Klarheit, die sich nicht beweisen muss und sich nach einer Freiheit sehnt, für die weder sie noch ich Worte finde, doch es ist nicht die Freiheit der Verantwortungslosigkeit.
Sie sind wie ich, und das heißt, dass die Welt sie mehr verletzt hat, als sie zugeben wollen.
"Es gibt nur eine einfache Gemüsepfanne", sage ich, "aber ich habe Tee dazu gekocht. Vielleicht schmeckt er dir."
Es ist ein Tee aus Hagebutten, die ich selbst gepflückt habe. Etwas Einfaches. Weder hipster noch alternativ. Kein Essen für Menschen, die angeben wollen, und kein Fleisch. Kein totes Tier in dieser Nacht, die deine und meine Seele reinigen soll.
Mein Gast sitzt noch immer auf der Bank. Seine Gesichtszüge haben sich entspannt. Er fühlt sich, als sei er nicht ganz in dieser Welt, ich sehe es in seinen Augen, und ich lächele warm, damit er spürt, dass keine Gefahr droht. "Hast du Hunger?", frage ich noch einmal.
Er nickt, und er macht keinen dieser dreckigen Sprüche, dass er Hunger auf was ganz Spezielles hätte. Dafür bin ich dankbar. Mein Gast ist stark genug, um seine Unsicherheit nicht zu verstecken und sich aufzuspielen wie ein Kind an der Schwelle zum Mann.
Wäre er schwach, würde ich meine Fingernägel in sein Herz schlagen, es hinausreißen und ausschlürfen bis auf den letzten Tropfen. Auf die eine oder andere Art würde er mich nähren. Das ist der Preis dafür, dass er den Weg zu mir gefunden hat. Doch glücklicherweise steht diese Nacht unter einem guten Stern.
Wir speisen miteinander, während der Abend das Licht draußen allmählich blau verfärbt. Es schmeckt mir besser als sonst. Ich mag es, dass ich an diesem Abend nicht allein bin, und mir gefällt das scheue Lächeln meines Gegenübers. Erzähl mir von deinen Abenteuern in der Welt, bitte ich, und ich höre ihm zu, als würden sie eine Rolle spielen. In Wahrheit möchte ich nur sehen, wie er sich aufrichtet, wie stolz seine Augen blitzen, wenn er von seinen Kämpfen und Siegen erzählt und davon, was er aus seinen Niederlagen gelernt hat.
Männer haben keine Ahnung, wie schön sie werden, wenn sie einer Frau zeigen, wer sie wirklich sind.
Doch noch sind wir nicht so weit. Dieser Abend hat erst begonnen. Irgendwann, als das Dämmerlicht mehr dunkel als hell ist, schnipse ich mit den Fingern, und ein paar Kerzen an den Wänden um uns herum beginnen zu brennen, die eben noch nicht dort hingen. Der Mann zuckt kurz zusammen, doch ich lege den Kopf schief und sehe ihn an, als ob ich schon halb verliebt in ihn wäre.
Er erwidert das Lächeln. "Wie geht es weiter?", fragt er, und ich liebe ihn für die Höflichkeit, die darin liegt, und dafür, dass er mir zugesteht, in meinem eigenen Haus die Regeln zu gestalten.
"Du kannst in den Garten gehen und dich ein wenig frisch machen", sage ich und lächele. "Neben der Wassertonne liegen frische Kleider. Und wenn du zurückkommst, bin ich in dem Zimmer hinter jener Tür. Ich werde auf dem Boden sitzen, meditieren und auf dich warten. Du selbst darfst dann entscheiden, ob du mutig genug bist, hereinzukommen und darauf zu vertrauen, dass du willkommen bist."
"Oh." Er lächelt, ein wenig scheu, ein wenig verwegen. "Und was passiert in dem Zimmer?"
Ich lächele ebenfalls, ein wenig schief, ein wenig verspielt. "Ich werde dich verzaubern. Was dachtest du denn?"
Denn in meinen Träumen bin ich eine Hexe.