Ich habe gerade beim Lesen gezögert, ob ich überhaupt etwas zum Thema schreiben soll. Spätestens ab dem Moment, wo in schwierigen Kontexten von Narzissmus die Rede ist, habe ich zu oft erlebt, dass Diskussionen entgleisen, weil a.) Ferndiagnosen niemals funktionieren und b.) traumatische Erfahrungen von Mitschreibenden angetriggert werden (können). Und so befriedigend einfache Lösungen auch aus Sicht der Schreibenden sein mögen ("Da, ich hab die richtige Lösung gefunden!"), so sehr wissen wir eigentlich alle:
In der Realität gibt es keine einfachen Lösungen, und wir werden hier im Threadverlauf höchstwahrscheinlich auch nicht dieses befriedigende Gefühl bekommen: "Aha, Lösung wurde gefunden, ich habe dazu beigetragen, gut gemacht von uns allen!"
Und dann dachte ich mir: Obwohl ich das alles weiß, und obwohl der Thread hier spätestens in zwei Seiten vermutlich zu einer so wilden Diskussion geworden ist, dass es nicht mehr um konkrete, kleine Hilfe in einer konkreten, komplexen Situation gehen wird, sondern um die Diskussion als solche, schreibe ich hier trotzdem ein paar Gedanken von mir zur Ausgangssituation rein.
Es scheint eine komplexe Situation zu sein, liebe
@*****_89. Zu komplex, um wirklich von außen zu helfen. Höchstens mit ein paar Ideen und Anregungen, die Dir helfen könnten, das komplexe Dickicht des eigenen Fühlens ein wenig zu durchdringen. Aber das sind eher so Überlegungen, die dann auch mal Tage und Woche ein wenig sacken dürfen, etwas verdrängt werden können und vielleicht irgendwann Teil eines Puzzles werden, das dir einen Schritt weiter in Richtung Klarheit für dich selbst hilft.
1.) Deine Wahrnehmung für Selbstschutz und eigene Grenzen
2.) Der Umgang mit einem für den Partner bedeutsamen Fetisch
3.) Lügen und Heimlichkeiten
4.) Seine Erregung durch andere Frauen
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Punkt 1.) finde ich hier am wichtigsten. Gleichzeitig führt gerade das dazu, dass man von Forendiskussionen schnell erschlagen wird. So viele Meinungen, dann noch mal hier eine Nachfrage, da eine, und während man noch zu antworten versucht, werden die Aussagen auseinandergenommen und aus kleinen Formulierungen werden Dinge abgeleitet, die vielleicht stimmen, vielleicht auch nicht, vielleicht auch ein bisschen, und man wird immer unsicherer.
Du sagst, du hast da in deinem Leben schlechte Erfahrungen gemacht. Das ist ziemlich furchtbar. Und das furchtbarste daran ist, dass der Instinkt in dir, der dir sagt, wo du dich schützen solltest und wo ein sich-öffnen wohltuend sein könnte, nicht mehr sicher funktioniert.
Im Zweifelsfall glaubt man dann eher dem, was die anderen sagen. Oder der andere.
Weil man zu oft erlebt hat, dass es richtig übel wehtut, wenn man dazu nicht bereit ist, dass es dann Angriffe gibt, die einem ganz tief in der Seele wehtun.
Also glaubt man lieber von Anfang an dem anderen.
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Von einer solchen Grundlage aus hast du dann leider nicht die Stabilität, die du bräuchtest, um sicher und schützend für deine eigene Sicherheit und deinen Schutz zu sorgen.
Und wenn der andere dann Dinge sagt, wo andere Menschen sagen würden "Hier braucht es Schutz, hier braucht es Sicherheit", dann ist es von innen schwer, hier richtig einzuordnen.
Denn: Die anderen im Forum haben genauso wenig immer recht wie der Partner an der eigenen Seite!
Aber wie findet man heraus, wer Recht hat?
Dazu gibt es keine klare Antwort. Denn in Bezug auf das, was für dich richtig ist, hast ausschließlich du selbst recht.
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Zu Punkt 2.): Der Fetisch des Partners.
Es ist ein legitimer und wertvoller Wunsch, vom Gegenüber so gesehen und geliebt zu werden, wie man ist. Wenn man einen solchen Fetisch hat, darf man das auch wollen. Und es ist ehrenhaft, dass du deinem Partner dieses Gefühl geben möchtest.
Ich habe an der Stelle eine eigene Erfahrung. Ich habe einmal erlebt, wie subtil es mich jedes Mal verletzt hat, wenn ein Mann mich nicht mit Begehren anschaut, solange ich "ich selbst" bin – und sobald ich das Fetischmaterial am Körper habe, bin ich die schönste und begehrenswerte Frau der Welt. Ich werde liebkost, bewundert und geküsst ...
Aber nur dort, wo ich das Material trage.
Diese Erfahrung hat wehgetan. Sie hat mein Frausein verletzt. Und obwohl ich mit dem Mann darüber deutlich besser reden konnte als du mit deinem Partner, verletzt mich die Erinnerung immer noch. Der Mann damals erklärte mir, dass das Material als solches allein auf ihn auch keine Wirkung hätte, das hätte es nur, wenn ICH es trage, die Frau, die er liebt ... Aber selbst mit dieser Erklärung war ich verletzt, dass ich dann, wenn ich mich als mich selbst schön fand, von ihm gar nicht gesehen wurde, und dann auf einmal im totalen Zentrum seiner Aufmerksamkeit stand, wenn ich Lack trug.
So etwas verletzt und tut weh.
Und so sehr in einer Partnerschaft einerseits Raum dafür sein muss, dass der Mensch mit dem Fetisch sich als er selbst willkommen fühlt, muss andererseits eben auch Raum sein für dieses Gefühl im Herz des anderen. Nur, wenn du dich an der Stelle sicher und geliebt und gehalten und getröstet fühlen kannst, macht es Sinn, an der Beziehung festzuhalten, habe ich mir damals gesagt.
Das wurde ich damals.
Für mein eigenes Fühlen an der Stelle war auch Platz.
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Sonst hätte ich mich damals getrennt.