Was ein spannender Thread, der mir in seinem langen Verlauf doch tatsächlich noch neue Einsichten gebracht hat!
Als ich an der Abstimmung teilnahm, war es ein klares Nein-Votum gegen Beleidigungen. Doch je mehr ich hier gelesen habe, stellte ich fest, dass allein der Begriff "Beleidigung" bei mir schon davon abhängt, wer, wem, wann und bei welcher Gelegenheit an den Kopf wirft.
Das Beispiel "Arschloch" von weiter oben hat mich darauf gebracht, meine Position zu überdenken.
Meinem Dom/Top habe ich dieses Wort unzählige Male an den Kopf geworfen. Meist leicht wütend, oft mit einer Mischung aus Lachen und Anerkennen, also als eine Art indirekter Respektsbezeugung. JEDES Mal, wenn ich dieses Wort in einem BDSM-Kontext sagte, hat er sich für das freundliche Kompliment bedankt und gemeint, dass er ja dann alles richtig gemacht habe. In diesem Kontext betrachtet, hat er das ja auch.
Dann erinnerte ich mich, dass ich meinen Partner auch im Alltag schon mal so genannt habe, da jedoch niemals in Wut, sondern mit einem Grinsen, das auch erwiedert wurde. Bei einem Streit, einer Diskussion oder einem Disput mit ihm, hätte ich ihn niemals so genannt und er mich auch nicht. Da wäre es klar eine Beleidigung gewesen.
Einen Fremden, würde ich so nicht titulieren - jedenfalls nicht in seinem Beisein. Dass ich jemanden für ein Arschloch halte, ja, das passiert. Darf mich ja auch jeder so sehen, in seinen Gedanken.
Ein Wort, so viele Möglichkeiten. Und es gibt so viele Worte in unserer Sprache.
Neulich wurde ich gefragt, ob ich "Schlampe" als beleidigend empfinden würde, als Teil eines Shaming-Spiels, in einem Umfeld, in dem sich auch "Vanillas" befinden. Ich musste nur lachen. Unter Freunden und Bekannten weiß eh jeder, dass ich nicht die Musterhausfrau bin und keiner würde sich bei "Schlampe" etwas dabei denken. In einem mir fremden Umfeld, so habe ich ihm gesagt, müsste er bei solch einer Titulierung damit rechnen, dass ich mit "Lieber Schlampe als Möchtegern-Hengst" oder etwas dieser Güteklasse kontere. Aber bei "meine kleine Schlampe" aus dem Mund des Mannes meines Herzens, könnte ich dahinschmelzen.
Daher ein Danke für die noch differenziertere Einsicht, dass es selten die Worte sind, sondern immer Person und Kontext, in dem sie geäußert werden.