„Zitat von **********lerin:
„„Wir kämen aus dem Klagen nicht mehr heraus und beschrieben uns alle nur noch als Opfer. Das führt zu nix.
Damit will ich nichts verharmlosen.
Hm ... Vielleicht führt es doch zu etwas?
Nämlich dazu, dass Frauen sich nicht angewöhnen, ein Verhalten Männern gegenüber als normal zu empfinden, was durchaus unangenehm ist, wenn es von einem subjektiv unattraktiven, 20 oder 30 Jahre älteren Menschen gegenüber einem sehr jungen und in Bezug auf den eigenen Platz in der Welt noch unsicheren Menschen passiert?
Nun, das bestreite ich nicht. Was ich schwierig finde, ist dier gegenwärtige Art des Umgangs mit solchen Themen (wobei natürlich je nach Übergriff auch zu differenzieren wäre). Im Zeitgeist liegt es, das alles zu emotionalisieren und zu moralisieren, also vor allem das Erleben als Opfer in den Vordergrund zu stellen, damit auch die Schuld sehr ins Zentrum zu stellen. Und da werden auch sehr geringfügige Aktionen skandalisiert, siehe "Mikroaggressionen". Wollte man z.B. Mikroaggressionen bei Frauen thematisieren, würde man aus dem Klagen nicht mehr herauskommen.
Die Befähigung zur Grenzziehung und zum Neinsagen finde ich richtig. Das bräuchte ich auch mehr. Das Bedürfnis nach Gerechtigkeit verspüre ich auch, aber in dem Zusammenhang auch einen Sog in Richtung Klage und Hineinsteigern. Da sehe ich gewisse Probleme.
"Wollte man z. B. Mikoaggressionen bei Frauen thematisieren", würde man(n) sich so dermaßen viele der genannten Mikroaggressionen holen, dass man an den Folgen davon wahrscheinlich ein paar Wochen zu tragen hätte, weil immer etwas dabei ist, was dort trifft, wo es wehtut.
Ich kann also verstehen, dass man es nicht thematisieren will, weil man sich damit in die Schusslinie bringt.
In der Inszenierung als Opfer kann etwas verdammt Aggressives liegen. Ich kann gut verstehen, dass Männer (die diese Art der subtilen Aggression vielleicht sogar selbst erlebt haben, es kommt viel zu oft vor) dann nicht dasselbe tun wollen.
Aber ich als Frau möchte in einer Welt leben, in der Opfer eben keine neuen Aggressionen erfahren, weder körperliche noch sexuelle noch Mikroaggressionen, sondern in der ernst genommen wird, wenn jemand etwas tut, was andere Menschen verletzt. In der auch Mikroaggressionen und das In-Szene-Setzen des Opferstatus als etwas benannt werden können, in dem seelische Gewalt gegen andere ausgeübt wird, die verletzt – und in der trotzdem auch die Verletzungen der Opfer ernstgenommen werden. Aber nicht, um Macht durch Mikroaggressionen auszuüben, sondern um tatsächlich getröstet und geschützt zu werden.
Diese Welt gibt es noch nicht. Aber ich will sie und ich will meinen Beitrag dazu tun, dass sie geformt wird.
Und deswegen höre ich zu, wenn Männer mir von Aggressionen durch Frauen erzählen, und nehme es ernst genug, um es zu reflektieren und auf meine Art Verantwortung dafür zu übernehmen, eine Welt zu formen, in der auch Frauen sich Männern gegenüber anständig verhalten sollen/müssen, genau wie es in die andere Richtung für die allermeisten Männer auch normal und nicht erwähnenswert ist.