„Mittlerweile glaube ich, die meisten Affären haben die Leute für sich selber, die Geheimhaltung allerdings machen sie für ihre Partner. Ich hab über die Jahre viele Leuten mit Affären in allen möglichen Konstellatiinen getroffen; Männer wie Frauen. Die meisten fürchten nicht die Auseinandersetzung, sondern sie wollen ihre Ehepartner vor dem Schmerz bewahren. Deshalb machen halten sie es geheim. So ist das auch für mich.
Ich denke, der TE macht es richtig. Er hat alles versucht, nicht fremd zu gehen. Nun ist es Zeit die unmögliche Option in Erwägung zu ziehen. Letztlich ist er für sein Glück selbst verantwortlich. Es wäre schön, wenn die Frau mit im Boot wäre, aber er kann auch nicht sie für sein Glück verantwortlich machen. Dafür ist er selbst zuständig.
Das ist ja keine seltene Kombination, ich lese sie oft: Ich habe eine Affäre, weil ich meiner Partnerin nicht weh tun möchte und ich tue das (die Affäre), weil ich für mein Glück ganz alleine verantwortlich bin.
Ich möchte da einen anderen Blickwinkel aufzeigen: Was wäre, wenn der Start in eine monogame Partnerschaft gleichzeitig auch das Versprechen beinhaltet, für das Glück des Anderen zu einem gewissen Teil auch mitverantwortlich zu sein? - und ich glaube, bei monogamen Partnerschaften gehen beide zu Beginn dieser davon aus, dass das auch so gelebt werden wird. Beide tragen doch ihren Anteil dazu bei, auf vielerlei Art und Weise, dass die Partnerschaft glücklich Bestand haben wird. Man ist füreinander da, man hört sich zu, man überrascht sich positiv (hoffentlich
), man steckt Ziele miteinander ab und erfüllt sich gegenseitig Träume. Und ja, manchmal ziehen Wolken auf und die Partnerschaft erfordert es, an sich zu arbeiten. Und da ist dann mein Gegenüber auch ein bisschen mitverantwortlich für mein eigenes Glück, welches ich in dieser Partnerschaft erlebe.
Wenn sich meine Partnerin zurückziehen würde, sich keine Mühe für das "Wir" mehr geben würde, Abstand entstehen würde, könnte ich nicht mehr ruhigen Gewissens ehrlich sagen: Ich bin glücklich, ich bin ja selbst für mein Glück verantwortlich. Nein, ihr Verhalten wäre der Grund für meine Unglücklichkeit. Die Aussage, jeder ist selbst seines Glückes Schmied, passt für und in einer solchen Partnerschaft meiner Ansicht nach nicht.
Ich möchte Menschen, die eine Affäre führen, gar nicht abwerten. Sie haben ihre Gründe, dieses Wagnis einzugehen, ich weiß das. Ich habe damit eigene Erfahrungen machen können. Aber eine Affäre ist immer zuallererst eines: eine Lüge. Ich habe das schon oft hier versucht zu erklären und werde das immer wieder tun. Ich weiß, ständiges Wiederholen macht es nicht automatisch wahr, aber ich glaube fest daran und ich glaube auch, dass die, die das wirklich anders sehen und nur anders sehen können(!), die Augen verschließen. Auch dafür mag es viele Gründe geben, und oft steckt vielleicht auch gar keine böse Absicht dahinter, mehr ein Unvermögen. Dennoch, ich bleibe bei dieser meiner Einstellung.
Kleine Anmerkung: ich rede dabei von einer heimlichen Affäre hinter dem Rücken des Partners, nicht von einer Liebelei zweier Singles ohne Beziehungsabsicht.
Man kann sicherlich mit einer Affäre und der ihr inne wohnenden Heimlichkeit leben, weil die Alternativen noch unheimlicher scheinen: schmerzhafte Gespräche, schmerzhafte Trennungen, schmerzhafte Unterhaltszahlungen. Das macht Angst, und das ist durchaus nachvollziehbar, denke ich, aber dennoch bleibt - für mich - eine Affäre etwas, was ich unbedingt vermeiden wollen würde, wenn ich für den Menschen in meiner Partnerschaft noch so etwas wie Liebe, Achtung und Wohlwollen empfinden würde. Eine Lüge kann - meine persönliche Meinung - eben kein solides Basisfundament für eine wohlwollende, liebevolle Partnerschaft sein. Liebevoll und achtsam wäre es dagegen meiner Ansicht nach, mit offenen Karten zu spielen. Zu wissen, dass beide in der Partnerschaft für den Anderen und seine "Problemchen" da sind, sie sehen (wollen) und gemeinsam am beiderseitigen Glück arbeiten wollen. DAS erwarte zumindest ich von einer monogamen Partnerschaft auf Augenhöhe.
Das Argument "meine Affäre bewahrt meine Partnerin vor Schmerzen, die bei einer Trennung unweigerlich auszuhalten wären" ist auf den ersten Blick valide, auf den zweiten aber meiner Ansicht nach gar nicht mehr, denn es setzt voraus, dass eine Heimlichkeit eine solche bleibt. Eine Lüge ist in diesem Fall also Voraussetzung für den weiteren Bestand der Partnerschaft - ist das ein gesundes Fundament? Möchte man selbst so behandelt werden? Die Wahrheit dagegen würde schmerzen, so oder so, ob wegen der Gründe, weswegen die Affäre gestartet wurde, oder eben wegen dieser Affäre.
Ich verurteile niemanden, der eine Affäre führt. Das sind per se keine schlechten Menschen. Sie können oder wollen manche Schritte nicht gehen, sie suchen Auswege und sehen oftmals nur diesen einen. Manche machen es sich absichtlich sehr leicht, aus Bequemlichkeit heraus oder Unsicherheit, manche können aber auch gar nicht anders in diesem Moment, für sie gibt es keine andere Lösung. Aber gutheißen oder gar empfehlen kann ich eine Affäre nicht. Auch ich denke, sie kommt immer irgendwann raus und dann fällt das Kartenhaus mit Karacho in sich zusammen. Sehr groß ist dann das Leid für alle Beteiligten.
Auch dem TE möchte ich keine Affäre empfehlen. Mein Rat, auch weil ich nur seine Seite kenne: suche (erneut) die Kommunikation. Erkläre dich. Mache ihr irgendwie bewusst, wie sehr du leidest. Stelle kein Ultimatum, denn das wird vermutlich nur dafür sorgen, dass deine Partnerin noch viel mehr in ihre Abwehrhaltung geht, denn das erzeugt sofort Druck in ihre Richtung. Ich glaube, professionelle Hilfe wäre ratsam, wenn auch sie dazu bereit ist. Und denke ernsthaft über eine Trennung nach, mit all den Schwierigkeiten, die dabei auftreten werden, aber auch mit den Chancen, die sich für euch beide(!) dadurch ergeben können. Ich wünsche dir... Nein, ich wünsche euch alles Gute!