Immer, wenn ich in diesem Thread etwas über reden bzw. Kommunikation lese, denke ich an einen Abschnitt aus dem Buch "Die Psychologie der sexuellen Leidenschaft" von David Schnarch.
Er schreibt dort, dass er in Workshops manchmal hinterfragt, warum Paare nicht (mehr) miteinander reden. Die erste Antwort, die in den Sinn kommt, ist oft: "Sie haben sich nichts mehr zu sagen." Tatsächlich, so Schnarch, haben sie sich aber sehr viel zu sagen. Sie sprechen es aber nicht aus weil sie wissen, dass es ihr Partner nicht hören will. Ausgesprochen werden muss es aber dennoch, die eigenen Bedürfnisse können nicht verleugnet werden.
Ich selber formuliere das lieber als ... weil sie wissen oder zu wissen glauben, dass ... Denn manchmal bewegt ein Thema tatsächlich beide, und beide wagen nicht den ersten Schritt. Manchmal rennt man beim Partner offene Türen ein.
Was ist nun das Problem dabei, etwas auszusprechen, das der Partner nicht hören will? Letztendlich ist es die Angst vor der Reaktion des Partners. Der TE will nach meinem Verständnis nicht fremdgehen in dem Sinne, dass seine Partnerin nichts davon weiß. Er will seine sexuellen Bedürfnisse zu allererst zur Kenntnis genommen sehen um dann - entweder oder - eine Lösung innerhalb oder außerhalb der Beziehung zu finden.
Was also könnte die Partnerin nicht hören wollen?
Sie will vermutlich keine Vorwürfe ("Wegen dir..." geht es mir nicht gut, "Du bist..." ungenügend, verbessere dich) oder Forderungen hören ("Du musst..." mich zufriedenstellen). Aber wie sieht es damit aus, wenn der TE seine Bedürfnisse mitteilt ("Ich will..." oder "Ich brauche etwas..." um glücklich zu sein, um ein Bedürfnis oder einen Wunsch zu erfüllen, aber ich brauche das nicht unbedingt von dir und fordere nichts von dir, was du mir nicht geben kannst oder willst) und fragt, wie sich seine Partnerin eine Lösung vorstellt?
Wenn sie schon seine Bedürfnisse nicht hören und damit zur Kenntnis nehmen will (=Ich will von deinen sexuellen Bedürfnissen nichts hören, komme selber damit klar!), verweigert sie die zur Kenntnisnahme eines Beziehungsproblems. Sie wird nicht kooperieren, sie wird womöglich sogar blockieren. Der TE wird dann ohne sie handeln müssen. Wie er handelt ist seine Entscheidung, die Entscheidungsfindung ist sein Problem. Sie wird am Ende mit seiner Entscheidung konfrontiert und muss damit leben.
Nimmt seine Partnerin das Problem zur Kenntnis, dann wird es auch Zeit, dass sie sich dazu äußert, wie sie sich eine Lösung vorstellt. Im Wesentlichen werden vier Optionen zur Verfügung stehen:
• Sie versucht das Problem zu ignorieren und schlägt keine Lösung vor. In dem Fall wird der TE wieder ohne sie handeln müssen.
• Sie lässt sich auf das ein, was man Gnadensex oder (bei David Schnarch) Gnadenfick nennt. Teilnahmsloser, lustloser Sex, der für keinen wirklich befriedigend ist. Sie will ihn nicht wirklich, sie will eigentlich gar nichts von ihm und mit ihm, er will etwas anderes. Für guten Sex, sex worth wanting, bedarf es (mindestens) zwei, für schlechten reicht einer.
• Sie fordert den TE auf, sich außerhalb der Beziehung umzusehen.
• Sie verlangt (offen) vom TE, auf seine Bedürfnisse zu verzichten. In diesem Fall wird der TE entscheiden müssen, ob er dem nachgibt oder ob er für sich einsteht und eine andere Lösung ohne sie sucht. Wie auch immer diese andere Lösung aussehen mag: Der TE darf seiner Partnerin etwas zumuten, insb. darf er ihr zumuten, wahrhaft zu bleiben und ihr die Wahrheit zu sagen. Knallhart: Wenn sie belogen werden will, dann ist das ihr Problem, nicht aber seines. Das ist wieder ein Plädorier von mir für das "bekannt Gehen" und gegen das Fremdgehen und auch dafür, etwas auszusprechen, was der Partner oder die Partnerin nicht hören will.
Habe ich eine fünfte Möglichkeit vergessen?