@sunreggi
Wie soll ein Mensch, der es in der Kindheit nicht gelernt hat, aus diesen Zwängen heraus kommen? Auf keinen Fall damit, dass er von seinem Gegenüber bedrängt wird.
Das ist sicher richtig, doch ein Mensch entwickelt sich weiter (normalerweise) - irgentwann muss man doch mal erwachsen werden und sich für sich selbst verantwortlich fühlen. Man kann alles lernen, auch ganz viel über sich selbst, vorausgesetzt man will es.
Für viele ist es auch eine Möglichkeit sich dahinter zu verstecken - ganz nach dem Motto: Was Hänschen nicht lernt - lernt Hans nimmermehr!!
Liebe sunreggi,
das klingt mir ein bisschen zu einfach.
Ich glaube, diese Art von Lernen ist mindestens genauso schwierig, wie das Erlernen einer Fremdsprache oder sogar eines Berufs. Die wenigsten Menschen haben aber als Erwachsene noch die Leichtigkeit und vor allem den Raum, sich intensiv mit einem solchen Lernen auseinanderzusetzen. Allein um eine Sprache zu lernen, reicht es nicht, einmal die Woche für 90 Minuten einen VHS-Kurs zu besuchen.
Wohl schwerer ist es, ein tief im Inneren verankertes Verhalten "umzulernen". Dies setzt ja erst mal die Möglichkeit einer Selbstbetrachtung, einer Reflektion voraus, und allein das Erkennen seines eigenen Verhaltens (Warum handle ich so? Will ich so handeln? Welche Alternativen gibt es?) ist ein schwieriger Prozess.
Dazu kommt, dass die Menschen keine Lehrer für so tiefgreifende Erkenntnisse haben. Es ist sehr schwer, sich mit sich selbst zu beschäftigen, sich selbst zu erkennen und eventuelle Kommunkations- oder Emotionsdefizite zu finden und diese dann auch noch zu ändern. Und dies alles, ohne vorgelebte Alternativen oder entsprechende Vorschläge von Menschen, denen man vertraut.
Lehrerinnen für so etwas könnten vielleicht Therapeutinnen sein, aber hier ist das Problem womöglich, dass die wirklich guten therapeutischen Ansätze selten an einen Menschen andocken, der ja noch gar nicht das Bewusstsein für die inneren Prozesse entwickelt hat. Viele begreifen ja gar nicht, was in einer therapeutischen Sitzung passiert und lehnen diese "persönliche" Kommunikation direkt oder nach der ersten Sitzung ab.
Und dann weiß doch jeder Mensch, der einmal in einem therapeutischem Dialog war, dass es selbst mit der inneren Bereitschaft, etwas zu ändern, JAHRE dauert, eine Veränderung wirklich greifen zu lassen. Also MIT der eigenen inneren Vorbereitung und MIT kompetenter Unterstützung dauert es schon Jahre.
Wie soll ein Mensch das ohne Unterstützung bewerkstelligen? In unserem Leben haben viele gar nicht den Raum für so etwas. Beruf und Familie (oder Beziehung) nehmen viel Platz ein. Und diese hemmen mitunter sogar den Veränderungsprozess, sofern er schon in Gang gebracht ist. Verhaltensmuster zu ändern ist noch mal schwerer, wenn man tagtäglich in einem relativ festen sozialen Gefüge steckt.
Viele Menschen finden sich damit ab, dass sie 48*52 nicht im Kopf ausrechnen können, andere finden sich damit ab, dass sie keine Muße haben, die Sprache ihres bevorzugten Ulaubslandes zu lernen. Wieder andere finden sich damit ab, dass sie die Scheinwerferlampe ihres Autos nicht wechseln können.
Menschen nehmen eben einfach hin, dass sie nicht alles können, obwohl sie sich vielleicht mit diesem Nichtkönnen unwohl fühlen. Sie würden es gern können, aber das Lernen fällt ihnen schwer.
Ein Mensch, der also das emotionale Kommunizieren nicht gelernt hat, fühlt sich womöglich in den Situationen auch unwohl, in denen Kommunikation nötig wäre, aber er kann noch nicht einmal dieses Unwohlsein kommunizieren, geschweige denn selbst innerlich deuten. Er ist HILFLOS - und schweigt.
Wie ich das sehe, haben die meisten Menschen keine Möglichkeit, das von sich aus zu ändern. Und jedes Forschen und Nachhaken in diese Richtung macht nichts weiter, als dieses Unwohlsein und diese Hilflosigkeit zu verstärken.
Meine Meinung:
Nicht jeder schweigende Mann verheimlicht bewusst etwas. Er ist vielleicht lediglich unfähig, etwas zu sagen und leider kann er nicht mal über diese Unfähigkeit reden.
Stattdessen zieht er sich zurück, um sein Unwohlsein zu mindern.
Liebe Grüße
Chennai
PS: Von den Beispielen oben ist 48*52 noch am einfachsten zu lernen. Denn dafür gibt's einen Rechentrick, den wir alle gelernt haben, dessen Sinn aber in der Schule wohl niemand verstanden hat.
Öhm - aber das ist Off-Topic, obwohl: Es fällt Männern viel leichter, über SOWAS zu reden.
gggg