Selbstfürsorge bedeutet, sich um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Es kann schön sein, sich auch um die Bedürfnisse anderer Leute zu kümmern, aber nur in dem Maße, in dem man sich dabei selbst nicht schädigt oder sich selbst vernachlässigt. Das gilt auch bei der eigenen Sexualität.
Du schreibst, dass du es (sogar) geschafft hast, offen mit deinem Partner zu reden, weil es dir wichtig ist. Offene Kommunikation in einer Partnerschaft ist Grundvoraussetzung für eine gute Beziehung. Offenes Mitteilen der eigenen sexuelle Bedürfnisse ist Grundvoraussetzung für guten Sex. Dass Du die Bedürfnisse mitteilst bedeutet aber nicht, dass sie dein Partner auch befriedigen muss. Anhören muss er sie sich, d.h., es darf keine Redeverbote geben. Aber niemand ist für die Befriedigung der Bedürfnisse anderer Menschen zuständig. Eine gute sexuelle Begegnung ist ein wunderbares Geschenk. Aber der Schenkende entscheidet, wem er was schenkt, der Beschenkte kann nichts einfordern. D.h.: Bleibe erwartungsfrei, so gut du kannst.
Voraussetzung für das Mitteilen der eigenen Bedürfnisse ist, dass du sie auch kennst. Hier liegt auch oft der Hase im Pfeffer. Sich einzugestehen, dass man "anders" ist, kann eine Hürde sein. Unter gutem Sex stellst du dir offensichtlich etwas anders vor, als bei ausgeschaltetem Licht unter der Decke zehn Minuten aufeinander zu liegen, herum zu rutschen und aneinander zu saugen. So tut "man" es, bzw. sehr viel mehr kommt dabei oft nicht heraus, gerade weil nicht über die eigenen Bedürfnisse, Wünsche oder Fantasien gesprochen wird.
Das darüber reden kann mit dem verkehrten Partner schwierig werden. Das passiert immer dann, wenn man auf Ablehnung stößt. Ein Musterbeispiel, wie es nicht laufen soll, habe ich einmal hier im Joyclub in einem Forum gelesen. Der eine Partner hatte Intimrasur vorgeschlagen, der andere hat das abgelehnt mit dem Hinweis: "Ich mache nicht jede Pornomode mit." Sieht man davon ab, dass es Kulturen gibt, in denen aus hygienischen Gründen rasiert wird und dies vermutlich von einer 10-stelligen Zahl Menschen praktiziert wird, wird der Partner verurteilt und mit negativ-verachtendem Beigeschmack in die Prono-Ecke geschoben. Man kann eine Praktik ablehnen (man muss nicht alle Bedürfnisse des Partners persönlich erfüllen), man muss nicht alles am Partner mögen, aber man muss den Partner mit allem mögen. - Insofern: Mutig sein, Ablehnung in Kauf nehmen und sich nötigenfalls fragen: Will ich so einen Partner überhaupt, der mich wegen meiner Sexualität ablehnt?
Hast du einen Partner, mit dem du dich selber erforschen kannst, ist es schön. Hast du keinen, kannst du das auch alleine oder mit wechselnden Partnern tun, die sich ihrerseits erforschen.
Ich bin kein Swinger, dazu kann ich nichts sagen. Beim BDSM gibt es so viele Spielarten, dass es schwierig wird, eine Richtung vorzuschlagen. Vermutlich hast du irgendwelche Fantasien. Passe einmal auf, was im Moment des Orgasmus und kurz davor bei dir passiert! Woran denkst du in diesem Augenblick, was findet im Kopfkino statt, was für ein Gefühl hast du oder hättest du gerne? Das gibt oft einen Hinweis, das heißt aber nicht, dass du das 1:1 in die Realität umsetzen sollst. Manche Träume träumt man besser nur, sie sind als Fantasie "heiß". Aber bei jedem Traum muss man sich überlegen, ob der Traum besser ein Traum bleibt oder er ein erster Schritt in die Wirklichkeit werden soll.
BDSM ist vielschichtig. Vielleicht versuchst du zuerst einmal, dich genau an diesen vier Buchstaben zu orientieren. Frage dich, ob du devot / submissiv bist und einen "Dom" brauchst oder ob du maso bist und einen Sadisten suchst. Frage dich, ob du Bondage / Fesselungen tatsächlich magst, ob du den Akt des Fesselns magst, dieses verpackt und umsorgt Werden, oder ob die Fesselung nur Mittel zum Zweck sein soll. D.h., du bist gefesselt und dann...? Manche lieben Seile, andere kicken schwere Stahlfesseln. Wo geht bei dir die Reise hin? Überlege dir, ob du mit Schmerzen spielen willst. Und auch hier gibt es kein Kochrezept: Manche fahren auf Riemenpeitschen ab und kommen total runter, wenn sie einen Rohrstock sehen, andere lieben genau das. Manche mögen Klammern oder Wachsspiele, wieder andere unbequemen Fesselungen mit Zwangshaltungen. Manche mögen Überreizungen. Manche mögen es blutig, z.B. mit Nadeln. Überlege dir, ob du Rollenspiele magst, ob du auf Befehl-Gehorsam-Bestrafung stehen könntest (und überlege dir auch, warum du das suchst), ob du sehr direkte oder sehr subtile Reize willst.
Es gibt Dinge, die wirst du ohne nachzudenken ablehnen. Dann gibt es auch keinen Grund, dass du sie ausprobierst. Manchmal weiß man sehr genau, was man nicht will. Dieses Wissen ist wesentlich. Neben Fantasien und Wünschen gibt es auch Tabus und Grenzen. Grenzen sind wiederum keine Spaßbremse, jedenfalls nicht in meiner Welt. Grenzen halte ich für die unbedingte Voraussetzung für eine gute und intensive Session, die "man" angstfrei und vertrauensvoll genießen kann. Überlege dir also recht genau, was du nicht willst.
Letztendlich weißt du gar nichts, bevor du es nicht probiert hast. Wenn du den passenden Partner hast, dann würde ich dem "Standardverfahren" folgen: Vorgespräch, Session, Nachgespräch. Im Vorgespräch geht es um die Befindlichkeit der Beteiligten, die Tagesform und natürlich um Grenzen und Praktiken, die heute im Spiel realisiert werden sollen. Mein persönlicher Tipp ist: Haltet euch / halte dich strikt an das, was im Vorgespräch vereinbart wurde. Während der Session wird man "heiß". Grenzen verschieben sich. Was vor der Session eher angstvoll betrachtet und eigentlich ausgeschlossen wurde, kann während der Session auf einmal ansprechend wirken. Mein Tipp: Tue es nicht. Am nächsten Tag kommt der emotionale Kater, wenn es schlecht läuft. Und: Es gibt immer ein zweites Mal. Im Nachgespräch kommt die Nachsorge. Wie haben wir die Session erlabt? Wie geht es uns jetzt? Was ist gut und was weniger gut gelaufen?
Manchmal kommt der Appetit beim Essen. Manche Praktiken fühlen sich vielleicht beim ersten Mal nicht so gut an. Das ist kein Grund, ab sofort generell darauf zu verzichten. Gerade beim Fesseln will vieles erlernt und geübt werden. Das gilt für andere Praktiken ebenso. Auch den Umgang mit manchen Spielzeugen muss man üben. Insofern: Probiere tatsächlich etwas aus und zwar in dem Bewusstsein: Das probieren wir jetzt! Das soll keine BDSM-Session sein, das soll ein Probieren sein um heraus zu finden, wie es sich anfühlt oder wie man mit dem Spielzeug umgeht.
Vermeide das so-habe-ich-mir-das-nicht-vorgestellt-Syndrom. Oft sind Fantasien und Ideen vage. Du wünscht dir vielleicht etwas wie: "Spanke mich." oder "Dominiere mich." Und dann stellst du fest, dass die gemachte Erfahrung alles andere als schön war. Hattest du es dir so nicht vorgestellt? Wie hattest du es dir denn vorgestellt? Das wichtigste Sexualorgan ist das Gehirn. In dem Fall kannst du es nutzen, um dir möglichst konkret zu überlegen, was du willst. Ein sicherer Weg, um etwas aus dem Vagen ins Konkrete zu holen ist das Aufschreiben. Du musst das niemandem zeigen, aber es kann dir helfen, deine vagen Fantasien greifbar zu machen.
Schließlich: Nach einer BDSM-Begegnung sollen sich alle Beteiligten besser fühlen als davor. Wenn du schon merkst, dass das nicht der Fall sein wird, dann sage die Session ab.