Hallo Leute,
da ich neu im Forum bin möchte ich mich zuerst etwas vorstellen. Warum hier im Umgang mit traumatischen Erfahrungen in neuer Beziehung.
Ich bin, jeh nach zählweise, 1 von 100 bis 1 von 1000. Jeder von euch kennt jemanden wie mich ohne es zu merken, bzw. ohne es zu wissen, da die meisten von uns es selbst nicht wissen. Ich habe Asperger, eine milde Form des Autismus. Diagnostiziert werden kann die ab etwa dem 4. Lebensjahr. Bei mir hat es 57 Jahre gedauert. Bei vielen wird es nie erkannt.
Das Asperger-Syndrom ist eine Kontakt- und Kommunikationsstörung. Typisch für diese Störung des Autismus-Spektrums sind Einschränkungen im Interaktionsverhalten, mangelndes Einfühlungsvermögen (Empathie), intensive (Spezial-)Interessen und das Festhalten an Gewohnheiten und Ritualen. Durch die verminderte Empathie ist es uns z.B. schlecht möglich unser gegenüber einzuschätzen. Ein Test auf Autismus beinhaltet z.B. das Erkennen von Gefühlen im Gesicht anderer Leute. Neurotypische Menschen (Normalos) haben hierbei eine recht hohe Trefferquote. Meine Quote war dabei, sagen wir mal so, kurz vor unterirdisch. Während also normale Menschen Gesichtszüge und damit die Gefühle unseres Gegenübers intuitiv erkennen können, muss ich sie deuten und interpretieren, was eine hohe Fehlerwahrscheinlichkeit beinhaltet. Ich bin der König der Fettnäpfchen!
Warum wird so etwas selten erkannt? Weil es Menschen gibt die halt sind wie sie sind. Ich hatte z.B. in meiner Kindheit und Jugend keine Freunde, war immer ein Einzelgänger, weil ich, wie ich heute weiß, das feine Zusammenspiel der nonverbalen Kommunikation zum Aufbau einer Freundschaft nicht erkennen und somit nicht ausführen kann. Stellt euch vor, ihr bekommt von eurem Vorgesetzten im Betrieb eine Aufgabe übertragen und sollt diese in einer Gruppe mit anderen lösen. Ihr sitzt also alle in einem geschlossenen Raum und du stellst fest, dass alle untereinander in einer Sprache sprechen, die sie verstehen, du jedoch nicht. Wie willst du also das Problem lösen? Geht nicht, du wirst scheitern! Und dies passiert dir immer wieder, tagtäglich. Du rennst immer wieder gegen die gleichen Wände, die andere mühelos überwinden. Sehr förderlich für jedes Selbstbewusstsein, denn du siehst ja, bei den anderen funktioniert es untereinander. Trotzdem habe wir die gleichen Sehnsüchte, Wünsche und Bedürfnisse wie jeder andere Mensch. Mit der Zeit lernst du, wie sich andere in bestimmten Situationen verhalten, und imitierst deren Verhalten um nicht aufzufallen. Dies nennt man in der Fachsprache „Maskieren“. Trotzdem bleibt die Fehlerquote hoch. Wie gesagt, der König der Fettnäpfchen.
Unbewusst merkst du, dass du anders bist als die anderen, kannst jedoch nicht erklären warum. Dies führt unweigerlich zu einer Folgeerscheinung des hochfunktionalen Autismus. Mit etwa 16 hatte ich meine ersten Depressionen. Aber, wie das damals so war, Jungs und Depression, das kann nicht sein! Der ist doch dicht deppert! Ich hatte einfach meinen Winterblues und war etwas schwermütig. Erst mit Anfang / Mitte 40 wurde bei mir erstmals eine Depression diagnostiziert, aber woher?? Beim Würfeln hättest du eine höhere Trefferquote gehabt!
Und so stolperte ich durch’s Leben. Keine Freunde, keine Freundin! Das erste Mädchen, welches ich für mich interessieren konnte beschied mir dann auch nach einer haben Stunde knutschen und etwas fummeln totale Ahnungslosigkeit. Sie war schneller wieder weg, als ich sie hatte abschleppen können! Die Nächste hatte ich nicht auf dem Schirm. Sie hat sich für mich interessiert. Was war ich glücklich! Nach 2 Jahren Beziehung kam der erste Hammer, wobei ich es damals nicht so empfunden habe. Eines abends fragte sie mich, ob ich sie nicht heiraten wolle. Wenn nicht, solle ich es sagen, dann würde sie sich einen anderen suchen! Treffer, versenkt!!!
Ich sehe es fast bildlich vor mir. Den Einen von euch fällt gerade die Kinnlade nach unten, den Anderen bleibt die Spucke weg und die Dritten schmeißen sich weg vor Lachen. Ja, sie hat mich zur Ehe erpresst, denn ich habe damals „Ja“ gesagt! Heute ist mir das klar. Damals jedoch war ich in Panik. Keine Freundin mehr!!! Ich sah mich schon als alter Einsiedler in irgendeiner abgelegenen Höhle sterben. Lieber einen Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach.
Viele Jahre später habe ich sie mal darauf angesprochen. Sie meinte dann, sie wollte mir nur einen Schubs in die Richtige Richtung geben. Sie hatte ein Plan für ihr weiteres Leben und der sah zwei Kinder bis zu ihrem 30sten Geburtstag vor. Es war also nichtmehr viel Zeit, denn wir waren ja gerade 21 Jahre alt. Da muss man sich sputen!! Und so nahm das Leben seinen Lauf. Mit 22 war ich verheiratet. Es folgten 2 Kinder und ein Haus. Unsere Ehe hatte Höhepunkte und Tiefen. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Barbie ein erfüllteres Leben und mehr Sex hatte als ich. Dank der Regierung Schröder und „Papa Harz“ war ich inzwischen zur Arbeit ins Ausland abgewandert. Wir habe es angesehen, wie wenn ich auf Montage gehe. Unter der Woche war ich im Ausland auf Arbeit, und am Wochenende kann ich nach Hause.
Genau 30 Jahre nach unserer Hochzeit folgte der nächste Hammer. Vor 10 Jahren hat sie mir ihre weiter Lebensplanung vorgestellt. Sie wollte mich für ihre soziale Absicherung und Rente, sowie einen anderen zum Vögeln. An diesem Abend hat sie das bedingungslose Vertrauen, das ich all die Jahre in sie gesetzt hatte nicht etwa beschädigt, sondern regelrecht atomisiert! Sie wollte unsere Ehe mit Gewalt öffnen und ich wäre der Depp gewesen, der ihr dazu noch die Kohle anschleppt. Schon Wochen vorher wurde mir aus der Nachbarschaft zugetragen, dass in unserem Haus nur noch Leben ist, wenn ich nach Hause komme. Ich habe jedoch Aufgrund meines Autismus, wie ich heute weiß, die Zeichen der Zeit nicht erkannt. 2 Monate später habe ich sie dann „von Hof und Acker“ gejagt und die Scheidung eingereicht, nachdem sie während eines Wochenendes an dem ich daheim war über Nacht bei „ihren Freunden“ geblieben ist. Es folgten bei mir die Scheidung, eine Urlaubsliebe, ein ONS und eine weitere zweijährigen Beziehung, nach deren Ende ich mich wegen Suizidgefahr in den psychiatrischen Notfall begeben habe. Dort wurde dann auch die Verdachtsprognose des Autismus diagnostiziert. Anschießend schlug die Seuche zu und ich musst mit meiner Therapie aussetzen. Inclusive Bestätigung der Verdachtsprognose bin ich seit 3 Jahren wieder in Behandlung und seit über 5 Jahren ohne Beziehung.
Dann, vor etwa 3 Wochen, fand ich beim Stöbern den JOYclub und stieß im Forum auf folgende Frage des Themenstellers: Offene Beziehung: Wie komme ich damit klar? Der Artikel hat beim Lesen innerhalb von Sekunden alles getriggert, was ich verheilt und therapiert geglaubt hatte. Die ganzen Therapieerfolge der letzten Zeit, alles am A….. Seither taumle ich von einem Depressionsschub zum nächsten.
Fazit für mich: Alleine werde ich die Verletzungen meiner Seele nicht bewältigen können! Hierzu habe ich mir professionelle Hilfe gesucht und auch gefunden. Dabei wird mir „mein Freund“ Asperger immer irgendwie im Wege stehen. Als Hilfsmittel habe ich für mich das Aufschreiben meiner Gedanken entdeckt.
Für mich habe ich festgelegt, sollte ich wieder Schmetterlinge im Bauch haben, ich meine potentielle neue Partnerin schnellstmöglich mit den Thema Asperger vertraut zu machen, um von vornherein hier Klarheit zu schaffen, weil ich manchmal anders reagiere als „normale“ Menschen. Sollte ihr dies nicht behagen, wird sie es auch später nicht verstehen. Alles weitere kann dann nach und nach erfolgen.
Sollte ich mich in gewissen Bereichen missverständlich ausgedrückt haben, sorry, ich bin Handwerker, nicht Kopfwerker. Ansonsten stehe ich gerne bei Fragen zu Asperger zur Verfügung.
Solltet ihr Schreibfehler finden, dürft ihr sie gerne behalten.