Selbst Vertrauen
Die Hemmung, dem geliebten Geschöpf Schmerzen zuzufügen, ist ja zunächst "normal" und verständlich. Blöd wird es dann,. wenn der geliebte Partner genau daraus seinen erotischen Kick bezieht. "Wenn du mich liebst, dann schlag mich jetzt!" Dann gerät man unter Zugzwang. Wird an die eigenen Grenzen geführt. Also wird es spannend. Denn eine Entscheidung tut not: will ich es lernen, Schmerzen zuzufügen oder nicht?
Ich mache mir Gedanken gerne dadurch in ihrer Tiefendimension bewusst, indem ich sie ins Extrem zerre: "Wenn du mich liebst, dann tötest du mich jetzt!". Geben wir dem Wunsch nach? Der vieldiskutierte Fall Mewes klingelt in meinem Gedächtnis.
Das Verlangen, dass ich Schmerzen zufügen soll, bringt mich radikal vor mich selbst, bringt mich in eine Situation, in der ich mich
entscheiden muss. Alle moralischen Ausflüchte, mit der ich meine Schuld zu mindern trachte, sind durchsichtig nachträglich konstruiert. Entweder ich
will ihr (ihm) weh tun oder nicht.
Ich glaube, das kickt mich, wenn ich zum Schlag aushole. Dieses Bewusstsein, mich entschieden zu haben. Mit allem Risiko, dass es der berühmte Schlag zuviel gewesen sein könnte.
Ich lerne, härter zuzuschlagen, weil ich
Vertrauen gewinne. Vertrauen zu meiner Entscheidung, sie glücklich zu machen, indem ich es tue. Vertrauen in meine Fähigkeit, die Situation einzuschätzen: tut es ihr wirklich noch gut oder bildet sie sich es nur ein? Und was heisst schon "wirklich"?
Ich kann mich hinter ihrem Masochismus nicht verstecken. Vielleicht nimmt sie Dinge hin, die sie noch am übernächsten Tag auf dem Bürostuhl vor ihrem Büroschreibtisch noch quälen. Das will ich nicht.
Ich muss entscheiden, wie viel Schmerz ich ihr zufüge.
An diesem Entscheiden glaube ich zu reifen. Dass sie mir mit ihrer masochistischen Lust diese Chance bietet: ist ein weiterer Grund, sie zu lieben.
stephensson
art_of_pain