Ein Rat, der mir einmal gegeben wurde:
Frühstens nach drei Monaten körperlich intim werden. Länger als drei Monate können sich die wenigsten verstellen, und die meisten wollen es auch nicht. Wenn es nach drei Monaten immer noch keinen Sex gab, dann werden die, die es mit dem Respekt und den Grenzen nicht so ernst nehmen, sich nicht länger verstellen.
Für mich war das ein krasser Gedanke, denn ich dachte immer: Besser, man stellt möglichst früh fest, ob es im Schlafzimmer passt.
Aber irgendwann ist mir klar geworden, dass ich mich dabei nie wirklich sicher genug gefühlt habe. Es musste immer nur jemand quasi Fremdes sein, damit es mir im Herz nicht so wehtut, wenn man respektlos mit mir ist. Das wird aber auch nicht besser, wenn ich selbst nicht den Respekt vor mir habe, erst mal darauf zu achten, ob ein Typ jemand ist, wo ich mich emotional sicher genug fühle, um mich dann auch körperlich verletzlich zu machen.
Ist also ein etwas ungewöhnlicher Rat, und er schützt garantiert nicht vor allem Bösem auf der Welt. Aber seit ich mich daran halte ... Na ja, ich hatte seitdem keinen Sex mehr, aber ich habe ganz schrittweise wieder gelernt, Männer nicht mehr darauf zu reduzieren, ob sie da übergriffig sind oder nicht, sondern sie wieder mehr als interessante und mehrdimensionale Wesen zu betrachten, mit denen man auch mal einfach so befreundet sein kann.
Das führt so ganz langsam und schrittweise dazu, dass sich die eigenen Ansprüche erhöhen. Und je nachdem, wo das passiert, finde ich das auch ganz gut. "Ist nicht gewalttätig" reicht nämlich noch nicht aus, um einen tauglichen Mann zu definieren, bei dem man sich langfristig wohl und sicher fühlen kann!
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Ich habe übrigens vor Kurzem ein Kennenlernen abgebrochen, bei dem ich wirklich erst ziemlich lange dachte: Das wird was, das ist ein ganz besonderer Mann, bei dem werde ich mich wohlfühlen. Grund war einfach nur ein kleiner Satz an einer Stelle, wo wir unterschiedlicher Meinung waren. Er kommentierte meine Auffassung zu einem Thema mit "Das wird dir später leidtun", und erklärte dann, warum mein Weg seiner Ansicht nach nicht funktionierte.
Nur ein kleiner Satz.
Aber mein Bauchgefühl schrie Alarm.
Ich habe dann nicht sofort das Kennenlernen abgebrochen, sondern nachgefragt. Da kam dann aber kein "Au weia, sorry, ich hab mich total im Ton vergriffen, geht gar nicht", sondern, dass es nur seine "Meinung" sei.
Dass etwas, was ich für mich und mein eigenes Leben entschieden habe, dazu führen würde, dass ich es bedauere, so entschieden zu haben. Das war seine "Meinung".
So ein kleines Detail reicht inzwischen, dass ich sage: Nö. Wird nichts mit uns. Mein Bauchgefühl stimmt nicht mehr. Wenn du hier über mich rüberbügelst, ganz leise nur, ganz klein, ganz minimal ... Dann wirst du es wieder tun.
Nein.
Ist schwer, das zu lernen, und manchmal ist man ganz schön einsam dadurch. Aber das hat bei mir dazu geführt, dass ich jetzt andere Freundschaften intensiviere, und dann bin ich weniger einsam, auch wenn es nach wie vor keinen Sex gibt.