„Find das einfach nur schlecht erzogen und unfassbar undankbar wenn jemand einem etwas schenkt und man dann rumnörgelt oder noch schlimmer das weiter zu verschenken.
Ich nehme das Zitat einfach mal als generalisierte Aussage, weil das so oder so ähnlich schon mehrfach kam. Bitte keinen Angriff rauslesen; ich möchte aber gerne einen anderen Aspekt in den Raum zur Diskussion stellen.
Ich (m) bin eigentlich im Herzen Minimalist und sehe Materielles oft genug als "Ballast". Wenn man mich fragt, was ich mir wünsche, nenne ich immer vergängliches (wie ein gemeinsames Essen), gemeinsame Erlebnisse oder schlicht einfach gemeinsame Zeit (in der ein- oder anderen Form).
Schenken und beschenkt werden ist in jedem Fall eine subjektive und emotionale Sache, und ganz oft geht es gar nicht um das
was geschenkt wird, sondern um den Akt an sich. Ich glaube aber, dass es in ganz vielen Fällen ein sehr gut getarntes Ego-Ding ist. Es geht oft gar nicht um das Schenken an sich, sondern um das
gute Gefühl für einen selber, das dabei entsteht. Man meint es Gut und will den anderen irgendwie bereichern; aber das passiert meiner Meinung nach in den Fällen
nicht, in denen da "was dranhängt" ("strings attached", wie der Dengländer sagt), nämlich die Erwartung: Wertschätze es, verschenke es auf keinen Fall weiter, und Freu dich gefälligst. Das ist aber insgeheim aufs eigene Ego gerichtet, in diesen Fällen. Man will vor sich selber in besserem Licht dastehen.
Ich bin zur Erkenntnis gelangt: Wenn ein Geschenk
wahrhaftig des Schenkens wegen stattfindet, dann darf der gedankliche Schenkfokus rein auf dem Akt der Übergabe liegen. Bezüglich des Objekts selbst darf es keinerlei Auflagen geben, und auch keine Aufladung/Projektion des Ego des Schenkendens. In Konreten Worten: Wenn ich eine Schneekugel herschenke, und der beschenkte verkauft die tags drauf bei ebay, und ich fühle mich dadurch herabgesetzt - dann war das ein Geschenk an mich selbst, und kein wahrhaftiges Geschenk.
Ich sehe das auf der Empfängerseite so: Wenn ich die Schneekugel verkaufe und damit zu Geld mache (eine für mich viel bessere Option, weil Geld der ultimativ einsetzbare Gutschein ist UND keinen Platz und Wartung braucht), dann habe ich das eigentliche Geschenk ja nicht aus der Hand gegeben, sondern umgewandelt. Und da ich dadurch besseren "Nutzen" ziehen kann, ist das eigentlich sogar im Sinn des schenkenden - es sei denn, es ging ihm nicht um
mich, sondern darum, sein Ego zu pflegen. Ganz abgesehen davon impliziert der Akt der Schenkung einen Übergang des Besitz- und Nutzungsrechtes, und ich hasse es, wenn man mir vorschreibt, was und wie ich mit meinem Eigentum verfahren soll/darf. Das ist dann kein Geschenk, sondern eine Last, man schenkt mir "Fesseln", bindet mich, ohne mich zu fragen und ohne Möglichkeit, das abzulehnen.
Letztendlich bedeutet für mich persönlich ein jeder Gegenstand, der bei mir rumsteht, Zusatzaufwand und Ballast (es braucht Platz in der Wohnung, es muss abgestaubt und irgendwann vll. repariert werden, ...). Das ist die Kehrseite von Auflagen alla "du darfst es nicht verkaufen oder weiterschenken".
Es gibt ganz wenige Gegenstände in meinem Besitz, die für mich einen so hohen emotionalen Wert besitzen, dass ich sie trotz fehlendem konkreten Alltagsnutzen aufbewahre. Der Rest ist in mir drin, in meinen Erinnerungen und Gefühlen gespeichert.
Genau deshalb habe ich für mich vor Jahrzehnten beschlossen: Ich wünsche mir nichts materielles, und wenn es unbedingt was handfestes sein muss, hilft mir Geld am meisten; viel lieber ist mir einfach was immaterielles.
Ich habe folgerichtig in der Familie und Freundeskreis kommuniziert, dass ich keine materiellen Geschenke haben möchte. Dadurch gehe ich jetzt entweder oft "leer aus" (oder bekomme ne Flasche Wein oder so), weil die Leute halt oft auch einfach nicht abseits von diesen "Geschenkenormen" denken wollen und ihre Zeit dann am Ende halt doch kostbarer für sie selber ist.
Oft "verkappt" ist dann, wenn das Geschenk auch noch selbstgebastelt ist, aber letztendlich ist das auch nur ein Tarnmaneuver: Man hat ja "Zeit geschenkt" (nein, hat man nicht: Man hat eigene Zeit
verwendet, einen physischen Gegenstand herzustellen; von der begleitenden Freude beim z.B. malen, hat der beschenkte aber nichts, das Gefühl der "Aufwertung" passiert allein beim Herstellenden; und ich finde es, abgesehen von wenigen Beispielen, übergriffig, wenn mir das dann als "Zeit für dich" verkauft werden soll). Als Beispiel: Ich finde es super, wenn ich mir einen Schal wünsche (weil ich wirklich einen brauche) und mir der dann geschenkt wird. Es ist auch eine gutgemeinte Geste, wenn der dann Selbstgestrickt ist. Aber von den 6 Stunden Strickarbeit hätte ich lieber mit dir 3 in einem Cafe verbracht und einen ähnlichen Fertigschal genommen.
Ein Beispiel, wo ich das nicht so sehe ist, wenn z.B. meine Kinder mir was basteln, oder wenn es aufgrund der Umstände unmöglich ist, die Zeit miteinander zu verbringen.
Sorry für den Rant. Das ist auch nur meine persönliche Sicht der Dinge, wie gesagt, jeder empfindet das anders. Aber mir war wichtig, auch diese Seite beleuchtet zu wissen.