Hallo,
nun, eigentlich schreib ich hier praktisch nix, sondern les nur mit, und das auch nur sehr unregelmäßig, aber ich denke, nun sollte ich doch mal was zurückgeben (insb. Dir Hanjie, denn Deine Posts treffen für mich mit schöner Regelmäßigkeit den Nagel auf den Kopf).
Wie habe ich meine Neigung erforscht?
Schwierig. Nun, rückblickend betrachtet waren da schon im frühesten Kindesalter (ab ca. 4 Jahren) Träume und Spiele, die einen deutlichen Bezug zu D/S und Bondage hatten - nur dass mir das natürlich nicht klar war. Das ging hin bis zu einem Nachmittag im Alter von ca. 11-12 Jahren, an dem eine Freundin und /me auf dem Dachboden spielten, wir seien gefangen, und uns 3 oder 4 Stunden lang abwechselnd mit Wollresten an die Dachbalken fesselten.
Als dann später die ersten Phantasien auftauchten, so ca. mit 13-14, war es von Anfang an immer D/S und Bondage, nie auch nur ein einziges mal normaler Sex. Lustigerweise war ich bei den kindlichen Spielen und bei meinen ersten Phantasien immer der Sub-Seite zugetan - und mit ca. Mitte 14 änderte sich das plötzlich (mit einer Übergangsphase von vielleicht 3 Monaten). Erst wollte ich nicht mehr alleine von einem Mädel gefangen genommen und gefesselt werden, sondern zusammen mit einem weiteren Mädel, und schließlich wollte ich derjenige sein, der gefangen nimmt und fesselt. Und seit dem bin ich auf der Dom-Seite (und frage mich, wie es zu solch einem Wandel kommt - gibt es für soetwas Auslöser?)
Von diesem Punkt an fand ein Erforschen allein auf der Phantasie-Ebene statt - auch weil ich mich nicht traute, mit irgendjemandem darüber zu reden (lag womöglich an meinem Elternhaus: dort war Erotik bäh, Sex ein absolutes und vollkommenes Tabu, und was dann SM gewesen wäre ... keine Ahnung). Und entsprechend wenig hab ich meine Neigung verstanden, geschweige denn akzeptiert. Ich dachte, ich sei auf dem Weg, ein Vergewaltiger zu werden, und mir ging es richtig mies damit ...
... und da dann wieder rauszukommen hat lange gedauert. Sehr lange. Die Initialzündung dafür war, dass ich (mit 22 Jahren) ein Mädel kennenlernte. Wir wurden ein Paar, und sie lehrte mich nach und nach den ersten Schritt: Selbstbewusstsein (etwas, was ich bis dato nicht besaß). Und natürlich kamen auch Fragen a la "was hast Du für Phantasien?", und nach und nach, ganz langsam, war ich in der Lage, sie ihr zu erzählen. Parallel mit der dadurch angestoßenen Beschäftigung wuchs der Wunsch, mehr darüber zu erfahren, über die (Eltern- und selbstinduzierte) BDSM-ist-abscheulich-Sozialisation hinaus, und ich wagte mich ins Internet - und lernte nun erstmalig, dass es mehr als nur mich gibt, die so sind, so denken, so fühlen; und insbesondere, dass es Frauen gibt, die den passenden Gegenpart für mich darstellen, die das mögen!!! Gerade letzteres war für mich unheimlich wichtig, denn plötzlich kam dadurch die Erkenntnis "Du nix Vergewaltiger, wenn die da vor Dir das mag und das auch will!!!". Und ich fing noch etwas an, dass mich beim Erforschen gewaltig weiter brachte: ich fing an, meine Phantasien aufzuschreiben. Dies war in so fern entscheidend, da ich nun mich selbst ausprobieren konnte, mich selbst austesten konnte: was mag ich, was mag ich nicht - oder, anders ausgedrückt: wer bin ich.
Erst mit diesen drei Schritten war ich endlich (mit 28, also seit rund 2 Jahren) in der Lage, dazu zu stehen - und damit zu mir selbst zu stehen.
Tjo, inzwischen weiß ich, wie ich ticke, und dass das ein Teil von mir ist. Ich habe ihn akzeptiert, und zu einem gewissen Grad gar lieben gelernt. Er ist mir (inzwischen) wichtig, und wichtig geworden. Doch ausleben kann ich ihn nicht, und werde ihn wohl auch nie ausleben können, denn ich habe mich in das Mädel, dass ich vor ca. 8 Jahren kennen lernte, längst unsterblich verliebt, und inzwischen geheiratet. Sie ist die richtige für mich, the one and only - aber Bondage oder gar SM ist nicht ihr Ding.
Viele Grüße!
~Lugh