hmmm
Moin,
ich frage mich, wenn ich die Befürchtungen, Vorsichtigkeiten und Sicherheitsbedenken hier so lese: Bin ich so naiv und fahrlässig oder könnte der eine oder die andere etwas mehr Zutrauen zu den eigenen Intuitionen ganz gut gebrauchen....
Ich glaube wenn man/frau so eine Phantasie eines Dark-Dates im Kopf hat und dann auf der Suche ist nach einer passenden Besetzung für seinen eigenen Film, dass dann die Gefahr einer Ernüchterung durchaus gegeben ist. Das gilt aber für jede Phantasie, wenn Mitspieler dazu benutzt werden, um einen Ego-Film zur Realität werden zu lassen.
Wenn das Ziel das Ziel ist, bleibt der Weg dorthin zumeist auf der Strecke.
Als ich ein Dark-Date erlebt habe, hatte ich davor keinerlei Phantasien in dieser Richtung im Kopf. Es war nicht geplant, es hat sich kurzfristig ergeben.
Ich hatte die Frau im Chat eines Internet-Spiels kennengelernt. Wir haben dann rasch auf ICQ privatisiert und einige Wochen lang nur mit Buchstaben kommuniziert. Für mich war das Internet damals noch völlig neu und ich war zunächst nur neugierig (und zugegebenermaßen skeptisch), ob man und wie man miteinander in Kontakt kommen kann. Und war überrascht, wie viel Vertrautheit in wenigen Wochen auf diese Weise entstehen konnte. Dann kam ihr Vorschlag: Ich möchte Deine Stimme hören. Fand ich klasse. Wir haben einige Male telefoniert. Ich mochte ihre Stimme. Dann sagte sie irgendwann: Ich möchte in Deinen Augen lesen. Fand ich wieder klasse.
Kurz und klein: Sie wollte nach Bremen kommen und ich machte mir einen Knoten im Kopf. Nicht weil ich irgendwelche Vorbehalte hatte. Ich habe ein großes Zutrauen zu meiner Intuition und kann mich darauf verlassen, dass ich meine Grenzen sofort spüre und nicht erst, wenn es zu spät ist. Nein, ich machte mir den Kopf, ob sie all die Vorbehalte und Unsicherheiten haben könnte, die hier in verschiedenen Beiträgen schon angeklungen sind. Ist ihr das unangenehm, mich in meiner Wohnung zu besuchen? Gehn wir lieber erst an einen neutralen Ort? Was essen, sie hat doch Hunger nach der langen Fahrt? Oder machen einen Spaziergang, Bewegung hilft bei Unsicherheit?
Dann klingelte das Telefon: Sie hätte ein mulmiges Gefühl. Wie soll das gehen, wenn wir voreinander stehen und uns das erste Mal sehen? Hallo, komm rein, ich mach dann erstmal einen Tee? Worüber soll man reden? Reden?
In dem Moment entstand meine Idee. Ich sagte ihr: Wir brauchen nicht zu reden. Wir legen uns aufs Bett und nehmen uns in den Arm und schauen, was passiert. Nur berühren und fühlen. Tasten, Riechen und vielleicht Schmecken? Und ich mache die Wohnung dunkel, damit uns nichts davon ablenkt.
Das fand sie klasse Ich hatte noch eine Stunde, um die Wohnung zu präparieren. Nicht nur das Schlafzimmer, sondern auch Fenster und Türen zu verhängen und alle Schlitze, durch die ein Lichstrahl hätte funkeln können, mit Klebeband zuzukleben. Das war richtig Action, aber ich war auch froh, dass ich was zu tun hatte, um mich abzulenken. (Jetzt wo ich darüber schreibe, kommt das Gefühl dieser totalen prickeligen Aufgeregtheit wieder hoch. Der ganze Körper pochte und klopfte...)
Ich war gerade fertig, da klingelte es schon. Es war wirklich stockdunkel, so dass nicht einmal ein Schatten zu sehen war. Wir haben eine gefühlte Ewigkeit dagelegen und sind uns nur über Berühren, Tasten, Streicheln immer näher gekommen. Das war Gänsehaut pur!!! Wir haben nicht gesprochen, aber viel gehört: jedes Atmen, jedes Schnurren, jedes Brummen... Und irgendwann haben wir mit einer Selbstverständlichkeit miteinander geschlafen, als wären wir schon zehn Jahren ein Paar. Danach konnten wir auch wieder sprechen und irgendwann in der Nacht ging dann das Licht an.
Ich habe nie wieder versucht, ein solches Erlebnis zu wiederholen. Nicht weil ich an einer Einmaligkeit festhalten will, sondern weil es zu DIESER Frau passte. Und zu den Wochen davor, wie wir uns kennengelernt hatten. Das kann man nicht mit jemand anderem kopieren, denn viele würden bei einem entsprechenden Vorschlag wahrscheinlich schreiend weglaufen (wie die unterschiedlichen Meinungen in diesem Thread belegen...).
Was daraus wurde? Eine intensive und sinnliche Liebschaft über mehrere Monate (ich habe grundsätzlich keine Affären, weil ich das Wort so gräßlich finde). Die Entfernung von 600 km stand einem "mehr" im Wege und fast zeitgleich haben wir uns dann neu verliebt und den Kontakt abgebrochen.
Anekdote am Rande. Bis zu diesem Erlebnis fand ich Sex in Dunkeln verklemmt und spiessig und habe immer dafür gesorgt, dass ich der Frau in die Augen schauen konnte. Seitdem mache ich öfter das Licht aus, weil ich für mich entdeckt habe, dass (zumindestens bei mir) das Sehen mit dem Denken eng verknüpft ist und andere Sinneswahrnehmungen behindert.
Warum sonst machen so viele Menschen beim Küssen die Augen zu?
Thorsten