Eine HIV-Reihenuntersuchung kann nur in den Köpfen von Bürokraten entstehen, die keine Ahnung haben. Auf die Idee sind Mediziner schon bei Einführung des HIV-Tests gekommen und haben sie als blödsinnig verworfen. Nicht wegen des Datenschutzes oder anderer ethischer Bedenken.
Schlicht aus dem Grund, weil kein Test existiert, der für eine Reihenuntersuchung geeignet wäre. Und zwar (nicht abschrecken lassen):
Der Test hat eine "Spezifität" von 99,5%. Die 0,5% Fehlerquote bedeutet, bei 200 Untersuchungen zeigt er 1x ein falsch positives Ergebnis, obwohl der Untersuchte HIV-negativ ist.
Auch die Sensitivität liegt bei 99,5%. Die 0,5% Fehlerquote bedeutet, bei 200 Untersuchungen zeigt er 1x ein falsch negatives Ergebnis, obwohl der Untersuchte HIV-positiv ist.
Deshalb ist er für eine Reihenuntersuchung nicht geeignet. Die Erklärung dafür wird kompliziert, also aufgemerkt:
Weil HIV in nicht-Risiko-Gruppen selten ist, befinden sich in einer großen Zufallsgruppe auch wenig Erkrankte. Nehmen wir an, unter 100000 Menschen finden sich 1000 Kranke, also 99000 Gesunde (ca 1% HIV).
Wenn man nun alle durchtestet, kommt als Ergebnis raus:
• 98505 HIV negativ, richtig erkannt (99,5% Sensitivität)
• 495 HIV positiv, obwohl sie gesund sind (0,5% Fehler)
• 995 HIV positiv, richtig erkannt (99,5% Spezifität)
• 5 HIV negativ, obwohl sie erkrankt sind (0,5% Fehler)
Man sieht: Von den insgesamt 1490 HIV positiven Testergebnissen sind tatsächlich nur 995 erkrankt (ca 66%). Ein Drittel der bei einer wilden Testerei als HIV abgestempelten Personen hat die Krankheit gar nicht! Das zieht notwendige Folgetests mit enormen Umständen und Kosten nach sich, um die wieder rauszufiltern. Das ist für eine Reihenuntersuchung natürlich viel zu ungenau.
Für Reihenuntersuchungen müssen 2 Kriterien erfüllt sein: Erstens ein hoch sensitiver und spezifischer Test und zweitens eine häufig auftretende Erkrankung!
Willkommen in der wunderbaren Welt der Mathematik. Bei großer Fallzahl machen sich eben auch kleine Fehler bemerkbar.
Insofern ist die Frage nach den Persönlichkeitsrechten bei der HIV-Reihenuntersuchung vielleicht nett und interessant, spielt aber in der Realität keine Rolle, da es (noch) keinen HIV-Reihentest gibt und die Krankheit für eine solche Methode zu selten ist (außer, man filtert sich vorher Risikopatienten, damit die Häufigkeit der Erkrankung in der Stichprobe zunimmt).