Ich sehe die Gesellschaft als einen Körper. Wir sind die Zellen, viele, viele kleine Zellen, die in der Gesamtheit die Gesellschaft ergeben.
Das Wichtigste unseres Körpers ist der Zusammenhalt der Zellen, ihre Kommunikation. Da Wichtigste, was unsere Zellen haben, ist nicht die DNA, die gehört zu unserer Anlage. Da Wichtigste der Zellen ist die Fähigkeit, mit anderen Informationen auszutauschen. Sobald diese Fähigkeit gestört ist, liegt eine Verletzung oder eine Blockade vor.
So sehe ich das auch in der Gesellschaft.
Der Serienkiller ist unter Garantie einer, der die Kommunikation verloren hat. Meist schon in jungen Jahren. Er will aber kommunizieren; es ist das Wichtigste, was der Mensch in der Gesellschaft hat.
Ohne Gesellschaft geht es keinem gut. Das liest man hier im Joyclub in den vielen Profilen nur zu deutlich. Deshalb mag ich diesen Sexclub. Er ist ein Kommunikationsmodell für Viele, die merken, dass sie im herkömmlichen Leben 'unterkommunizieren', egal, ob körperlich oder geistig. Sie wollen ein Mehr an Kontakt. Gut so! Und gerade gut so bei Menschen, die kommunikative Vorlieben einer Art haben, die gesellschaftlich weniger anerkannt sind.
Je einsamer die Menschenzelle, desto aggressiver wird ihr Drang zu kommunizieren, sich mitzuteilen. Im Extrem zu sehen beim Amokläufer, beim Serienkiller und anderen 'auffälligen' Zellen.
Leider ist es immer zu spät, wenn solche Menschen sich endlich 'mitteilen'. Würden wir mit einer Kamera die Entwicklung eines solchen Menschen von Geburt an dokumentieren, dann sähe jeder schnell die Ursache des sich anbahnenden Unglücks.
Da hätten die Eltern doch was merken müssen.
Da hätte der Lehrer sich doch mal mit beschäftigen müssen.
Da hätten ihn die Freunde doch nicht fallen lassen müssen.
Vielleicht hatten die Eltern keine Zeit für ihn, weil sie keine Kohle hatten und sich überdies noch aus Stress fürchterlich zankten jede Nacht.
Vielleicht hat der Lehrer den sensiblen Kleinen gar missbraucht, seine Schwäche ausgenutzt.
Vielleicht haben die Freunde den, der nicht so gut angezogen und immer ungekämmt in die Schule kam, als Objekt ihrer Demütigungen ausgesucht.
Dinge, die ständig passieren, immer und überall, oft unbemerkt und im Einzelfall für einen Jungen vielleicht verkraftbar. Lass mal drei/vier dieser Begebenheiten zusammen kommen. Da igelt sich der Junge ein und versucht trotzdem, ein Mann zu werden. Stirbt jeden Tag ein wenig mehr in seiner Kommunikationslosigkeit. Kein gutes Wort, keine Streicheleinheit, kein Lächeln, dafür Unsicherheit, aus dem Weg gehen, schnell die Tür zu, nur nicht auffallen...
Das ergibt eine arge Einsamkeit. Die wird immer schlimmer, Unsicherheit macht keine Freunde und führt zu Reaktionen, die uns unangemessen erscheinen, aber für den Jungen die einzige Möglichkeit darstellen.
Im Extrem bleiben zwei Möglichkeiten: Explosion oder Implosion. Aggressive Kommunikation nach außen oder nach innen.
Amoklauf oder Selbstmord.
Wer hat Schuld?
Vergeben wir ihm oder uns, dem Gesellschaftskörper?
Unverzeihlich bleibt am Ende das Fehlen an Kommunikation.