hmmm. Liebe aus Angst vor Einsamkeit
So ganz werde ich das Gefühl nicht los, daß der Threadersteller, auch wenn er im Eingangspost viel von jungen Frauen spricht, von der Angst vor Einsamkeit keineswegs frei ist, und das die eigentliche Motivation für diesen Post ist.
Aber nun meine ganz persönliche Ansicht dazu.
Die Beziehung zu meiner Liebsten pflege ich nun schon seit 21 Jahren.
Die Liebe in all den Jahren hat sich immer wieder verändert, von Angst motiviert war sie dabei nie. Sicher gab es Zeiten, wo die Beziehung auf dem Prüfstand war, wo die Liebe ein fast verlöschendes Flämmchen war.
Es gab Zeiten, da war sie (wie wohl immer zu Anfang) ein loderndes Feuer, andere Zeiten, in denen sie eine beständige sanfte Glut ist.
Sicher bin ich mir, das uns
Angst nicht über all die Jahre getragen hätte.
Eines ist uns allerdings schon seit langer Zeit klar:
In letzter Konsequenz ist der Mensch einsam. Das empfinde ich nicht als schlimm, sondern es ist für mich die Einsicht, daß ich mich mit einem anderen Menschen austauschen, ihm unglaublich Nahe sein kann - emotional ebenso wie körperlich, aber letztendlich werde ich nicht mit meiner Partnerin verschmelzen. Den Schmerz den ich fühle, wird sie nachempfinden können, aber er bleibt in mir.
An meiner Freude kann sie teilhaben, aber sie bleibt in mir. Usw. und umgekehrt.
Anschaulich ist da vielleicht das Beispiel der Geburt:
Ich kann als Mann dabei sein, meiner Frau nahe sein und ihr beistehen.
Aber der Schmerz und die Anstrengung unter der Geburt, die hormongetränkte Glückseligkeit in der ersten Zeit der Glückseligkeit, all diese Emfindungen bleiben in ihr. Die auf mich überstrahlenden Empfindungen sind umgekehrt letztlich nicht ihre, sondern meine eigenen, die durch die Wahrnehmung der Gefühlsäußerungen meiner Frau bei und nach der Geburt, in mir entstehen.
Nirgendwo wird man, so vermute ich, die Einsamkeit so stark spüren im Moment des Sterbens, dem Moment im Leben, wo alle Illusion des Begleitet-werdens nicht mehr trägt.
In lezter Konsequenz ist der Mensch einsam: Seit uns das klargeworden ist, ist unsere Angst vor Einsamkeit nicht mehr all zu groß.
Ich halte es für eine der großen Aufgaben in der eigenen Persönlichkeitsentwicklung, zu erkennen und zu akzeptieren, daß wir als Individuen in letzter Konsequenz mit uns allein sind.
Und offengestanden entsteht für mich erst aus dieser Einsicht die Fähigkeit zur Nähe.
lg erwil