Amateurfotografie = Hobbyfotografie?
Hi Leute,
wenn ich in der Überschrift was von notgeilen Spannern lese wird mir übel. Habt Ihr eigentlich eine Ahnung, was allein das Equipment kostet? Die ständige Weiterbildung? Wieviel Arbeit man investiert bis man zu guten Ergebnissen kommt? Nee, notgeile Spanner findet man wohl eher im nächsten Stripclub ... oder sind das dann Amateurkritiker?
Natürlich gibt es immer einige Spinner, die glauben mit einer Billigcam und einer Anzeige bereits zu den Amateurfotografen zu gehören. Von daher finde ich einige der Erkennungsmerkmale, die hier genannt wurden, schon recht zutreffend. Trotzdem habe ich noch zu einigen Punkten etwas zu sagen:
Bildrechte und Modellvertrag, TfP oder Payshooting
Ich fotografiere jetzt seit gut 25 jahren. In dieser Zeit hatte ich kein einziges Payshooting. Ich betreibe die Fotografie als Hobby und das erwarte ich auch von meinem Modell. Daher ist in meinen Modellverträgen auch stets festgehalten, daß die Bilder nicht gewerblich genutzt werden und die Bildrechte beim Modell verbleiben (mit Ausnahme der Archivierung und Bearbeitung). Warum das? Ich denke man kann von einem Hobbymodell nicht erwarten, daß es per Blankoscheck alle Rechte abtritt. Menschen ändern sich, Lebensumstände ändern sich, persönliche Einstellungen ändern sich. Heute noch begeistert, möchte das Modell vielleicht in zwei Jahren nichts mehr von den Aufnahmen wissen. So etwas sollte bei der Arbeit mit Amateuren berücksichtigt werden. Bei professionellen Fotomodellen sieht das natürlich anders aus - aber die werden dafür auch bezahlt.
Aufanhmen in der Wohnung des Modells
UM HIMMELS WILLEN ... wer sich das antun möchte ... bitte sehr!
Privaträume sind nur in den seltensten Fällen für gute Aufnahmen geeignet. Selbst wenn ein ausreichend großer Raum zur Verfügung steht, müssen oftmals noch Fenster verhängt werden, spiegelnde Flächen abgedeckt werden etc. Bis man dann auf gute Ergebnisse kommt kann durchaus schon mal ein halber Tag mit Möbelrücken, Abdecken usw. vergehen. Wenn man dann berücksichtigt, daß ein einzelner Studioblitz mit Softbox mal eben etwa einen Quadratmeter an Stellfläche verschlingt ...
Also ich gehe da schon lieber in ein Mietstudio und kann direkt anfangen, mit dem Licht zu experimentieren. Oder halt Outdoor.
Begleitperson
Ist Standard und sollte auch dabei sein. Außerdem kann man sie, gerade bei Outdooraufnahmen, ganz gut als Lichtassistent einsetzen
. Die großen Reflektoren haben nämlich die unangenehme Eigenschaft, setzt man sie auf ein Stativ, sich bei der kleinsten Windboe selbständig zu machen. Ich versuche die Begleitperson immer mit einzubeziehen und habe damit ganz gute Erfahrungen gemacht. Außerdem ist das Modell dann sicherer im Auftreten. Auch nicht von Nachteil ...
Fotograf = Spanner?
Bei einem Shooting nimmt die eigentliche Aufnahmezeit nur einen ganz geringen Teil der insgesamt in das Projekt investierten Zeit ein. Da sind vorab klärende Gepräche zu führen, geeignete Lokalitäten zu finden, ggf Requisiten zu beschaffen, die Ausleuchtung auszutesten (bei Outdoor ggf. zu verschiedenen Tageszeiten) usw. Als Amateur geht man in der Regel nicht jeden Tag mit hübschen nackten Frauen um und eine Maschine ist man auch nicht. Als ich mit der Aktfotografie angefangen habe (da war ich so um 20 also in der heißen Phase der Sturm- und Drangzeit) kam es schon einmal vor, daß ich ein Shooting abbrechen mußte. Heute bin ich älter, ruhiger und glücklich verheiratet. Da ist die Gefahr dann nicht mehr so groß
. Trotzdem muß ich sagen daß ich trotz aller Konzentration auf die technischen und künstlerischen Aspekte des Shootings auch immer etwas aufgeregt bin. Das als Spannerei zu bezeichnen halte ich aber für übertrieben.
Anfragen mit persönlichen Daten
Also ich frage NIE direkt mit persönlichen Daten an. Meist bekommt man gar keine Antworten oder aber Absagen (was mir lieber ist als keine Antwort ...). Wenn Interesse besteht unterhält man sich ohnehin erst mal per CM. Dann kommt irgendwann das Thema Modellvertrag auf den Tisch und den sende ich normalerweise vorab. Da steht dann auch Adresse, Telefonnummer, E-Mail etc. drauf. Ich frage allerdings auch nicht nach Telefonnummern o.ä. Wenn sich das Modell entschlossen hat ein Shooting in die engere Wahl zu ziehen ist m.E. der richtige Zeitpunkt für die Bekanntgabe der Daten. Dann wird man eh' beginnen miteinander zu telefonieren.
Webseite als Kriterium für einen Fotografen?
Begeisterung für ein Aktshooting ist nicht gleichbedeutend mit Begeisterung für eine Veröffentlichung. Ich persönlich habe auch gar kein Interesse daran meine Fotos öffentlich auszustellen. Ich halte mich strikt daran diskret zu bleiben - für viele meiner Modelle war das übrigens der ausschlaggebende Punkt ein Shooting mit mir zu machen. Ich habe auch keine Beispielmappe oder ähnliches.
Beutefang?
Ich glaube nicht, daß sich eines meiner Modelle jeh als Beute gefühlt hat. Wenn man eine Anfrage an ein potentielles Modell stellt, besonders wenn eine Leidenschaft fürs Fotografieren schon im Profil steht, ist das doch OK, oder? Irgendwie ist man doch immer auf der Suche und wer nicht fragt ...
Vielleicht noch etwas zum Verhältnis Fotograf-Modell (Hobbybereich):
Viele stellen sich das so vor daß der FG beim M klingelt, sich das Modell auszieht (womöglich im Beisein des FG) und dann werden mal eben die Fotos gemacht.
Sooooo geht das nicht!
Zunächst mal muß man sich kennenlernen. Vertrauen zueinander bekommen. Man sollte sich sympatisch sein.
Dann ist es wichtig ohne Druck zu arbeiten. Es muß nicht beim ersten Shooting schon zum Vollakt kommen. Vielleicht kommt es überhaupt nicht zu Aktaufnahmen ... auch das ist OK. Wenn ein Modell sich zum ersten Mal von einem Fotografen ablichten läßt muß der FG über ein entsprechendes Einfühlungsvermögen verfügen. Forderungen sind da fehl am Platz.
Manche Modelle stellen es sich ganz toll vor fotografiert zu werden und stellen am Set fest, daß sie ihre Hemmschwelle nicht überwinden können. Das ist halt das Risiko wenn man mit Amateuren arbeitet. Dann hat der Fotograf freundlich zu bleiben.
Mir ist mal von einer jungen Frau berichtet worden daß sie von einem Fotografen in einem Waldstück zurückgelassen wurde und per Anhalter nach Hause fahren mußte. So etwas gehört meiner Meinung nach angezeigt (Nötigung).
Für das Um- und Auskleiden sollte immer ein abgetrennter Bereich vorhanden sein. Ferner ist es ratsam, daß sich das Modell in den Pausen bedecken kann. Aber ich schweife ab ...
Trotzdem noch etwas Wichtiges: Es ist stets auf die Sicherheit am Set zu achten. Baufällige Gebäude u.ä. eignen sich einfach nicht.
So, nun ist mir ja doch einiges aus der Feder (Tastatur) geflossen. Vielleicht noch ein Fazit: Notgeile Spanner eignen sich nicht zum Fotografen.
Grüße
Stefan