Karnickeln versus Zelebrieren
Oha, welch ein Thema. Diesem kann man sich ach, doch von noch so vielen Seiten annähern oder die vielfältigsten Perspektiven dazu betrachten, es ist und bleibt unerschöpflich.
Eins ist mir in meinem Leben jedoch bewusst geworden, dies auf meinem Weg vom agilen, kraft-strotzendem und die Welt verändern wollendem Jungspund, hin zu einem Bestager40+, der immer noch agil, jedoch bedächtiger, seine Kräfte besser einteilender, und vor allem um meine ureigen-sten Stärken und Schwächen sowie der mit mir in Kommunikation stehenden Partnern sich bewusst ist.
Das Thema enthält solch eine große Unerschöpflichkeit wie nur möglich, und so individuell, wie wir Menschen doch selbst auch sind.
Grundsätzlich bin ich jedoch der Ansicht, dass diese Frage vom Grunde her betrachtet, einer zwing-end holistisch und funktional-systemisch orientierten Betrachtungs- und Herangehensweise bedarf, will man den Versuch wagen, diese aus seiner ganz individuellen Perspektive heraus beantworten zu wollen.
Doch zwingt sich nicht unweigerlich erstmals die Fragestellung auf, woraus jeder Mensch eigentlich besteht? Prinzipiell kann dies beantwortet werden, dass jeder Mensch aus seiner ureigensten Trini-tät von Körper-Geist und Seele, gepaart mit ganz persönlicher Individualität und interaktiv-kom-munikativen Erfahrungswerten zwischen ihm und der ihn umgebende Umwelt und seines sozialen Umfeldes. Trotz der dadurch zugrunde liegenden Differenziertheit, ist jedes Individuum nach Voll-endung der, in der Welt vorherrschenden Dualität bestrebt. Hierzu verfolgt es drei Grundarten von Vereinigungsbestrebungen: Sex, Eros und Agape. Die rein physisch-körperliche, die physisch-see-lische und die kontemplative, kognitiv-mentale Form. Jedoch ist hierbei über deren Formvarianten und spielerischen Variabilitäten noch nichts ausgesagt.
Legt man die Betrachtung auf das "poppen", so landet man unweigerlich beim Sex. Prinzipiell handelt es sich dabei um ein ureigenstes menschliches Grundbedürfnis, das den Absichtszweck der Arterhaltung dient. Um dieses bewerkstelligen zu können, gehören von daher schon mal mindes-tens zwei Individuen dazu. In seiner evolutiv basierten und vitalen Orientierung ist jedes Lebe-wesen von Haus aus nicht ausgereift und von daher schon gar nicht perfekt in seinen Handlungen. Es bedarf einer Phase der Anleitung, des Lernens und des Ausprobierens. Je besser dies stattge-funden hat, umso gezielter kann später die Ausschau nach einem Zweckbezogen geeignetem Ko-pulations- und Zielbezogen potentiellem Brutpartner erfolgen, um aus dieser vereinigenden Ver-bindung heraus einen größtmöglichsten Nutzen für alle Beteiligten und auch das mundane System erwirken zu können. Eindeutig ergibt sich daraus ein egozentriertes Leistungsgepoppe und seine Grenzen und Möglichkeiten ausprobierendes Karnickeln, dies gleichzeitig dabei aber auch, um die Kopulationsattraktivität von sich festzustellen.
Doch sobald der Bereich der animalisch basierten Triebbefriedigung verlassen wird, eröffnet sich uns das Gebiet der Erotik. Erotik beginnt sich also dann auszubilden, wenn das Primärbedürfnis "poppen" sich mit der Lust auf Spüren und Erleben wollen verbindet. Erotik ist somit guter, er-füllender Sex, was wiederum das Wissen um eigene sowie fremde Bedürfnisse und Wünsche vor-aussetzt. Letztendlich ist Erotik, bzw. das Erleben dieser, somit eine fundamentale Charakterfrage. Erotik kann sich nur ausbilden, sofern dessen Basis sich aus Offenheit, Zugänglichkeit, Verständnis und bedingungsloses Vertrauen bildet, was dadurch wiederum das sichere Gefühl von Geborgenheit voraussetzt.
Bei der Erotik spielt erstmals der gezielte Stimulus aller Sinnesorgane wie Körper / bewegen; Haut / fühlen; Augen / sehen; Mund / reden, schmecken; Ohren / hören; Nase / riechen eine ganz ge-wichtige Rolle. Zudem erlangt eine nicht geringe Wichtigkeit auch die Beachtung, das Beobachten, Interpretieren und das Schlussfolgern von facettualen und nuanzierten Zeichensetzungen unserer jeweiligen Kinetik, Gestik und Mimik. Es bleibt dahingestellt ob bewusst oder unbewusst. Auf alle Fälle wird Neugierde geweckt. Neugierde auf Mehr, auf Tiefer und Weiter - auf Verschmelzung zu einem gefühlten Eins.
Denn letztendlich spielt die subtil gekonnte Modulationen von Haltung und Stimme, der Einsatz un-serer Kleidung, unserer Haare und des von uns benutzten Duftlockstoffes eine wichtige Rolle. Erst in dessen Komplexität eröffnen oder verschließen sich entsprechende Ein-, bzw. Ausblickmöglich-keiten, was wiederum eine nicht unbedeutend, uns allumfassend aufreizende Rolle bei den ge-genseitigen Annäherungsversuchen spielt. Dazu benutzt der Mensch verschiedene, erstmals un-verfängliche Möglichkeiten der Kontaktaufnahme, bestimmt durch sozial verbindende Aktivitäten wie z.B. dem Tanzen. Berührungen beginnen fernab unserer Körpermitte und sind erstmals nur flüchtig. Dann beginnen sie sich zu zentrieren und eindeutiger, längerzeitiger und nachdrücklicher zu werden.
Ist erstmals ein engerer Kontakt hergestellt, so beginnen unsere Sinnesorgane im gegenseitigen Wechsel zu tanzen und in unserem Gehirn beginnt ein pyromanisches Kaleidoskop freigesetzer Sexualhormone.
Doch die fundamentalste Eigenschaft bei der Erotik ist - und dies ist absolut wichtig, wir brauchen Zeit. Zeit zum Erleben und Zeit zum Genießen.
Denn nur so können wir uns selbst kennen, uns entwickeln und zunehmend ausreifen und uns kon-trollieren lernen. Wir erwerben Geschicklichkeit im Umgang mit uns selbst und mit dem Gegenüber.
Wir lernen unsere Kräfte und Möglichkeiten gekonnt einzuteilen und somit den Moment der Freude, der Lust, des Verlangens, der Begierde zu verlängern und hinauszuzögern. Wir haben in unseren Köpfen und Körpern das MÜSSEN und SOLLEN minimiert, getragen von KÖNNEN und DÜRFEN.
Sex ist Pflicht - Erotik ein Geschenk!
Es zählt nicht mehr so der eine Augenblick, der Leistungs- und Versagensdruck. Wir haben gelernt zu Spielen, mehr die Situationen selbst und das Drumherum zu berücksichtigen, die Gefühle ins Spiel zu bringen und aus dem animalischen Sex eine Körperkunst werden zu lassen. Die trinitale Vereinigung zweier Individuen zu zelebrieren und gemeinsam zu alles erlösenden Höhepunkt zu geleiten. Nicht das Ich, sondern das Wir steht im Mittelpunkt. Nicht das wettkampforientierte "Ich bin Erster", sondern der partnerschaftliche Staffellauf, denn gemeinsam macht das ungezwungene Spielen das aufeinander eingehen viel mehr Spaß und Freude.
So könnte man ununterbrochen dieses Thema weiterführen.
Doch sicher ist eins. Erotik ist keine grundsätzliche Frage des Alters, sonder eine der Erfahrungs-werte und der Bereitschaft sich Ein- und Fallen lassen könnens, getragen von der Gewissheit, weich aufgefangen und gehalten zu werden. Mag kommen oder passieren was will. Bedingungslose Ver-trautheit, basierend auf den unsrigen inneren und äußeren Reizwahrnehmungen und unserer In-telligenz, auch Verantwortung nicht nur für Sich sondern auch für den Partner übernehmen zu wol-len (Safer-Sex).
Die erotische Kunst besteht letztendlich darin, alle Zeichen und Signale zu einem einheitlich Gan-zem verbinden zu können. Automatisch ergibt sich somit daraus, dass man nur aus dem Erfahren-em, dem nachweislich eindrücklich Gespürtem, wie auch dem uns in der Erinnerung Verbleiben-dem, etwas lernt. Demzufolge beeinflusst nicht die Masse sondern die Klasse unserer sexbasierten erotischen Kontakte den späteren Entwicklungsweg, vom archaisch-poppendem Sexritual, hin zum kunstvoll zelebriertem, alle Sinne erotisierend stimulierendem, nachhaltig wirkendem Erlebnis.
Doch dies bedarf wie schon gesagt, neben Zeit und Lebenserfahrung auch den Mut zur Spontanität. Setzt Wille und Bereitschaft für Phantasie und Kreativität voraus. Die Freude spielen zu wollen und zu überraschen. Verlangt neben Vertrauen und sich fallen lassen, treiben, hingeben können, auch die absolute Offenheit und Angstfreiheit in jeglicher Form. Das Wissen und die Kenntnis eigener Unzulänglichkeiten, gepaart mit dem Wunsch nach gemeinsamem Austausch, Erlebens und vonein-ander in ungezwungener Experimentierlust Lernen zu dürfen. Das Suchen, Finden, Ausprobieren lassen. Das sich finden, trennen und erneut sich verbindend aufeinander intensiviertere Eingehen wollen, ohne dabei die eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen und sich ganz und gar auf seinen Partner somit einlassen zu können. Die größte Erfüllung in der Erotik ist, ihm das Er-lebnis des Allesgebenden anbieten, gewähren und gar schenken wollens. Das kann jedoch nur ge-lingen, wenn dessen Wünsche und Bedürfnisse bekannt sind. Wenn das Gegenüber, der Partner geschätzt, geachtet, respektiert und gewürdigt wird in seiner Individualität und seinen ureigensten Charakter- und Wesenszügen.
Nochmals die Frage des Alters in den Mittelpunkt stellend. Erotik - auch die subtil feine, frivole Art ist wie ein guter Tropfen Wein. Erst mit der Zeit der Reifung erhält er seine Individualität. Wird vollmundig und geschmacklich ausgereift. Erhält Farbe und Charakter. So auch bei den Menschen.
Ich finde, dass gerade die rassigsten und klassisch erotischen Wesen, diejenigen sind, ab 30-35+ bis zu meinem derzeitigen Bezugsalter, +/- 5 Jahre.
Nun, all das klingt logisch, leicht, basiert auf vielen Gesprächen und Erlebtem. Auf Gehörtem und Gelesenem - und ist doch letztendlich die unerschöpfliche Summe vielfältigster Aspekte auf dem jeweils ganz individuellem Entwicklungsweg zu dem eines, freien, unabhängigen und toleranten Freigeistes im Sinne der sexualagapalen Erotik.
Doch zuletzt mal ehrlich eingestanden, ist es nicht ein sehr schönes Gefühl, wenn man aufeinander sich aufreizende Sehnsucht, Lust, Verlangen, Leidenschaft und bedingungslose Hingabe spürt und erfahren darf? Und was ist es letztendlich, was wir dabei tief in uns empfinden? Dieses uns stetig antreibende Gefühl?
Es ist Tiefe, es ist Verbindendes, es ist nackte Wahrheit, es ist Pur, ist Wahr, und ist einfach - "Saugeil"!