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Heisst das jetzt, dass wir immer erst dann Hoffnungen besitzen, wenn wir selbst einen Sinn im Leben sehen?
Ich denke nicht, dass wir immer erst am Tiefpunkt unseres Leben ankommen müssen, um Sehnsüchte geweckt zu bekommen. Ich bin sogar der Meinung, wenn wir ganz unten sind, gibt es nur den Antrieb zu überleben. Ob wir dabei eine helfende Hand nutzen, T-shirt, Schultern oder Taschentücher unter Wasser setzen oder doch Sinnsprüche, Lebensweisheiten oder die Bibel unseres Glaubens zitieren, diese über das Bett, an den Kühlschrank, in die Gruppen posten, in denen wir uns hier aufgeboben fühlen, kann und sollte jeder für sich entscheiden. Gerade Letzteres, das Zuhören einer älteren Generation mit ihren verschiedenen Ansichten über das Leben, gaben mir nach dem Meer meiner schmerzerfüllten Tränen, den Antrieb zu sagen: Sie haben Recht; Der Sinn des Lebens besteht nicht darin, in einer schmerzerfüllten Trauer, die Altlasten meiner Vergangenheit in die Zukunft zu tragen.
Ich traf Menschen, die etwas erreichten, von dem ich nicht einmal zu träumen wagten, nicht ein einziges Mal mit der Tiefe des Lebens ins Berührung kamen, Menschen, die aus diesem Grund gar keine helfende Hand sein konnten, weil sie diese Trauer, diesen Schmerz nicht aufnehmen konnten. Doch sie besaßen diesen Zauber, die Welt mit ihren Augen zu sehen, Utopien zu malen. Sie erzählten von ihren Träumen und während sie es taten, malten sie mit ihren Händen, mit ihrer Mimik ihrer Gestik ihre Träume in die Luft, auf Papier in den Sand.
Das war die Generation, zu der ich gehören sollte. Man hat gelernt, etwas im Leben zu schaffen, Dinge zu verändern, sich und andere zu begeistern, Illusionen wahr werden zu lassen, das Leben mit ihren Ideen, ihren Gedanken zu bereichern, sei es in der Kunst, in der Philosophie, in der Erziehung, im Aufarbeiten der Geschichte zur Ansicht für die Zukunft, in der Wirtschaft oder gar in der Politik. Wer bin ich, dass ich daran nicht teilhabe? Wer werde ich sein, wenn ich mich nicht selbst antreibe? Warum habe ich keine Träume mehr?
Ich bin dankbar, dass ich nicht viel erzählen musste. In der realen Welt kennen eine Handvoll Menschen meine gesamte Story. Wer bin ich, dass ich anderen mein Leid erzähle? Was kann derjenige damit anfangen, mein Leid mit anderen zu teilen? Geteiltes Leid ist halbes Leid. Nöö, selbst wenn ich erzählt habe, blieb das Leid bei mir. Je mehr der Mensch wieder entfernte, kam das Leid im vollen Umfang zurück.
Was treibt mich also an, einfach nur zu leben?
Da steht ne Kerl vor mir 1,98 groß, schlank, im Business zu Hause, im Business lebend und faselt von Haus, von fernen Ländern, von Projekten, die mit seiner Art zu erzählen, irgendwie schon da zu sein scheinen. Er erzählt mir von der Zukunft so als wäre sie real. Ich schaue ihn als 33 Jährige an und frage wie ein kleines Kind: Glaubst du an den Weihnachtsmann?
Er sieht mich mit seinen strahlenden Augen an und sagt als Mann: Ja, weil ich weiß, es wird viele Engel geben, die mich bei der Erfüllung meiner Aufgaben begleiten werden. Manche werden eiskalt sein und mir die Schatten zeigen und manche werden so warmblütig sein, dass sich mich ablenken werden, bremsen und meine Kraft rauben. Aber es wird so viele Engel geben, die mein Leben wie ein Geschenk bereichern werden. Glaubst du das nicht auch?
Doch doch
und was wünscht du dir von der Zukunft?
Jepp, damit hatte er mich getroffen. Was will ich überhaupt und was kann ich erwarten?
Weit entfernt davon, ob mir die Liebe noch einmal begegnet oder nicht, hat allein dieser Gedanke: Wer bin ich, was kann ich, wo werde ich einmal sein, angetrieben Hoffnungen für den nächsten Tag, für die nächste Stunde und für das kommende Jahr zu schüren.
So facettenreich wie ich bin, sprudelten Tausend Träume irr duch den Kopf, aber ich hatte wieder welche
und galt sie mal alle anzupacken und nach Sinn und Unsinn zu fragen.
Unsinn war damals, unter den bescheiden schönen Umständen eine Beziehung führen zu wollen. Sinn war es damals, mir erst einmal wieder eine Perspektive fürs Leben zu schaffen, die mal so ganz anders sein wird wie in der Vergangenheit.
Die Basis ist jetzt da und jetzt macht es für mich auch Sinn, die Liebe und das Leben zu teilen. Abrutschen kann ich jetzt nur noch, wenn ich mich selbst aufgebe. Dafür brauche ich keinen Mann mehr, um es mal so krass zu sagen.
Der viel beredete Umkehrschluss des Letzten Satzes wird in der Logik dieses mal nicht funktionieren, so wie er in vielen anderen Fällen auch nicht funktioniert.
Die Frage bleibt, wo und wann träumen wir? Wieviel wissen wir über unsere innere Kraft, die uns antreibt, einfach nur an uns glauben zu wollen und was und wann kann man den Glauben zu uns wecken?
Wenn wir hoffen und uns so vieles wünschen, warum bleiben dann so viele Träume der Fantasie überlassen und so viele Wünsche unerfüllt?
Fehlt uns die Zeit, die Kraft, die Idee, der Mut zu leben?
Wir alle scheinen irgendwann einmal zu scheitern?
Warum stehen so viele von uns immer und immer wieder auf und gehen weiter, denken um und verändern und andere bleiben im Status Quo oder geben sich freiwillig der Unlust hin?
Ist es das Fehlen von Anerkennungen, die Suche nach Bestätigung, Lohn, der Verdacht, Hohn und Spott zu ernten, gar Angst, Fehler zu machen, die dafür sorgen, dass es gar nicht erst wagen zu Träumen?
Wie wichtig ist das Träumen, das Wünschen, das Hoffen?