Erst mal müsste man die Begriffe klarer definieren. Der Unterschied zwischen wollen und sehnen kann ein Synonym für das Auseinanderdriften von Gefühl und Verstand sein. Dann ist die Frage, wo setze ich meine Priorität - halte ich den Verstand für echt und setze ich darauf, dass sich Gefühle, nachdem ich verstanden habe, dass sie eigentlich gar nicht rational zu rechtfertigen sind nach dieser Erkenntnis auflösen, oder setze ich darauf, dass die Gefühle echt sind und nutze den Verstand dafür, um sie zu erklären und zu rechtfertigen. Beides geht.
Oder, interpretiere ich sehnen und wollen als den Unterschied zwischen meinen Vorstellungen/Traumwelten und meinen Plänen/der Realität. Die beiden Herangehensweisen an das Thema sind sich sehr ähnlich. Die Ansicht Gefühl=Traumwelt/Vorstellung/irrational (und nicht wirklich gerechtfertigt, eben so Weiberkram) und Verstand=planbar/Realität ist in der patriarchalischen Gesellschaft, die wir haben, weit verbreitet. Aber es ist nicht das gleiche. Ein Gefühl ist etwas anderes als ein Traum oder ein Wunsch.
Ein Gefühl ist real - und die Realität der Gefühle löst i.d.R. Träume und Wünsche aus (hat sich gut/schlecht angefühlt und daraus die Folge, will ich nochmal erleben/will ich künftig vermeiden), in ungleich intensiverem Ausmaß, als der Verstand das kann. Nur lassen sich Gefühle, im Gegensatz zu verstandesorientiertem Verhalten, nicht planen, weil sie sehr stark abhängig von äußeren Reizen und Einflüssen sind - dieses Ich, Ich und nochmal Ich, ich will und ich zieh es durch, das strikte planen und umsetzen nach verstandesorientiertem Muster funktioniert in den Gefühlswelten nicht, zumindest nicht, wenn man offene Sinne hat (nach dem Muster kann man Brücken und Atomkraftwerke bauen, aber für Zwischenmenschliches taugt es nicht, weil sich Menschen eben nicht wie Materialien verhalten).
Es kann aber auch passieren, dass Gefühle Vorstellungen und Wünsche in einem auslösen, die sich so manifestieren, dass sie die Sinne verschließen und zur unerfüllbaren Sehnsucht werden - eben wenn man sich nach einem Gefühl richtet, das mal da war und das man wieder haben will, obwohl der äußere Auslöser des Gefühls längst verschwunden ist. Und dann versucht man verkrampft, ein Plagiat einer Sache zu finden, die es so gar nicht mehr gibt.
Deshalb ist es glaube ich schon wichtig, zwischen Gefühlen und Träumen/Wünschen zu unterscheiden und sich bei Sehnsüchten immer zu fragen, ob die überhaupt noch aktuell sind, oder ob das nur ein eingefrorenes Gefühl aus vergangenen Zeiten ist.