@ Taishar
Auf die Gefahr hin, von einigen anderen mißverstanden zu werden respektive unqualifizierte Antworten à la
Wer hat es denn noch nötig sich selbst zu befriedigen?
zu kassieren, möchte ich doch ein wenig ausführlicher auf Deine Frage eingehen.
In meinem Eingangspost hatte ich zwei Varianten der Selbstbefiredigung gegenüber gestellt, Das Ganze angeregt von einem anderen Thread zum Thema ungleichen Verlangens.
Auf der einen Seite Selbstbefriedigung...
aus dem (mitunter frustriertem) Gefühl der bloßen Triebabfuhr- weil der Partner gerade, oder auch wie an anderer Stelle diskutiert, öfters - nicht in Stimmung ist
auf der anderen Seite jene, die mit Liebe, Zeit und Phantasie kultiviert und zelebriert wird.
Beide Arten sind mir nicht unbekannt:
Nun, ich denke, den wenigsten von uns wird von klein auf beigebracht, uns wirklich selbst wertzuschätzen, die (ich meine hier die emotionale, nicht die körperliche) Liebe zu sich selbst hat in unserem Kulturkreis (und wohl nicht nur hier) einen recht geringen Stellenwert.
Mir scheint es - gerade wenn ich hier im Joy die vielen Threads mitlese, (z.B. "Partner braucht weniger Sex als ich", oder "erotische Wünsche und `Neins`") daß viele Probleme letztlich darauf zurückgehen, daß wir dazu neigen, uns in unserer Wertigkeit durch unseren Partner und seine
Liebesbezeugungen bestätigen zu lassen.
Das führt zu einer Unzahl von Erwartungen aneinander und daraus folgend zu Enttäuschungen, Frustrationen und so weiter.
In meiner nun schon über 20jährigen Beziehung kenne ich, bedingt durch das einstmals deutlich geringere Verlangen meiner Liebsten durchaus die -ich überspitze es mal - "frustrierte Triebabfuhr per Selbstbefriedigung" wo man doch eigentlich Sex mit dem Partner wollte; und zwar eben nicht allein, weil man ihn so liebt, sondern eben auch, weil man gerne in seiner Wertigkeit bestätigt werden möchte.
Diese Form der Selbstbefriedigung ist im Grunde alles andere als befriedigend, und auch ich habe sie als schlechten Ersatz empfunden.
Zumal die Erwartungshaltung, die ich damals leider noch hatte, für das Verlangen meiner Liebsten verständlicherweise auch nicht gerade zuträglich war.
Nun, ich bin froh, daß das seit noch nicht allzu langer Zeit hinter mir liegt.
Inzwischen, nach einiger Arbeit an meiner Persönlichkeitsentwicklung, habe ich es besser gelernt, die Bestätigung meiner Wertigkeit aus mir selbst zu schöpfen - und darum hat auch die Selbstbefriedigung eine andere Qualität bekommen.
Ich habe gelernt, auch Sex mit mir selbst erfüllend, und sinnlich zu gestalten. Das zelebriere ich nicht ständig - aber ich bin durchaus in der Lage mir für 2 Stunden einen zutiefst befriedigenden Abend zu bereiten.
Das ersetzt nicht den Sex mit meiner Liebsten! Und das schöne ist:
Das muß er auch nicht. Es ist etwas ganz eigenes, das
ich mir
Gutes tue.
Darüber hinaus hat meine - ich nenn sie mal: gesünder gewordene - Selbstliebe und aus mir selbst heraus bestätigte Wertigkeit dazu geführt, daß das Verlangen meiner Liebsten allmählich zunimmt. Einfach weil ich freier und entspannter mit ihr sein kann, ohne Erwartungshaltung.
Und infolge dieser meiner Erfahrung denke ich, daß die sich selbst liebevoll begegnende Selbstbefriedigung keineswegs Ersatz zum Sex mit dem Partner ist, sondern durchaus zu einer unabhängigeren, darum freiwilligeren Sexualität zweier Partner beitragen kann.
Oder wie heißt es - um es kurz zu sagen - so schön:
Wenn Du lieben willst, lerne Dich selbst zu lieben...
Ich hoffe, das war jetzt nicht allzu verschwurbelt und es steigt noch einer durch.
Gute Nacht und liebe Grüße
erwil