Wie schon so einige vor mir stoße ich mich etwas an dem Begriff "beziehungsunfähig". Ich habe dabei das Gefühl, daß (mal wieder) versucht wird, das menschliche Zusammenleben bis ins kleinste zu zerlegen, um dann effektiv mit diesen kleinsten Einheiten irgendwann einen Komplettbaukasten menschlicher Interaktion zu haben. Für Programmierer ist so eine Strukturierung sicherlich sehr effektiv, aber in Bezug auf Menschen...
Bevor ich zu sehr abschweife: Vielleicht passt "(unbewusst) beziehungsunwillig" besser? Unbewusst, da Du ja erstmal schon den Wunsch nach einer Partnerschaft hegst, Dir dabei aber anscheinend irgendwie ein wenig selbst im Wege stehst.
Und ein Armutszeugnis wäre es allenfalls, wenn es Dir jammernderweise egal wäre. Aber stattdessen setzt Du Dich damit auseinander, was sicherlich nicht einfach ist. Also schlag Dir derlei Gedanke bitte aus den Kopf.
Was eine Möglichkeit wäre(ja, ich verwende nochmal eigene Worte für etwas, was auch andere hier schon angesprochen haben) : Du füllst inzwischen den Raum Deines Lebens voll aus. Um das etwas auszuführen: Wenn eine Beziehung beendet wird, in der auch noch beide zusammen wohnen, und einer der beiden geht, dann ist da viel Raum, für einen neuen Partner. Dort wo die Möbel des/der Ex standen, kann jemand neues seine Möbel hinstellen, und in den täglichen Gewohnheiten ist eine andere Person schon irgendwo mit eingeplant.
Kommt jetzt längere Zeit niemand, so fängt man an, die leeren Stellen mit eigenen Möbeln aufzufüllen, und auch in der Lebensweise verringert sich zunehmend der Raum, der für eine andere Person dagewesen wäre. Und das erfolgt um so vollständiger, je länger dieser "Zustand" anhält.
Erscheint nun wieder jemand, der potentiell Dein Leben teilen könnte, dann steht der vor dem Problem, sich Raum in Deinem Leben schaffen zu müssen. Oder besser: Du müßtest ihm Raum überlassen. Und das ist nicht so einfach: Inzwischen hängt man an den Möbeln, die man hat, und möchte sie ungern rauswerfen, um Platz für irgendwelche Teile zu schaffen, die jemand anders anschleppt, und die einem vielleicht eh weniger gut gefallen. Man steht also vor dem Zwiespalt, etwas aufgeben zu müssen, um etwas zu bekommen(von dem man noch nichtmal sicher ist, wie lange man es mag, und ob es evtl. ne Mogelpackung ist) und zwar wesentlich mehr als jemand, der ein aktiveres Beziehungsleben hat.
Ich könnte mir vorstellen, daß der Endpunkt und Anfangspunkt Vertrauen ist, und zwar auch zum guten Teil Urvertrauen. Auch wenn ich zu den "Professionellen" ein zwiespältiges Verhältnis habe - hat Deine Psychologin da mal etwas erwähnt?
Durch Enttäuschungen kann auch dieses Urvertrauen angekratzt werden, und diese Verletzungen könnten dann wieder eine ganze Kette nach sich ziehen. An dieser Stelle zu empfindlich zu sein könnte bewirken, daß Du Komplimente aus
schlägst anstatt Dich von ihnen streicheln zu lassen. So würde dann auch die langsame Annäherung dieser anderen Person im Ansatz verhindert, und so letztlich auch die Nähe und das Kennenlernen, welche schließlich bei Dir die Bereitschaft oder sogar den Wunsch danach ergeben könnten, dieser Person Platz in Deinem Leben zu schaffen.
Letztlich bedeutet eine Partnerschaft immer Kompromisse einzugehen und Einschränkungen hinzunehmen - auf der einen Seite! Aber auf der anderen Seite kann aus dem, was man auf
gibt zusammen mit dem, was der Partner gleichermaßen tut, noch viel mehr erwachsen(nicht nur, weil man etwas aufgibt, nicht daß das falsch verstanden wird. Aber verschlossenes kann schlecht zusammen-wachsen).
Ich halte es nicht für falsch, jemandem, der sich für Dich interessiert, so etwas wissen zu lassen, also daß es lange Zeit brauchen wird für Dich, zu vertrauen und Nähe zuzulassen. Wer wirklich Interesse an Dir hat, der wird sich dadurch kaum abschrecken lassen.
Letzter Gedanke, was das Flirten betrifft: Mag es sein, daß Du da gleich mehrfachen Druck hast? Einerseits den Erfolgsdruck, also das Gefühl, nicht mehr Flirten zu können, obwohl Du gerne möchtest? Als nächstes dann die Angst vor dem Mißerfolg, und auf der anderen Seite gleich noch die Angst vor dem Erfolg, und was er so mit sich bringen könnte (wieder eine Enttäuschung, jemand der nur mit Dir in die Kiste will, oder gar jemand, der wirklich an Dir interessiert ist, aber wo Du dann wieder diesen steinigen Pfad des Vetrtrauens und des Versuchs, eine Beziehung aufzubaune, gehen müßtest). Die Angst und glaube ich auch die Angst vor der Angst wurde ja schonmal angesprochen.
Vielleicht läßt sich das wieder ein wenig auflockern, durch völlig nicht-zielgerichtetes Flirten. Einfach "Üben", ohne denjenigen wirklich näher kennenlernen zu wollen, einfach aus dem Spaß am Augenblick heraus. Das geht natürlich nur bis zu einem gewissen Grad, ohne Erwartungen zu wecken. Aber vielleicht ist das ein erster Schritt.
So, viel viel Text, und andere haben dazu bestimmt noch besseres zu sagen...
alles Gute,
Darki