amerikanische wissenschaftler haben festgestellt
Imposante Männer, jugendliche Frauen. Die Ergebnisse der Attraktivitätsforschung
gehören heutzutage fast schon zur Allgemeinbildung. Regelmäßig präsentieren die
Medien neueste wissenschaftliche Erkenntnisse: mal geht es um die zyklusabhängigen
Vorlieben der Frauen, mal um das ideale Verhältnis von Beinlänge und Körpergröße, mal
um Charaktereigenschaften, die besonders „männlich“ wirkenden Männern zugeschrieben
werden. Was als „schön“ gilt und was nicht, - darüber herrscht heute in Fachkreisen
weitgehend Übereinstimmung. Sozialwissenschaftler, die sich um 1970 als erste dem
Thema zuwandten, waren der Meinung, dass der persönliche Geschmack eine große Rolle
bei der Urteilsbildung spielt. Mittlerweile haben sich die Erkenntnisse von
Evolutionspsychologen und Biologen durchgesetzt. Zunächst belegten Studien Ende der
80er Jahre, dass gewisse Merkmale weltweit als „schön“ empfunden werden. Dann
fragten sich Forscher, warum das wohl so ist. Der Biologe Bernhard Fink von der
Universität Göttingen:
O-TON 3:
„Wir sagen, na gut, wenn manche Mechanismen und Merkmale beim Menschen gelten
und beim Menschen attraktiv sind, wie sieht das aus, gibt es da bei unseren
unmittelbaren Verwandten, bei nichtmenschlichen Primaten, etwa ähnliche Mechanismen
und Gesetzmäßigkeiten und versuchen das eben nicht auf den Menschen konzentriert zu
lassem, sondern auf andere Spezies zu schauen. Und durch das Zurückverfolgen anderer
Spezies, wenn dort dieselbe Gesetzmäßigkeit auch Gültigkeit haben, sozusagen diesen
evolutionären Hintergrund herauszuarbeiten. Das heißt, warum hat sozusagen das
weibliche Individuum beim Menschen dann bestimmte Charakteristika entwickelt auf die
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der Mann sozusagen im Zuge der Partnerwahl wieder achtet und umgekehrt gilt das
natürlich genauso.“
SPRECHERIN:
Natürlich bestreiten auch moderne Naturwissenschaftler nicht, dass es persönlich und
kulturell bestimmte Vorlieben gibt. Aber diese machen ihrer Meinung nach höchstens 50
Prozent der Wahrnehmung aus und ändern an den Forschungsergebnissen letztendlich
nichts.
ZITATOR:
„Statistisch zeigt sich dies in der Streuung der Daten um den Mittelwert.“
SPRECHEREIN:
Erklärt der Regensburger Psychologe Martin Gründl in seinem 2007 veröffentlichten
Aufsatz mit dem Titel „Attraktivitätsforschung: Auf der Suche nach der Formel der
Schönheit“. Er hat mit Hilfe einer so genannten Morphing-Software überprüft, was andere
bereits vermutet hatten. Und stellte fest: Ob ein Frauengesicht gut ankommt oder nicht,
hängt wirklich vom mehr oder weniger ausgeprägten Kindchenschema und bestimmten
Sex-hormone-markers ab, wie vollen Lippen. Seine am Computer generierten hochgradig
„typisch“ weiblichen Porträts gefielen den Probanten besser als „echte“ Fotos. Womit
auch die „Durchschnittshypothese“ belegt war, die besagt, dass eine perfekte Schönheit
allenfalls geringe Abweichungen vom Ebenmaß aufweist. Gründls Prototypen zeigten
keine Unregelmäßigkeiten. Aber exakte Größen und Längenverhältnisse idealer Formen
ließen sich trotzdem nicht definieren. Nur Rangreihenfolgen.
ZITATOR:
„Das Kuriose ist, dass man Schönheit messen kann, ohne präzise bestimmen zu können,
woraus sich Schönheit eigentlich zusammensetzt. Möglich ist das nur, weil man ein hoch
sensibles, extrem kompliziertes Messinstrument benutzt, nämlich den Menschen. Nur
durch Befragung von Menschen kann man herausfinden, wie schön ein Gesicht ist. Will
man von diesem „Messinstrument“ jedoch wissen, wie es zu seinem Ergebnis gekommen
ist, bekommt man keine brauchbaren Antworten.“
SPRECHERIN:
Was kein Wunder ist. Im Jahr 2000 fanden englische Hirnforscher nämlich heraus, dass
beim Anblick von Schönem der „Nucleus accumbens“ aktiviert wird; das ist das
Belohnungssystem im Gehirn, das Suchtverhalten fördert; andere Bereiche jedoch, die
eine kritische Wahrnehmung ermöglichen, stellen ihre Tätigkeit ein. Liebe macht also
wirklich blind. Aber der Evolutionsbiologe Bernhard Fink findet es letztendlich nicht
wichtig, ob zum Beispiel Nase und Oberlippe eines schönen Gesichtes wirklich in einem
Winkel von 105 bis 110 Grad zu einander stehen, wie einige plastische Chirurgen fordern.
O-TON 4:
„Weil solche Einzelmerkmale für uns nicht viel Bedeutung habe, wir sehen einen
generellen Bauplan dahinter, so etwas wie Symmetrie sozusagen, das betrifft nicht nur
das Gesicht, das betrifft den ganzen Körper, jemand der symmetrischer ist und
dementsprechend als attraktiver wahrgenommen wird, demonstriert nach Auffassung der
Biologie, dass er, dass dieses Individuum in der Lage war, negative Umwelteinflüsse
während seiner Entwicklung besser abzupuffern, demonstriert im Endeffekt eine gute
genetische Konstitution, und das ist offenbar genau das, was in der Partnerwahl eine
Rolle spielt, das Demonstrieren, das Zur-Schau-Stellen einer körperlichen Fitness, einer
genetischen Fitness, einer möglichst guten Partnerqualität.“
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