... die Liebe des Lebens, nur eine große Liebe...?
Also ganz ehrlich, das hört sich für mich genauso merkwürdig an, wie der beliebte Ausspruch: "die Hochzeit ist der glücklichste/schönste Tag im Leben".
Wenn mein Hochzeitstag der schönste Tag meines Lebens wäre, warum sollte ich danach noch weiterleben wollen?
Kann ja nur noch alles ein schaler Abklatsch von dem werden, was ich an diesem (einen!) Tag erlebt habe....
Ich finde das ist eine unsinnige, pessimistische und äußerst fatalistische Einstellung und hat für mich mit Romantik und Liebe nichts zu tun.
Es erinnert mehr an die Märchen, die allesamt nach der Hochzeit des Prinzen und der Prinzessin mit den Worten enden: "und sie lebten glücklich bis in alle Zeit..."
In jeder Altersstufe und in jedem Lebensalter gibt es wundervolle und wahnsinnig glückliche Augenblicke und wie langweilig wäre es ohne die Spannung des Lebens?
Was kommt noch auf einen zu, welche Überraschungen warten, wie geht alles aus etc...?
Und genau so steht es meines Erachtens nach mit der Liebe.
Wer daran glaubt, dass es nur eine große Liebe gibt, nimmt niemals Abschied, wenn diese geendet hat, und kann daher auch keine neue finden.
Er hat sich selbst nicht frei für diese neue Gefühlserfahrung gemacht. Der Platz in seinem Herzen ist immernoch besetzt, von einer - entschuldigt diesen Ausdruck - Liebesleiche...
Dabei sollte es vielleicht so sein, wie in Hermann Hesses Gedicht "Stufen" beschrieben (und genau so empfinde ich es auch):
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!