Praxistauglichkeit
hi stringbound!
Interessante Antworten.
Zum einen die Sache mit der Opferhaltung: So wie du es darstellst klingt es für mich als brauchbare, sogar richtige Sache. Eine Selbstreflektion mit der Frage "wo liegt meine Verantwortung" klingt völlig anders als eine Selbstverzweiflung unter der Frage "wo liegt meine Schuld". In diesem Sinne ist das Analysieren einer solchen Sache, wenn auch schmerzhaft, nicht unsinnig oder falsch, sonder Grundrichtig.
Allerdings ist es dabei wichtig eine neutrale Position gegenüber dem "Vorfall" einzunehmen. Ich würde behaupten, dass es zu oft vorkommt, das eine Selbstreflektion in einer "Schuldübertragung" mündet und die betrogene Partei den Partner versucht durch eigene Fehler zu entlasten. Gerade diese Fragen nach Ursache und Schuld sind ja die kritischen, die einen verzweifeln lassen.
Meine Freundin ist tatsächlich jünger als ich, sogar ein Stück. Allein von der Seite her hat mich diese Aussage sehr bewußt getroffen. Es folgten einige auch längere Gespräche, um dieses Feld zwischen uns wirklich zu klären.
Dein Gedanke ist mir daher nicht ganz unbekannt, er traf mich auch. Und verknüpft damit die Gegenfrage: Würde ich mich nicht betrogen fühlen, wenn sie mit einem anderen Mann schliefe und es in Ordnung fände?
Gerade diese Umkehr machte mich stutzig. Und auf der anderen Seite verdeutlichte es mir ihre Position.
Wenn ich mich beschreiben würde, wäre Eifersucht keine meiner Eigenschaften. Das liegt mit Sicherheit auch an ihr, denn sie gibt mir immer wieder das Gefühl unersetzlich für sie zu sein. Ich bin mir ihrer sehr sicher, so sicher das mich Bekannte schon gefragt haben, ob es mir nichts macht, wenn sie auf einer Party mit anderen Männern herumschäkert. Tut es nicht, denn ich vertraue ihr. Ich vertraue darauf, dass sie nichts tut, was mich verletzt. Mein Vertrauen liefert mich ihr aus, in einer absoluten Form. Einer Unbedingten.
Das führt zu einem Wendepunkt, denn ich bin nicht Superman, also nicht unverwundbar. Als Mensch bin ich verletzlich, als ausgelieferter Mensch sogar sehr. Was immer sie falsch macht, trifft mich, wird mir weh tun. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass sie nichts tun würde um mich zu verletzen. Das ich bei ihr in Sicherheit bin, geborgen. Mit meinem Geschenk der Offenheit ihr gegenüber, des blinden Vertrauens, trägt sie die Bürde der Verantwortung, mir gegenüber, uns gegenüber.
Selbstverständlich trage ich die selbe Bürde, denn ich habe das selbe Geschenk erhalten von ihr.
Dann war da noch deine Frage: Wenn ich es in Ordnung fände mit anderen Frauen als ihr zu schlafen, dann ist das kein Fremdgehen.
Meine Antwort ist, ja, so ist es.
Wobei ich den Drang nach einem weiteren Kommentar besitze: Es ist dann in Ordnung für mich, wenn ich es ohne ein schlechtes Gewissen tun kann. Mit ruhigem Gewissen trifft dabei auf die Theorie. Wenn sie es erlaubt, und wenn ich glaube das es wirklich für sie ok ist. Wenn ich gereizt werde von außen? Ist es ok in einer Situation in der ich mich selbst nicht kenne? - oder eher nicht?
In wie weit ist diese Regelung also überhaupt Praxistauglich? In meinen Augen funktioniert sie schon jetzt. Wenn ich überzeugt bin etwas zu tun, was ich ihr erzählen kann, tue ich es. Und sie ebenso. Bisher hat mich nichts von dem was ich erzählt bekommen habe verletzt, eher andersherum, erfreut. Einfach durch die Bestätigung unersetzlich zu sein, gemessen an egal was und egal wem. Einfach dadurch zu wissen das ich ihr keine Freiheit nehme, sondern im Gegenteil, mehr davon gebe. In dem ich weiß, dass wir uns nicht gegenseitig zwingen, sondern selbst verzichten.
Ist das zu Idealistisch?
Vor langem habe ich eine Entscheidung getroffen. Wenn ich nicht zu meinen Idealen strebe, wenn ich nicht an sie glaube, auf welcher Grundlage soll mein Leben dann bestehen? Was bliebe außer Zorn, Frust, Wut und Misstrauen?
Mich würde interessieren was du dazu denkst, Stringbound. Beim lesen deiner Beiträge hatte ich manchmal das Gefühl, Ideale haben bei dir keinen hohen Kurs, zu groß erscheinen die Differenzen zwischen Ziel und Realität. Stimmt das?
Hälst du diese Gedanken für zu theoretisch?
nächtlichen und nachdenklichen Gruß,
Scallawag