Als Domse Angst vor Kontrollverlust
Ich setz mich schon länger damit auseinander, dass ich so oft in der dominanten Rolle das Problem habe, dass ich mich selbst irgendwie blockiere. Angst davor habe, das auszuleben, was ich mir noch fünf Minuten vorher gewünscht habe - um dann hilflos und überfordert zu sein, wenn er dann tatsächlich vor mir kniet.Damit es keine Missverständnisse gibt: Ich bin eigentlich gar keine "Anfängerin" mehr. Seit mehr als drei Jahren hab ich als Switcherin unterschiedlicheste BDSM-Erfahrungen mit unterschiedlichen Männern gesammelt. Seit eineinhalb Jahren habe ich eine feste, glückliche Beziehung mit einem anderen Switcher (und evt. kommt da in absehbarer Zeit noch ein anderes polyamores BDSM-Pärchen dazu).
In unserer Zweierbeziehung ist durchaus Raum zum Reden. Mein Freund weiß von meinen "Problemen", auch wenn er so etwas umgekehrt in der dominanten Rolle nicht kennt. Er möchte mich gerne unterstützen, er hört mir zu (auch wenn ich selber nicht weiß, woran es liegt), und seit einem Monat haben wir z.B. auch die Abmachung, dass ich auch als Domse ein Safeword benutzen kann, wenn ich merke, dass ich wieder diese seltsame Angst kriege.
Klingt alles schon ganz gut?
Aber eigentlich möchte ich auch endlich einmal Dominanz und Sadismus ausleben können und dabei glücklich sein, ohne ständig Angst haben zu müssen. Ich könnte es doch! Ich habe den passenden Partner dafür. Jemanden, der einiges abkann, der sagen kann, wenn ihm etwas zu viel wird und der mich genug liebt, um mir auch "Fehler" zu verzeihen.
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Es gibt Tage, an denen klappt es richtig gut. Das sind die, an denen ich nicht nachdenke. Da bin ich böse, selbstherrlich, arrogant, kann ihn beschimpfen, in den Staub treten, für kleine Verfehlungen schlagen, für meine sexuelle Befriedigung benutzen, ihn als Fußschemel benutzen, während ich mit anderen Männern telefoniere, und, und, und... Und es ist für beide tierisch geil.
Wenn es immer so wäre, hätte ich kein Problem. Leider sind die anderen Tage häufiger. Die, an denen ich möchte, aber nicht kann.
Möglicherweise geht das noch auf frühere Vanilla-Zeiten zurück. Es ist sinnvoll, dass eine Sadistin ihre eigenen sadistischen Triebe erst mal unterdrückt - schließlich kann sie nicht hingehen und jeden Mann schlagen, den sie sexy findet. Bei mir hat das immer dazu geführt, dass ich müde wurde, wenn meine Libido sich aktivierte. Richtig müde. So müde, dass ich fast auf der Stelle einschlief - von einer Sekunde auf die andere. Und die komplette Libido war weg.
So konnte ich dann meist zwar keinen Vanillasex haben (oder ich überwand mich und ließ es über mich ergehen, obwohl die Libido - die kurz vorher noch hochgelodert hatte - komplett weg war), aber zumindest habe ich in früheren Beziehungen den Mann, den ich liebte, beim Sex nie geohrfeigt, angespuckt, geschlagen oder als "wertloses Fickstück mit einem Mickerschwanz" bezeichnet. Damals war es also durchaus sinnvoll, die gesamte dominant-sadistische Libido zu unterdrücken. Das ging damals so weit, dass ich mich ganz entschieden dagegen wehrte, beim Sex mal mit Handschellen oder Seidentüchern zu experimentieren. Das würde mir überhaupt nicht gefallen, sagte ich damals - obwohl ich in Wahrheit vermutlich unbewusst eher fürchtete, dass der Wall brechen könnte, den ich gebaut hatte, um ihn und mich vor mir selber zu schützen.
Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich mir damit auch eine Menge Spaß kaputt gemacht habe.
Heute ist da ein Mann, mit dem ich das alles ausleben könnte. Aber diese alte, inzwischen überflüssige Blockade funktioniert immer noch. Vielleicht habe ich es geschafft, ihn zu fesseln, aufs Bett zu binden, und ich halte eine Kerze in der Hand. Er ist mir ausgeliefert, ich könnte alles mit ihm machen. Das erregt mich. Ich kippe die Kerze, nur ein ganz bisschen, wir sind ja gerade erst am Anfang, und schaue ihm tief in die Augen. Ich sehe seinen Schmerz. Ich sehe, wie er beim Anblick meines verträumten Lächelns Angst bekommt (die seine Erektion noch härter macht), und diese Angst erregt micht so sehr, dass ich fast einen Höhepunkt bekomme.
Und dann - weg. Alles weg. Als wäre ich von einer Sekunde auf die andere eine komplett andere Frau. Auf einmal bin ich böse auf ihn, weil er mich in so eine Rolle drängt. Weil ich mich unter Leistungsdruck fühle. Auf einmal möchte ich ihn nicht mehr schlagen, weil mich das sexuell erregt und ich ihn sexy finde - sondern ich bin wirklich böse auf ihn, weil er mich "in die Ecke drängt" - so fühle ich mich dann zumindest.
Entweder, ich bringe die Session dann ihm zuliebe noch in kontrollierter Form zuende (so wie ich früher den Vanillasex über mich ergehen ließ), oder ich breche ab (das ist unsere neueste Variante), oder ich nutze die Wut über dieses Gefühl des "in-die-Ecke-gedrängt-Seins", um ihn aus diesem Gefühl heraus zu demütigen, zu beschimpfen und zu schlagen. Aber wenn ich es mache, weil ich wütend bin, dann bin ich ungenau. Dann treffen meine Schläge nicht sauber und dosiert genug, und wenn ich ehrlich bin, macht es so auch keinen Spaß. Danach fühle ich mich immer irgendwie schmutzig.
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Das muss doch auch irgendwie anders gehen?
Ich meine, da habe ich endlich mal den Mann, mit dem ich das meiste meiner dunklen Fantasien ausleben kann (manche der richtig dunklen Dinge bleiben besser auch nur Fantasie), jemand, der das genießen kann, bei dem das ganze eben nicht nur BDSM, sondern "Liebesspiel" sein kann - und dann blockiere ich mich bei drei von vier Malen selbst?
Kann mir irgendjemand da ein bisschen raushelfen?