Die Schwiegereltern, das Mehrgenerationenhaus und das Geld
Ich habe gerade ein Problem, das meine Beziehung sehr überschattet.Mein Freund und ich sind seit gut zwei Jahren zusammen. Das ist jetzt noch nicht soooo lange - aber wir haben in dieser Zeit mein Referendariat gemeinsam überlebt, und so etwas schweißt zusammen. Anders als bei früheren Partnern kann ich mir mit diesem Mann tatsächlich eine gemeinsame Zukunft vorstellen, ich wünsche sie mir - und ihm geht es mit mir ähnlich.
Das Problem ist folgendes: Ich bin jetzt, nach meinem Referendariat, seit einem Monat arbeitslos. Meine Abschlussnote ist nicht die beste, eher eine der schlechteren. Damit kann ich mir de facto abschminken, eine Stelle bei uns in der Nähe zu bekommen - bei 60 Bewerbungen auf eine Stelle ist meine aussichtslos. Ich muss mich also von hier wegbewerben. Das ist für eine junge Akademikerin (ich bin 27) ja durchaus nicht ungewöhnlich und ich habe immer damit gerechnet.
Das Problem ist weiter: Mein Freund (Industriemechaniker) hat hier Arbeit. Eine unbefristete Stelle. Die würde er wegen der schlechten Arbeitsbedingungen und mir zuliebe durchaus aufgeben, um mit mir zusammen fortzuziehen. Wir haben uns schon eine Gegend ausgesucht, in der er (wenn ich eine Stelle habe, da dort deutlich mehr gesucht wird als hier) die Technikerschule für zwei Jahre besuchen kann, um sich weiterzubilden. Die Technikerschule hätte er auch schon mit 19 machen können, er hätte nach dem Ende der Ausbildung wegen Bestnote ein Stipendium bekommen - aber seinen Eltern zuliebe hat er es nicht getan.
Stattdessen hat er mit seinen Eltern zusammen ein Mehrgenerationenhaus gekauft.
Und dieses Haus bindet ihn jetzt wie der sprichwörtliche Klotz am Bein an diese Gegend, in der es für mich keine Arbeit gibt. Mit 20 hat er zusammen mit seinem Vater den Kredit unterschrieben, als er von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen wurde - und jetzt ist er 24, der Vater ist genauso arbeitsos wie die Mutter und er zahlt den Kredit alleine ab. Die genauen Zahlen weiß ich nicht, aber die monatliche Summe ist vierstellig und er verdient in jedem Fall deutlich weniger als 2000 Euro netto.
Das bedeutet, wir haben nie Geld. Sein Konto ist immer im Minus, eine jetzt anstehende Autoreparatur gestaltet sich als Ding der Unmöglichkeit, wir können nie ausgehen und selbst der Lebensmitteleinkauf gestaltet sich zum Ende des Monats hin schwierig. Mein Hartz 4 ist ein Witz, da wir zusammenwohnen und als eheähnliche Gesellschaft gerechnet werden. Wir müssen für Lebensmittel seit meiner Arbeitslosigkeit die Vorräte seiner Mutter benutzen, wenn die zweite Hälfte des Monats anbricht.
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De facto ist es unmöglich, das Haus unter solchen Bedingungen zu halten. Das ist jedenfalls meine Ansicht. Aber seine Eltern verschließen sich jedem Versuch von ihm, mit ihnen darüber zu reden.
Heute war ich unten bei Schwiegermutter und habe versucht, in einem Gespräch das Thema zumindest mal anzuschneiden. Ich habe davon gesprochen, dass ich mich halt wegbewerben muss - da war sie ganz meiner Meinung, Berufserfahrung sammeln, erst mal in den Beruf reinkommen - das fand sie gut und richtig. Dann müsste ich mit meinem Freund halt eine Fernbeziehung führen. Klar, ein paar Monate kann man das machen - aber ich möchte dann irgendwann eine Option auf Wieder-Zusammen-Ziehen haben. Ja dann müsste man den einen Teil des Hauses halt weitervermieten, es ist ja eine komplett eigene Wohnung. (Das Haus besteht aus zwei separaten Wohnungen in zwei Etagen mit gemeinsamen Eingangsbereich)
Nur: Wer zahlt das Haus dann weiter ab?
Sollen mein Freund und ich dann in einer anderen Stadt malochen, um das Haus der Schwiegereltern weiter abbezahlen zu können?
Ich habe an dieser Stelle nicht weitergefragt, aber ich bin ratlos. Ich werde mich auf jeden Fall auf Lehrerstellen in anderen Bundesländern bewerben - und ich möchte, dass mein Freund mitkommt. Er möchte auch mitkommen, das weiß ich. Technikerschule machen. Familie mit mir gründen.
Aber es ist nahezu unmöglich, mit seinen Eltern darüber zu reden. Die Mutter sagt "Ja, ich hätte das mit dem Haus nie gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass es mal so kommen würde. Aber man kann mit ihm [Schwiegervater/ihr Mann] ja nicht vernünftig darüber reden."
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Ich hoffe, ich habe die Situation jetzt klargelegt.
Mein Freund fühlt sich seinen Eltern gegenüber verpflichtet, hat er mir gesagt. Der Zwiespalt zwischen der Zukunft mit mir und seinen Eltern macht ihn richtig krank - seit wir am Sonntag ernsthaft darüber gesprochen haben, ist er auch real krank geworden, hat Fieber, starke Migräne, ist krankgeschrieben und nicht wirklich ansprechbar. Ich vermute mal, er weiß selbst nicht, wie es weitergehen soll.
Damit es keine Missverständnisse gibt: Ich möchte ihn eigentlich nicht zu etwas drängen. Ich selber muss fort von hier, weil ich sonst mein Leben lang arbeitslos sein werde. Und ja, ich möchte, dass er mitkommt, weil ich ihn liebe und mir eine Zukunft mit ihm wünsche. Das habe ich ihm so auch gesagt. Aber ich würde ihn auch nicht zu einer Entscheidung zwischen mir und seinen Eltern drängen, diese Entscheidung müsste er selbst treffen. Denn man weiß nie, wie die Zukunft einer Beziehung nachher tatsächlich aussieht.
Nur: Er hat mir gesagt, er war im Referendariat so lange meine starke Schulter - jetzt möchte er sich auch mal bei mir anlehnen können. Die Situation überfordert ihn. Er kriegt es nicht hin, mit seinen Eltern Tacheles zu reden - er ist das einzige Kind, die einzige Bezugsperson seiner Mutter (die wegen dem eifersüchtigen Ehemann so gut wie nie das Haus verlässt, außer mit dem Hund), und ohne ihn können die Eltern ihren großen Traum vom eigenen Haus vergessen. Er hat mit 20, direkt nach der Ausbildung, mit ihnen dieses Haus gekauft. Als Jugendlicher hatte er nicht so viele Freunde, seine Eltern dagegen haben immer zu ihm gehalten. Und jetzt ist der Vater wegen der Nachwirkungen seiner (vermuteten - nicht diagnostizierten) Depression arbeitslos und die Mutter wegen ihrem schweren Rheuma auch nicht mehr wirklich arbeitsfähig. Natürlich fühlt er sich den Eltern gegenüber sehr stark in der Pflicht - er ist das einzige Kind, sein älterer Bruder ist noch als Säugling gestorben und hat die Mutter damals in eine schwere Depression gestürzt, die erst besser wurde, als er geboren war.
Das mit den Freunden ist erst in den letzten Jahren, seit er mit der Ausbildung fertig ist, anders geworden - durch das Hobby, bei dem auch wir uns kennengelernt haben. Vorher war seine Mutter seine beste Freundin und er ihr bester Freund.
Ich möchte ihn zu nichts drängen - aber er hat mich von sich aus (!) um Hilfe gebeten, weil ihn die Situation überfordert. Aus diesem Grund habe ich heute ja auch (relativ ergebnislos) versucht, mit seiner Mutter zu reden - und er wollte danach sofort wissen, was dabei rausgekommen ist. Es ist also nicht so, dass ich hier die böse Schwiegertochter bin, die versucht, sich zwischen den Mann und seine Eltern zu drängeln! Wenn er das Haus mit seinen Eltern behalten wollen würde, würde ich das akzeptieren. Aber zu mir sagt er halt, er will es nicht, aber er schafft es alleine nicht, da raus zu kommen.
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Ich schaffe es alleine aber auch nicht, die Situation weiter zu lösen. Daher bitte ich an dieser Stelle um Rat, Unterstützung, Ideen, konstruktive Kritik oder einfach ein bisschen Zuspruch...
Vielen Dank im Vorraus schon mal für jede hilfreiche Antwort!