Richtig, das hört sich in der Tat sehr abwertend und intolerant an. Und ja, objektiv betrachtet ist es abwertend und intolerant. Die Frage ist nur: was bezweckt derjenige, der so etwas von sich gibt? Als direkt Betroffener (ich
bin dick) will ich Euch mal eine Seite aufzeigen, die wenige sehen: den Schutz der einzelnen Seele.
Als dicker Mensch stehst du beziehungstechnisch am Rande der Gesellschaft. Sind wir mal ganz ehrlich: wer würde schon einen dicken Menschen zum Partner nehmen, wenn er einen dünnen haben könnte (also, ich meine jetzt "dick", nicht nur "mit Polstern"). Doch nur dann, wenn die "inneren Vorteile" die "äußeren Nachteile" überwiegen, wenn sich also unter dieser Menge Haut ein so überaus liebenswerter Mensch steckt, dass das äußere Erscheinungsbild dahinter aus den Augen verschwindet. Nur: wie lange dauert es, bis man das Innere eines Menschen sieht, bis das Äußere dahinter verschwindet? In der Zeit sind so viele Dünne an einem vorbeigezogen, dass darunter mit Sicherheit auch einer war, dessen Inneres genauso - naja, mindestens fast so - liebenswert ist wie das des Dicken. Und in dem Falle nimmt man doch lieber den Dünnen (dann muss man auch nicht immer die Augen zusammenkneifen, um das Äußere nicht zu sehen). Und - hey - das ist normal. So ist das genetische Programm der Menschen. Es ist so. Wir Menschen sind so gestrickt. Da kann niemand etwas dafür.
Nur in der Seele des Dicken hinterlässt das Spuren. Es ist nicht schön, überhaupt nicht schön, immer "Schulter" zu sein, "liebster Mensch", "bester Freund" ... und doch morgens allein aufzuwachen. So etwas lässt auf Dauer Minderwertigkeitskomplexe und Depressionserfahrungen entstehen. Wo ist derjenige, an den man sich einfach stumm ankuscheln kann, wenn es einem danach dürstet, wenn man sich wie ein Ausgestoßener in der Wüste fühlt?
Und dann trittst du auf die Straße, siehst all diese Schlanken, die nach deinem subjektiven Empfinden längst nicht so viel für ihre inneren Werte tun müssen, um trotzdem ihre realen Streicheleinheiten zu bekommen, wenn sie sie denn wollen.
So, da stehst du nun, siehst all diese Paare, und fühlst dich einfach nur schlecht. Aber so richtig schlecht. Du fühlst dich hilflos, allein, klein. Und du kannst nichts tun, als Dich selbst stark zu reden. Du stellst Dich vor deinen (virtuellen) Spiegel und gibst dir die seelischen Streicheleinheiten, die Du real nicht bekommst: "Hey, Du bist viel witziger als diese dumme Schnepfe da." "Und Deine Rundungen sind
doch erotischer als die zählbaren Rippen, durch die der Wind pfeift." "Bätsch, ich verbreite auf Parties nicht diese dröge Stimmung, weil ich nur am Salatblatt knabbere." Wenn du dich nicht aufbaust, macht es keiner. Und in dem Augenblick ist es dir mit Verlaub gesagt scheiß egal, ob das, was du sagst, andere diskriminiert. Denn wenn du es nicht machst, wird dich die Angst und die Einsamkeit irgendwann erdrücken.
Es mag sein, dass das vielleicht etwas zu dramatisch klingt, aber
mir geht es genau so. Wenn ich doch allein damit sein sollte, bitte ich alle Dünnen ob meiner Intoleranz um Entschuldigung.