Interessant
Mich beschäftigt das Thema schon ziemlich lange.
Ich fand es vor meiner Schwangerschaft schon spannend, wie sich Menschen (nicht nur Frauen
) durch die Umstände verändern und wie sich das auf die Partnerschaft auswirkt.
Mir sind selber genug Beispiele begegnet von "Die Frau hat nur noch ihr Kind im Kopf, Sex gibt's nicht mehr, bin unzufrieden..." von der Männerseite aus. Von der Frauenseite aus habe ich da eher ein Schulterzucken erlebt, im Sinne von "Ist halt so?! Es ändert sich eben was...", aber das "was" wurde mir jedenfalls gegenüber eher so erklärt mit "Wirste schon merken, wenn du so weit bist.". Sehr intransparent. Und ja, in meinen jungen Jahren kenne ich halt zu wenige Mütter gut genug, dass sie mir das offen erzählt hätten.
Meine Meinung vorher dazu war: Sicher ändert sich was im Körper und Leben der Frau und das gemeinsame Leben des Elternpaares, aber wenn sich danach alles nur noch um das Kind dreht, kann es in meinen Augen nicht so ganz gesund sein. Ausser, mit dem Kind ist tatsächlich etwas anders als normal (Behinderung, schwere Erkrankung, andere Auffälligkeiten), dann ist es nur gut und normal, dass sich die Eltern intensiver um das Kind kümmern und dabei das Sexualleben halt nicht die Priorität hat wie zu kinderlosen Zeiten.
Leicht gluckig ist vielleicht auch noch erklärbar, aber das hysterische Überbehüten ist ein kompensieren von... ja... nicht vorhandene Zärtlichkeit? Ich habe es nicht verstanden und diesen Punkt kann ich auch heute als Mutter bei anderen nicht nachvollziehen.
In meiner eigenen Schwangerschaft habe ich es dann selber erlebt: Ich hatte einfach keine Lust mehr! Und Sex war nur noch schmerzhaft. Von Sushifreunds Seite aus war ich immer noch feucht und der wachsende Bauch nebst Bauchmensch war für ihn auch keine Abschreckung, aber mir tat jede Berührung da unten weh. Mein Körper hat die Schwangerschaft nicht gut verkraftet, ich hatte früh schon starke Rückenschmerzen. Mir hat es tatsächlich völlig ausgereicht, abends in den Arm genommen zu werden. Wenn überhaupt, denn eine bequeme Liegeposition finden wurde mit der Zeit auch nicht einfacher.
Ich habe das keineswegs als Ausrede gesehen, nach dem Motto "Jetzt, wo ich schwanger bin und du mir nun gebunden bist, muss ich mir auch keine Mühe mehr geben.". Ich hätte ihn sicher jeden Abend einen blasen können, aber wenn die Lust weg ist, ergibt das auch keinen Sinn, ne?
Die Geburt selber ging ganz gut, bis auf Geburtsverletzungen, die sich im Rahmen gehalten haben und die ich hier nicht näher beschreiben möchte. Fakt ist, ich habe die Narbe da unten gute 8 Monate lang gespürt und Sex-Versuche bis dahin waren eben eher Versuche als Sex. Medizinisch-Physiologisch gesehen ist die Wunde längst verheilt, aber gespürt und je nach Berührungsart unangenehm schmerzhaft war es trotzdem.
Wenn ich daher pauschale Aussagen lese, wie "Das Wochenbett reicht zur Regeneration." finde ich das ziemlich salopp. Ja, physiologisch sollte es zur Rückbildung und Wundheilung reichen, aber davon auszugehen, dass der Körper nach 8 Wochen Wochenbett wieder voll "einsatzbereit" ist, ist definitiv zu einfach gedacht. (Sicher nicht bei allen. Gibt auch Frauen, die haben schon wenige Tage nach der Geburt Sex und fanden es sehr angenehm!).
Der Punkt, der hier in den letzten 20 Seiten bestimmt auch mal aufgetaucht ist, die ich beim Querlesen aber nicht gesehen habe, ist doch eher: Nicht nur die Frau ändert sich durch die Mutterschaft körperlich, auch als Vater, als gemeinsam agierende Eltern, muss man die Rolle finden.
Die paar o.g. Beispiele, die mir begegnet sind, wo die Frauen "zum Muttertier mutiert" sind und das Sexleben einschlief, sind aus meiner jetzigen Sicht auch Fälle, wo die Männer zwar Väter wurden, aber bis auf "Nach der Arbeit und am Wochenende mal das Kind bespaßen und etwas Erziehung spielen" nicht wirklich am Familienleben teilhatten. Vielleicht tue ich denen Unrecht, wenn ich das jetzt so attestiere, aber man wird als Frau ja nicht nur Mutter, sondern muss dann aus der Mutter-Position auch ihre eigene Rolle als Frau, arbeitende (Karriere-)Frau, Familienmitglied, Geliebte, Freundin,... in ihrem Leben neu finden. Das erste Elternzeitjahr, wo meistens die Frauen zu Hause bleiben, eignen sich ziemlich gut, um die Mutterrolle zu finden und aus der ehemals arbeitenden Frau eine Hausfrau zu werden, ohne es unbedingt gut zu finden, während die Männer, ja, weiterhin arbeiten und nach der Arbeit Mann und Vater sind.
Ich stelle mal die Behauptung in den Raum, wer als Vater selbst Elternzeit genommen hat (oder anderweitig die Möglichkeit hatte, mehr als nur stundenweise für das Kind verantwortlich zu sein) und dabei alleine auf das Kind aufgepasst hat, während die Frau arbeiten ging, nicht nur die Arbeit der Frau zu Hause und als Mutter am Kind besser zu schätzen wissen, sondern auch besser einschätzen können, wie man die vorhandene Energie gemeinsam am Besten einsetzt, um nicht nur gute Eltern, sondern auch weiterhin ein gutes Paar mit aktivem Sexleben haben kann. Denn nur so werden auch sie gezwungen nachzuvollziehen, wie es ist, sich in eine neue Rolle zu finden und das auch gegenüber Freunden, Familie, Arbeitgeber und letztendes natürlich auch der Partnerin zu behaupten.
Bin da aber für andere Blickwinkel aufgeschlossen
Herzlichst,
Sushifreundin.