@all, die Polyamory für eine Farce halten
Ich lebe seit ca. 10 Jahren polyamor, bin da allmählich mit meiner Frau "hineingewachsen". Ich schreibe hier also aus echter, eigener Erfahrung.
Polyamory ist keine Ausrede für wildes Rumpoppen oder die "Haltung" eines Harems.
Die, die wirklich polyamor leben, werden bestätigen, dass es um Liebesbeziehungen geht, nicht um Sexbeziehungen. Es geht um das Gefühl, für einen anderen Menschen bedingungslos da zu sein, ihm vollstes Vertrauen entgegen zu bringen und sein eigenes Handeln am Glück des geliebten Menschen auszurichten. Sex ist eine schöne Ergänzung der Liebe, aber für die Liebe nicht zwingend.
Und auch, dass manche polyamore Menschen auf der anderen Seite auch eine sehr offene Sexualität pflegen (auch Promiskuität genannt), ändert nichts an den emotional tiefen Bindungen in polyamoren Strukturen.
(Die Tatsache, dass manche Radfahrer auch gerne mal Auto fahren, macht ja auch nicht das Radfahren zu einer ökologisch belastenden Fortbewegung
).
Sicher ist es keine Lebens- und Liebesform für jeden - genau so wenig wie ein Dauersingle-Dasein oder eine streng monoamore/monogame Lebensweise für jeden geeignet sind.
Wobei ich überzeugt bin, dass sich viele monoamor/monogam lebende Menschen dies nur unter einem gesellschaftlichen Normendiktat leben und nicht sehr glücklich damit sind (und sich entsprechende Ausbrüche daraus mehr oder weniger heimlich organisieren). Menschen in polyamoren Strukturen sind das freiwillig, ohne den Druck einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung dazu.
Eine Garantie, dass polyamore Beziehungen (oder auch offene Beziehungen allgemein) stabiler sind, gibt es trotzdem nicht, weil es keine Garantie für eine jahrzehntelang andauernde, leidenschaftliche Liebe gibt - weder polyamor noch monoamor oder sonstwie. Das ist ein dogmatisch hergebetetes Trugbild - dem leider etliche Menschen nacheifern und eine Beziehung nach der anderen kippen, weil sie diesen Erwartungen nicht entspricht. Und damit einem Partner nach dem anderen sehr wehtun.
Jeder mag so in seiner Beziehung glücklich werden, wie es gut für ihn ist.
Und wie es gut für die Beteiligten ist. Dazu gehört für mich auch, einen geliebten Partner nicht einzusperren oder ihm Teile seines Lebens zu verbieten.