"(...) Jede Beziehungsform ist sowohl Ausdruck der herrschenden Konstruktion des Geschlechterverhältnisses, als auch geprägt von der spezifischen Dynamik zwischen den beiden Partnern (...)" (
Häusliche Gewalt ist immer das Ergebnis einer (bewussten oder unbewussten) Entscheidung, denn es bestünde immer eine Handlungsalternative (nicht zuzuschlagen). Sie ist ein erlerntes, beabsichtigtes Verhalten und nicht die Konsequenz aus Stress, psychopathologischen Besonderheiten, Alkohol- und Drogenkonsum oder einer "schlecht laufenden" Beziehung. Sie ist ein Mittel, um Kontrolle über den Partner zu erlangen und den eigenen Willen sowie einen Machtanspruch durchzusetzen. Häusliche Gewalt kann eine Reaktion auf eine (vom Täter empfundene) Gefährdung der eigenen Machtposition sein.
Studien zeigen, dass Häusliche Gewalt häufig ausgelöst wird durch die Eifersucht und das Verlangen des Täters, den Partner zu besitzen; außerdem von dem Wunsch nach einwandfreien "Hausfrauen/manndiensten" (wozu auch die sexuelle Verfügbarkeit zählt) und nicht zuletzt, um die Überlegenheit zu demonstrieren.
Häusliche Gewalt kann daher als Konsequenz der strukturellen Ungleichheiten zwischen Mann und Frau verstanden werden. Diese wurzeln in patriarchalen Traditionen, die auch in heutigen - modernen - Gesellschaften noch immer wirken. Darin enthalten sind Männer- und Frauenbilder, die Männlichkeit als Macht, Stärke, Dominanz definieren und Weiblichkeit mit Duldsamkeit, Passivität, Unterlegenheit verbinden.
Im männlichen Selbstverständnis wird Männlichkeit noch immer definiert als Ausübung von Macht und Kontrolle, Stärke, körperliche Kraft, Führung, Erfolg, Ehrgeiz und Konkurrenz. In patriarchalischen Gesellschaften wachsen Jungen oftmals mit diesen Rollenerwartungen auf. In modernen Gesellschaften, die ihren verfassungsmäßig verankerten Anspruch auf Gleichberechtigung ernst nehmen, müssen sie zwangsläufig mit diesem Rollenverhalten scheitern. Dennoch haben viele Männer noch dieses archaische Rollenverständnis verinnerlicht. Nach ihrem Selbstverständnis ist körperliche und auch psychische Gewalt ein legitimes und männliches Mittel, die eigenen Interessen durchzusetzen.
Es gibt in unserer Gesellschaft Konzepte, die gewalttätiges Verhalten in Familien tolerieren oder begünstigen und es Frauen (und deren Kindern) erschweren, Hilfe zu erhalten:
-So wird oft dem Opfer die Schuld für die Gewalt gegeben ("Sie hat ihn doch provoziert").
-Die Familie wird vor die Sicherheit ihrer Mitglieder (Frauen und Kinder) gestellt.
-Der Gebrauch von Gewalt (in der Familie) wird toleriert.
-Männer werden privilegiert (in allen Bereichen der Gesellschaft).
-Häusliche Gewalt wird als Privatangelegenheit verstanden.
aber das sind nur Einzelfälle.... denn Hilfe bekommt letztendlich jeder.
Auf der individuellen Ebene spielen Konfliktlösungsmuster und individuelle Erfahrungen eine ursächliche Rolle. Denn Gewalt wird gelernt. Wer in der eigenen Kindheit nur gewalttätiges Verhalten und Dominanz des Stärkeren erlebt hat, wird auch als Erwachsener sehr wahrscheinlich dieses Verhalten zeigen. Gewalttätiges Verhalten ist oft auch Ausdruck von Fehlentwicklungen und Traumatisierung in der Lebensgeschichte der Täter. Manche der misshandelnden Männer sind emotional von ihren Partnerinnen abhängig und besessen von der Angst, sie zu verlieren. Dies versuchen sie mit totaler Kontrolle, mit psychischer und physischer Gewalt zu verhindern. Sie lassen von der Frau auch nach einer Trennung nicht ab.
Dennoch: Die Verantwortung für die Gewalt kann nicht auf gesellschaftliche Gegebenheiten oder die individuelle Biographie abgewälzt werden. Sie liegt immer auch beim Aggressor, denn zuzuschlagen oder nicht ist - bei einem psychisch gesunden Menschen - immer eine freie Entscheidung. Jedes Mal.