Streit ist in keiner Weise etwas „Schlimmes“. Es ist nichts weiter als eine Uneinigkeit zwischen mehreren Personen oder Parteien, und das muss keineswegs feindselig sein.
Man hat eben zu einem bestimmten Thema verschiedene Ansichten und Weltbilder, Meinungen oder Gedanken. Mehr nicht! Deshalb muss man sich doch nicht gleich persönlich beharken.
Man diskutiert eben.
Das geschieht manchmal kontrovers, auch mal emotional und aufgebracht, manchmal vielleicht auch mehr im Sinne eines gedanklichen Austauschs zwischen Gleichgesinnten. Man debattiert, um miteinander herauszufinden, ob eine der beiden Parteien möglicherweise recht hat oder nicht. Oder ob sich womöglich beide irren und auf etwas Neues kommen? Oder ob sie etwas einfach nur aus völlig verschiedenen Blickwinkeln und mit verschiedenen Grundvoraussetzungen sehen und vielleicht beide für sich genommen jeweils auf ihre Weise und aus ihrer Sicht recht haben (was öfter der Fall sein dürfte, als man sich vorstellt).
Das kann alles ganz friedlich und fair, für alle Beteiligten lehrreich und interessant ablaufen - kontrovers in der Sache, aber freundlich, respektvoll, mit Achtung und Offenheit im persönlichen Umgang miteinander! Und man muss sich dabei nicht auch noch gegenseitig beleidigen, kränken oder auf einmal hassen ...
Denn Streit hat nichts damit zu tun, dass man den anderen nicht leiden kann! Wenn ein Paar mal heftig streitet, heißt das doch nicht gleich, dass sie sich nicht mehr lieben!
Aber viele fühlen sich sofort angegriffen, wenn jemand mit Nachdruck oder gar Begeisterung seine Meinung, seine Überzeugung und sein Denken darstellt - und ballern gleich dagegen. Aber warum?
Wenn ich diskutiere, dann tue ich das logischerweise immer nur aus meiner Sicht, mit meinem Weltbild und aus meiner Geschichte heraus. Ich kann damit völlig daneben liegen - was man mir dann in der Diskussion ja mit guten Argumenten deutlich machen kann. Ich greife damit niemanden als Mensch an. Ich tue nur kund, dass ich ganz anderer Meinung bin. Mehr nicht! Kein Grund, sich in irgend einer Weise angegriffen zu fühlen!
Auch wenn ich bei einem Streit etwas frage und dann sogar noch hartnäckig nachbohre, greife ich niemanden an. Ich will mich reiben, ich will verstehen und lernen, ich will prüfen, ob ich mich vielleicht bisher geirrt habe und meine bisherige Meinung korrigieren sollte. Vielleicht hab ich das bisher alles total falsch gesehen? Und ich will natürlich auch die Meinung des anderen ein wenig abklopfen (das ist der Sinn einer Diskussion!). Wer sich dadurch sofort angegriffen fühlt, so denke ich, ist sich seiner Sache offenbar sehr unsicher, sonst könnte er doch ruhig, freundlich und gelassen einfach nur antworten – oder auch mal schweigen und abwarten.
Auch muss man hier im Joyclub einen Thread nicht lesen, der einen ärgert! Man muss dort auch nicht schreiben! Und wenn doch, dann ist ja auch etwas in einem berührt, getroffen, dann ist da wohl ein wunder Punkt. Sonst würde man sich nicht aufregen! Und dann wäre es besser, mal bei sich selbst nachzusehen, was da "getroffen" wurde. Oder nicht?
Warum können wir also oft nicht mehr wirklich konstruktiv streiten? Sobald eine Diskussion kontrovers wird, also von gegensätzlichen Positionen ausgeht (was ja der Sinn jeder echten Diskussion ist, alles andere ist keine Diskussion, sondern ein Gespräch!), fühlen sich manche gleich persönlich angegriffen oder sogar als Mensch in Frage gestellt.
Warum müssen wir gleich denken, unser gesamtes Weltbild sei erschüttert, nur weil jemand etwas mal aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet oder eine kritische Frage stellt? Und warum müssen wir uns gleich angegriffen fühlen und zurückschießen, wenn unserer kritischen Frage gleich energisch aus der Sicht von anderen geantwortet wird?
Können wir wirklich nicht kontrovers und dennoch konstruktiv miteinander diskutieren? Das will ich einfach nicht glauben! Jeder von uns weiß doch, wie sehr ein kräftiges Gewitter die Luft reinigen (und manchmal sogar die Lust fördern) kann. Oder nicht?
(Der Antaghar)