Das Geheimnis der Liebe...
...dass sie solche verbinde, deren jedes für sich sein könnte-und doch nichts ist und sein kann ohne das andere. (Wilhelm von Schelling)
langsam schiebt sie ihre hand über den tisch, ergreift die hand des moderators...zuvor hatte Reinhold Beckmann die 84-jährige dame gefragt, wie sie mit ihrem mann umgegangen ist, wenn er, von sorgen erfüllt heimkam, wie sie ihm mit ihrer liebe in solchen schicksalsschweren momenten helfen konnte...mit dieser geste, allein mit dieser geste, sagte Loki Schmidt, und dann sagte sie noch, dass dieses hineinschmiegen der einen hand in die andere völlig genug gewesen sei, dass damit eigentlich alles gesagt wurde...
diese mich anrührende geste, die ich nachts im fernsehen miterlebte, diese geste also habe ich deshalb in meiner erinnerung genommen, weil sie aus einer welt kommt, die nicht mehr von dieser welt ist.
die heutige welt ist laut, lärmend, schamlos bis an die schmerzgrenze...man redet dauernd von liebe, aber meint nur sich selbst...eine selbstverliebte liebe, die um nichts anderes als mediale aufmerksamkeit ringt, die sich mit dem fanfarenstoß-jetzt rede ich!-gehör verschaffen will, was schwierig geworden ist in einer gesellschaft, die das zuhören, das bewusste hineinhören in den anderen, weitgehend verlernt hat....für diese mediale aufmerksamkeit von millionen menschen, die die selbstdarstellung nicht kennen, die für ihr leben auch völlig bedeutungslos sind, sind sie gleichwohl bereit, vor dem altar der eitelkeiten ganz tief niederzuknien...dabei nehmen sie in kauf, einen menschen zu verletzen, mit dem sie einst angeblich "in liebe" verbunden waren, worauf dieser zum gegenschlag ausholt und ebenfalls öffentlich den blick in seine verwundete seele freigibt.
dabei ist das geheimnis wahrer liebe, dass sie ihr geheimnis bewahrt, dass sie sich dem urteil und der beurteilung anderer entzieht...und wenn wir mit uns selbst ehrlich sind: spüren nicht auch wir zuweilen in uns die sehnsucht, einiges von dieser stille und zurückgenommenheit zurückzugewinnen? beschleicht uns angesichts der medialen dauerberieselung nicht hin und wieder dieses gefühl, dass wir in einer die liebe krank machenden zeit leben, in der das wort LIEBE in millionenfacher abwandlung zwar gebraucht, in wahrheit aber doch missbraucht wird?
es war nur eine winzig kleine geste der zärtlichkeit, mit der die frau des ehemaligen bundeskanzlers Helmut Schmidt uns einen blick in den raum gewährte, "den noch nie ein wort betreten hat", um mit diesem dichterwort zu schließen.
aber diese geste entschlüsselte ungewollt, wie es möglich war, ein halbes jahrhundert bei höchster physischer und seelischer belastung miteinander verbunden und "glücklich" zu sein-auch so eine abgedroschene vokabel, aber es gibt leider keine andere....