Halloween für Fortgeschrittene.
Schritt I - Vorbereitung.
Meine Haut fühlt sich seidig glatt an unter meiner Strumpfhose. Ich ärgere mich, dass ich es nicht geschafft habe, meinen Schminkplan in die Tat umzusetzen und mir dadurch ein wenig mehr Sicherheit durch Anonymität zu verschaffen.
Ich sitze in der Bahn nach Dortmund. Natürlich noch normal gekleidet - ein kurzer blauer Rock, weißes Shirt, pinke Strumpfhose, Stiefel. Meine nassen Haare werfe ich zu einer Seite, damit sie an der Luft trocknen können, während ich die Zugfahrt mit Lesen verbringe.
Was auf den letzten zwei Seiten passiert ist, weiß ich nicht, zu oft schweifen meine Gedanken ab. Sind die Menschen dort attraktiv? Wird mich jemand ansprechen? Werde ich überhaupt aktiv oder schaue ich nur zu?
Als ich aussteige, ist es dunkel und neblig. Der Club befindet sich in einem Industriegebiet, weit ab von Passanten und passierenden Autos. Ich genieße die Stille, während ich auf die Hausnummern schaue. Die Zahlen steigen an, mein Puls tut es ihnen gleich. Meine Hände werden kalt, als ich die Hauswandbemalung sehe. "Schickeria" steht dort in roten, geschwungenen Lettern auf weißer Wand, umrahmt von zwei Sternen.
Ich grinse nervös in mich hinein, als ich auf den Parkplatz trete.
Ich sehe Autos, die von außen beschlagen sind, einige sind trocken. In ihnen sitzen Menschen. Ich frage mich, ob sie mich anschauen, meine Beine und meine Haare wahrnehmen, sich vorstellen, wie ich nackt aussehe.
Vor der Tür steht ein Paar, er ist groß und trägt eine große Sporttasche, sie ist zierlich und dick eingepackt.
Es ist zehn Minuten vor Acht, ich bin früh dran.
Schritt II - Aufwärmen.
Ich lese kurz die Informationen im Schaukasten; ich kenne sie inzwischen fast auswendig, sie stehen in der Veranstaltungsbeschreibung, auf der Website, in meinem Gedächtnis.
Direkt am Eingang ein Tresen, dahinter der Besitzer. Er trägt eine schwarze Hose und eine schwere Kette, auf der Brust ein Tattoo. Ich sage, dass ich angemeldet sei - hauptbahnhof.
"Ah, die Dame mit der Maske! Ja, ich lese meine Anmeldungen", lacht der Clubbesitzer mich an. Ich bejahe und sage, dass ich gern eine Führung hätte, da dies mein erstes Mal sei. Er fragt den Mann, der neben ihm steht. Weißes Hemd, aufgeschlossenes Gesicht, er lächelt mich an. "Klar. Zieh dich erst einmal um, dann führ ich dich rum."
Er zeigt mir die Kabinen - dort stehen Spinde, zwei Bänke wie man sie aus den Sporthallen kennt.
Ich bleibe an meinem Spind stehen, überlege, ob es wohl eine Umkleidekabine gibt. Sieht nicht danach aus. Gerade will ich meinen Rock ausziehen, als der große Mann vom Parkplatz im Türrahmen steht. Ich drehe mich um und sehe mich selbst - ein Spiegel. Na toll.
Die werden dich heute sowieso noch nackt sehen, denke ich und schlüpfe aus meiner Kleidung, hole meine pinke Catsuit heraus. Große Maschen, die wenig Raum für Fantasie lassen und sich dennoch wie eine zweite Haut an mich schmiegen.
Doch so viel Körper möchte ich nicht präsentieren, nicht direkt. Ein kurzes hautenges Schwarzes verhüllt mich. Dazu die pinken High Heels und ein paar Wimperntuscher später verstaue ich meine Tasche im Spind und trete wieder in den Club, an die Bar, an dem der Herr im weißen Hemd steht.
Die Bar ist leer, fünf andere Menschen stehen dort. Mir bleibt nicht viel Zeit, um sie anzuschauen, denn ich werde herumgeführt. Alle Räume sehen so aus wie auf den Fotos - das Aquariumzimmer mit Dusche, die Sauna mit Ruheraum, das Chinazimmer und der dunkle SM-Raum. "Den brauche ich eigentlich nicht zu sehen", sage ich ein wenig schüchtern und so leise, dass er mich überhört.
Auf dem Rückweg geht es zum Speiseraum - dort steht ein sehr appetitanregendes Büffet mit kalten Platten, warmen Gerichten - ich bekomme Hunger. 'Wie kann man sich besser aufwärmen, als in einem Gespräch beim Essen' denke ich, als ich mir einen Teller nehme und ihn mit Gemüse und Lachs befülle.
An einem Tisch vor dem Speiseraum sitzen vier Personen - zwei Damen und zwei Herren. Eine blonde Frau mit schwarzem Korsett neben einem Herren mit Designer-Slip, daneben eine junge Dunkelhaarige mit einem Oberteil, dass sie nackt und tätowiert wirken lässt. Links neben mir ein Mann, der sich gerade darüber auslässt, dass Freitags wieder Solomänner zugelassen werden sollten. Regelmäßige Besucher also, keine Neulinge.
Ich schaue vornehmlich auf meinen Teller und lasse die Clubatmosphäre auf mich wirken:
Die Latexwäsche der Herren, die hohen Schuhe und Bustiers der Damen, die Dance-Musik im Hintergrund und das gedimmte Licht.
Ich fühle mich wider Erwarten nicht unwohl. Die Personen um mich herum unterhalten sich völlig normal, von erotischer Grundstimmung spüre ich wenig - abgesehen von einem interessierten Blick hier oder da oder eine Frage, wer ich sei.
Ich erzähle, dass ich zum ersten Mal in einem Swingerclub bin und mein Mut, allein zu erscheinen, wird bestaunt.
Ich lache, fühle mich locker. Vielleicht hilft auch die erste Weinschorle, die zur Neige geht.
Eine gute Gelegenheit, um wieder an die Bar zu gehen und zu schauen, ob der Raum sich inzwischen gefüllt hat.
Schritt III - Erste Übung: Tanzen
Der Bar- und Tanzbereich hat sich deutlich merkbar gefüllt. Vampire und maskierte Mönche stehen dort, genießen ihre Longdrinks und unterhalten sich.
An einem Stehtisch die Frau meines Besichtigungsführers. Unsicher schaue ich sie an, gebe ein "Oh nein, ich leuchte ja total" von mir - denn es stimmt. Entlang meiner Beine erstreckt sich ein orange-leuchtendes Karomuster - die Catsuit reagiert auf das Schwarzlicht. Sie schaut an mir herunter und sagt "Ich find das süß. Ist mir schon aufgefallen, als du eben reingekommen bist." Sie sagt es freundlich, nicht als Anmachspruch.
Wir kommen ins Gespräch und sie verrät mir, dass dies ihr Lieblingsclub sei. Die Leute sind nett, alles ist sauber, das Büffet schmeckt - nur, dass ihr Mann den Abend mit Fotografieren verbringen wird, findet sie schade.
Auf meine Fragen zum Ablauf des Erstkontakts unter Pärchen und allgemeinem Gebahren bei Wollen oder Nicht-Wollen antwortet sie gern. Ein 'Stopp' oder ein 'Nein' werden sofort ernst genommen. Genötigt wird hier niemand.
Ich gehe an die Bar, um mir eine neue Weinschorle zu bestellen, neben mir tänzelt ein Mann; graues Haar, weißes Hemd, schwarze Stiefel, deren Laschen herausragen. Er trägt ein hellblaues Armband und ich sage "ah, so eins wollte ich auch haben" - er lacht, stellt sich vor, fragt nach meinem Namen und nach einem kurzen Wortwechsel, ob ich Lust habe, zu tanzen. Klar, Tanzen geht immer.
Wir begeben uns auf die Tanzfläche und lassen die Hüften kreisen - jeder für sich, versteht sich. Mein Tanzpartner macht das ganz gut, bemerke ich in den kurzen Momenten, in denen ich mich nicht in den Bewegungen verliere. Ich schaue mich um - ein Pärchen tanzt Foxtrott, zwei junge Mädels wackeln sich ihre Brüste zu, ihre Partner sitzen in einer Loungeecke dahinter und beobachten.
Noch sieht alles nicht anders aus als in jeder anderen Disco. Mein Gegenüber kommt mir näher, flüstert mir zu, dass er meine Bewegungen mag. Sein Gesicht kommt meinem gefährlich nah und ich weiche aus. Ich möchte jetzt nicht küssen - nicht diesen Fremden, der zwar nett, aber bestimmt zwanzig Jahre älter ist als ich.
Ich drehe mich auf der Tanzfläche und verharre kurz in der Bewegung, etwas lenkt mich ab - eine Frau sitzt auf einem Barhocker, vor ihr kniet ein Mann, der sie leckt. Hui, es hat also angefangen. Dabei wollte ich den Moment doch bewusster erleben - wenn die Paare sich nicht mehr mit den Mündern, sondern mit den Augen unterhalten, wenn Hände wandern und fremde Körper erforschen, immer mit dem Bewusstsein, dass viele Menschen nahbei stehen, jede einzelne Bewegung wahr- und gierig in sich aufnehmen.
Ich tanze weiter, die Musik wird fordernder und auch der Mann mit dem blauen Armband kommt immer näher. Ich spiele mit ihm, neige meinen Kopf zur Seite, drehe ihm den Rücken zu, reibe meinen Hintern an seiner Latexhose, die plötzlich sehr eng sitzt. Eine kurze Bewegung weiter und sein Gesicht ist meinem ganz nah. Er greift in mein Haar, zieht mich näher an sich heran und küsst mich. Die ersten Sekunden hadere ich mit mir selbst, ob er nicht zu alt sei, ob ich mit ihm schlafen will. Seine Zunge spielt mit meiner und seine Hände streifen über mein Satinkleid.
Jetzt ist Verführen angesagt. Nicht meinen Küsser, der verführt mich. Nein, die Zuschauer. Ich merke, wie sich die Blicke in unsere Richtung mehren, verspüre das Bedürfnis ihnen mehr zu geben, ihnen Lust zu zeigen, die sie ergreifen soll.
Die Catsuit unter meinem Kleid leuchtet auf meiner Brust auf, die das verrutschte Kleid preißgibt, bevor sie von einem Mund bedeckt wird, dessen Hände meine Oberschenkel hinaufwandern und spüren wollen, was sie mit mir angestellt haben.
"Komm mit" flüstert mir der Mund, sein Atem lässt mich erschauern. Genug getanzt.
Schritt IV - Zweite Übung: Damenwahl.
Die Hand zieht mich in einen Gang, drängt mich an die Wand und ein Körper presst sich gegen meinen. Wärme steigt auf und mir zu Kopf und längst habe ich vergessen, was um mich herum passiert.
Da werde ich wieder an die Hand genommen und durch den Gang geführt, von dem die verzaubert klingenden Zimmer abgehen. Die Spielwiesen, die bei meinem Rundgang leer waren, tragen nun Paare auf sich, die sich ihrer Lust hingeben. Ein weißer Vorhang ist geschlossen - hier wird keine Gesellschaft erwünscht. Ein paar Schritte weiter betreten wir China - eine dunkle Liegewiese, auf der sich auf zwei Handtüchern eine Frau und ein Mann miteinander vergnügen.
Mit weitem Abstand zu ihnen legen wir unsere Handtücher aus. Mein Kleid verschwindet auf dem Fußboden, die High Heels landen mit einem sanften Klack daneben.
Ich lehne mich zurück und genieße die Streicheleinheiten, die mir der fremde Tänzer zukommen lässt. Ich fühle mich wie seine Protegée heute Nacht, er ist der Mentor, hilft mir, mich zurecht zu finden in dieser unbekannten Welt.
Nach einigen Minuten bemerke ich, dass das Paar nicht mehr das gleiche ist. Eine Blondine mit großen Brüsten kniet auf der Matte. Sie trägt Brustwarzenschmuck, der in der Dunkelheit funkelt.
Fasziniert wenden wir uns ihr zu, der Mentor fragt, ob er es vielleicht mal anfassen darf. Sie nickt. Er spricht bewundernde Kommentare aus, schaut mich an und sagt "fühl doch mal!"
Das ist wohl der Moment, das ist die Annäherung. Ich komme ihr näher und berühre die Steinchen auf ihrer Brust. Ich werde aufgefordert, sie zu kosten, "vorsichtig, ganz sachte", flüstert er mir ins Ohr.
Wie wunderbar weich sich ihre Haut anfühlt. Ich schaue zu, was die beiden Herren machen, möchte mich nicht aufdrängen.
Streicheln, massieren, lutschen, saugen, küssen - wie schön es sich bei mir anfühlt ist doch nicht vergleichbar mit der Wonne, die ein sich vor Lust aufbäumender anderer Körper geben kann. Der Orgasmus dieser Frau ist fantastisch, ich könnte einfach nur dasitzen und ihr zuschauen.
Nach einer kleinen Ewigkeit verlassen wir die Matte und ich darf mich um die Erfahrung reicher nennen, derer wegen ich den Weg überhaupt angetreten habe.
Schritt V - Verschnaufpause und was zu beißen.
Ich weiß nicht, wie spät es ist und es ist mir auch völlig egal. Ich bin guter Dinge und lasse bei einem zweiten Gang zum Büffet Revue passieren, was eben noch gelebte Extase war.
Ich sitze still und spüre der Atmosphäre nach. Es ist lauter, ich höre Stöhnen und aneinanderklatschende Haut, Bassklänge von der Bar und angeregte Gespräche im Speisesaal. Wieder habe ich das erstaunte Gefühl, es sei nichts Besonderes, was hier passiert.
Ich wundere mich, frage mich, ob ich nicht erregt bin durch die Umgebung, die anderen Menschen. Und stelle fest: Nein, das bin ich nicht. Sie regt mich nicht mehr an, als das eine Sexsituation normalerweise tun würde - viel zu viele Eindrücke prasseln auf mich herein, als dass ich den Augenblick genießen könnte.
Ich hole mir noch etwas zu trinken, tanze ein paar Takte und bleibe auf der Tanzfläche neben zwei Vampiren stehen. Sie sind hübsch anzusehen, er trägt eine karierte Hose mit Hosenträgern, sie ein Lederkorsett und schwarzgemusterte Strümpfe.
Wir kommen ins Gespräch und wie es den Vampiren anheim liegt, beißen sie. So werde ich erst von der Dame in den Hals gebissen und bin kribbelig erregt, sage, dass ich das nicht schlecht finde. Der männliche Vampir sagt, das muss man richtig machen, packt meinen Schopf und nachdem er leise wispert "wenn's dir zuviel wird, musse sagen, ich hör sofort auf", beißt er mich in den Hals. Ich spüre, wie sich seine scharfen Eckzähne in mein Fleisch graben und er den Punkt des Angenehmen überschreitet und will gerade 'Stopp' sagen, als es auch schon wieder vorbei ist. Ich spüre das Pochen in meinem Hals, das Glühen meiner Wangen, den Schwindel in meinem Kopf. Das war zu viel.
"Jetzt brauche ich erstmal Ruhe", sage ich und mache mich auf den Weg in die Sauna. Niemand darin und ich schlüpfe flink aus meiner Kleidung, setze mich hinein. Mein Mentor tut es mir gleich und wir genießen angenehme 60°C und die Konversation über das Swingen.
Dass er es das erste Mal ohne seine Frau mache und sich nicht sicher gewesen ist, ob es ihm gefalle. Dass ich es zum ersten Mal mache und nicht wirklich sagen kann, dass es mich vom Hocker haut.
Bestimmt 20 Minuten gehen vorbei und mein Hals brennt immer noch. Dieser Vampir kommt heute nicht mehr in meine Nähe, so viel ist sicher.
Wir beenden den Saunagang mit einer Dusche, Duschgel und Shampoo werden vom Haus gestellt, ebenso die Handtücher, mit denen wir uns anschließend trocken rubbeln. Mein Mentor verabschiedet sich, er ist müde und wird einen Raum zum Schlafen suchen.
Ich hole mir ein Wasser und setze mich in den Speisesaal, wo einige Paare sich miteinander unterhalten. Ich höre zu, ab und an werfe ich einen Kommentar ein, genieße aber, ganz für mich zu sein und die nettanzuschauenden Menschen um mich herum zu betrachten.
Nach einer Weile treibt die Neugier mich durch die Gänge, was an den anderen Orten passiert und ich bleibe an der GangBang-Wiese stehen, die ihrem Namen alle Ehre bereiten will. Vier Paare sind darauf zugange. Es wird gepoppt, geblasen, befingert und gestöhnt. Ich schaue mir das Treiben an und mich überkommt die Lust, teilzuhaben.
Schnell sind die Schuhe abgestreift und das Glas zur Seite gestellt.
Showtime.
Schritt VI - Dritte Übung: Zwischenspiel
Wie ich es in den Regeln des Swingerclublebens nachgelesen habe, fasse ich den Herren, den ich beglücken möchte, an den Oberschenkel. Er weist meine Hand nicht zurück und ich beginne, ihn sanft in der Lendengegend zu beißen. Die Frau, die gerade zwischen seinen Beinen zugange ist, lässt sich nicht ablenken, was gut ist, denn mit ihr möchte ich mich nicht befassen.
Mein Mund wandert hoch und führt mich an seinen Hals, die schmerzhafte Eigenerfahrung noch ganz frisch, knabbere ich sehr sanft daran, er beginnt zu stöhnen. Meine Hände wandern tiefer, leisten ihrem Mund Gesellschaft. Diese ist nicht erwünscht, sie hört auf und sagt, dass sie sich nun mit sich selbst beschäftige.
Ist mir Recht, so bleibt mehr Raum für mich.
Ich berühre ihn, streife mit meiner Zunge über seine Haut und achte auf die Reaktion: Möchte er berührt werden, soll ich weitermachen?
Er scheint Gefallen daran zu finden, hat währenddessen die Hände im Spiel des Pärchens neben uns, deren weiblicher Teil offenbar zu ihm gehört. Also ist alles abgeklärt und ich darf fortfahren mit dieser freudigen Beschäftigung. In immer höhere Höhen treibe ich ihn, bis er mich vorwarnt und ich aus dem Weg gehe.
Ein paar Tücher weiter verabschiede ich mich, ziehe meine Schuhe an und gehe davon.
Gern geschehen.
Schritt VII - Abschuss.
Ich betrete wieder die Bar und stelle erstaunt fest, dass sie ähnlich spärlich besetzt ist wie in der ersten Stunde. Wahrscheinlich sind dafür die Zimmer belegt, denke ich, doch auch ein Spaziergang durch den Korridor und ein paar Blicke auf die Liegewiesen spricht eine andere Sprache - es ist wohl schon spät.
Auf dem Flur begegne ich einem Pärchen - die beiden saßen vorhin im Speisesaal und unterhielten sich. Er gefiel mir schon da, trainierter Körper, durchdringende braune Augen - ein Mann für's Optische.
Er spricht mich an. "Hey, hast du vielleicht Lust, mit mir zu schlafen? Meine Frau ist heute schon erfolgreich gewesen, aber ich noch nicht. Ich find dich aber ganz süß und meine Frau hat gesagt, ich könnte dich doch einfach fragen. Hast du Lust?"
Ich muss kichern. Das ist direkt, das mag ich. Ich zucke mit den Achseln, werde rot. "Och joaaar," grinse ich ihn an. Er wird aufgeregt, sagt etwas von Raum suchen und streift durch die Zimmer. "Was hältst du von dem Himmelbett? Das ist doch ganz nett"
Das denke ich mir auch, es ist mir vorher schon aufgefallen, war jedoch immer belegt.
Kurzerhand hüpfen wir hinein und ich lasse ihn den tollen Leuchteffekt meines Nylongeflechts bewundern. Wirklich sehen tut er allerdings nichts, das Gehirn hat schon fast ausgesetzt und hat sich unter die Plastikhaube verkrochen, wie mir scheint. Gerade will er sich auf mich stürtzen, da fällt ihm noch ein, sich vorzustellen und fragt nach meinem Namen. Ich stelle mich vor und zack, geht's los und zack, ist's vorbei. Vorspiel war schließlich gestern.
Seine Frau kommt wieder in den Raum, hilft mir in mein Kleid und die beiden verabschieden sich.
Swingermentalität denke ich mir, schüttele den Kopf und gehe langsam richtung Umkleidekabine, als ein Mann sich mir in den Weg stellt.
"Stopp," sagt er.
Schritt VIII - Überbleibsel.
Ich bleibe vor ihm stehen.
Neben ihm sitzt eine junge Frau an der Bar, hübsche haselnussbraune Augen schauen mich an, ihre Wangen leuchten. "Hi!".
Hallo, sage ich, frage die Beiden, ob sie einen schönen Abend hatten. Ein wenig langweilig sagen sie, sie kommen aus Essen und die KitKat-Party dort lief nur schleppend an, die Liegewiesen wurden nicht zu ihrer Zufriedenheit genutzt, daher sind sie dann hier hin.
Er streicht während des Gesprächs über meine Schultern, meine Taille, meinen Nacken, will mich küssen, doch ich weise ihn ab.
Ich habe genug für Heute und die letzte Wahl sein möchte ich nicht schon wieder, denn ich gestehe mir ein, dass das letzte Intermezzo ein ebensolches war.
Ich entschuldige mich und gehe zu meinem Spind, schaue auf mein Telefon. Wow, schon halb vier. Die Zeit ist zugleich dahingesiecht und weggerannt. Meine nächste Bahn kommt in einer Stunde, ich kann also Ruhe walten lassen.
Unter der Dusche lasse ich das heiße Wasser auf mich einprasseln, seife mich schön schaumig ein, als ein Kopf um die Ecke lugt. Die schnelle Nummer, er fragt, ob alles ok sei und dass er gemerkt habe, dass er das Kondom gar nicht weggeworfen habe. Ich nicke und teile ihm mit, dass ich mich darum gekümmert habe. Er bedankt sich und wünscht mir einen schönen Abend. Dann ist er weg und ich kann mich wieder auf mich konzentrieren.
Zeit, sich abzuduschen.
Schritt IX - Ausklang
Ich denke über den Abend nach.
Küssen - das hat mir gefallen. Nicht nur mein Mentor, auch die schöne Blondine konnte sehr gut küssen. Aber muss ich dafür in einen Swingerclub? Ich schüttele mir selbst den Kopf zu, meine Haare streifen meine schaumigen Schultern und meinen Hals, der sich inzwischen geschwollen anfühlt.
In der Form wird nicht mehr gebissen oder irgendsonstwas getan. Wenn es mir keinen Spaß mehr macht, höre ich auf und sage stopp. Soviel ist sicher, das habe ich heute gelernt.
Ich schaue herunter, sehe, wie der Schaum von meinem Körper abtropft und sich auf dem Boden sammelt. Mir ist fast, als würde ich den Abend in einer großen Schaumschicht vor mir sehen, die langsam in den Rohren verschwindet.
Ich streife meine Haut nach und das Wasser ab, hole mir die bereit gelegten Handtücher und rubbele mich trocken.
Nein, eigentlich brauche ich das nicht. Ich habe keinen Fetisch und bevorzuge, mich auf eine Person zu konzentrieren, wenn ich mich der Lust hingebe.
Und wenn es dann mal langweilig wird?
Dann denk ich wieder drüber nach.
Bis dahin bleibt es ein Eintrag in meiner gedanklichen Erfahrungssammlung, auf den ich im Kopfkinoarchiv bei Bedarf zurückgreifen kann - um ihn dann auszuschmücken und die kleinen Unannehmlichkeiten wegzuschummeln.