Mal was Tierisches ....
In der "Berliner Zeitung" veröffentlicht seit einiger Zeit ein netter "Küchenpsychologe" (wie er sich selbst nennt), Malte Wedding, Blogger und Buchautor, wöchentlich eine Kolumne mit Antworten auf Leserbriefe.
Neulich lautete eine Frage:
Mein Freund besteht darauf, mich in aller Öffentlichkeit zu küssen, so richtig, er schleckt mich regelrecht ab. Mir ist das peinlich, und ich weiß auch nicht, was das soll. Wie gehe ich damit um?
Lilli, 21
Die Antwort:
Ich kann Sie gut verstehen, ich entwinde mich auch seit jeher. Ich hatte aber auch eine 96-jährige Großtante mit Bart und bin etwas verklemmt, also kein rechter Maßstab.
Wären Sie beide in der US-Armee, dann wäre die Sache klar: Dort ist Public Display of Affection (etwa: öffentliche Liebesbekundung) nämlich verboten. Genauer: Es wird deutlich davon abgeraten (strongly discouraged), was in der Sprache der Armee heißt: Wenn wir dich dabei erwischen, darfst du den Rest deiner Dienstzeit Minen suchen gehen.
Irgendwo habe ich kürzlich gelesen, jeder würde sich über den Anblick eines verliebten Paares, das händchenhaltend durch den Park flaniert, freuen, andererseits wäre es für die wenigsten ein Vergnügen, eben dieses Paar hinter einem Busch beim Geschlechtsverkehr aufzustöbern. Der Zungenkuss liegt irgendwo im Grenzgebiet zwischen Händchenhalten und Geschlechtsverkehr.
Wenn der Zungenkuss allerdings heute erfunden worden wäre, würden sich vermutlich augenblicklich Bürgerinitiativen bilden, die nach seinem Verbot trachteten. Man würde es dem Internet zuschreiben, dass solche Perversionen das Licht der Welt erblicken. So aber ist es allgemein akzeptiert, mit dem Partner Speichel auszutauschen, niemand wird einschreiten, manche jedoch werden sich beschämt abwenden.
Entscheidend sind die Motive, die Sie beide haben, er für das Schlecken, Sie für das Herauswinden. Wenn er Sie so überdeutlich küsst, weil er Bestätigung braucht oder wenn Sie umgekehrt sich seiner schämen, dann haben Sie ein Problem, das Sie mal in Ruhe besprechen sollten.
Vielleicht ist es aber bloß so, dass er ein Hund ist, während Sie eine Katze sind (was grundsätzlich auch keine ganz problemlose Paarung ist). Dann können Sie vor dem Weggehen würfeln, ob Sie heute ein Hunde- oder ein Katzenpaar sein wollen.
Sehen Sie: So egal ist die öffentliche Knutscherei. Zu viel Liebesbekundung ist eine lässliche Sünde. Eine etwas anstrengende, zugegeben, aber deswegen hat man ja Hunde: Sie freuen sich so schön.
Wenn wir jetzt hier noch eine Umfrage einbauen, wer sich hier als Hund und wer als
fühlt - ich wäre auf das Ergebnis gespannt.